Ab dem Juli 2021 sollen in Österreich neben anderen Produkten wie Wattestäbchen zukünftig auch keine Plastikstrohhalme mehr verkauft werden. Der Grund ist die Einwegkunststoff Richtlinie zur Verringerung von Plastikmüll.
Umweltschutz ist ein wichtiges Anliegen. Doch mit dem Verbot des Plastikstrohhalms verlieren viele Menschen mit Behinderungen ein wichtiges Hilfsmittel im Alltag. Menschen, die ihre Arme nicht bewegen können, Menschen mit Spastiken oder Lähmungen, Menschen, die stark zittern, Probleme beim Schlucken oder mit der Mundmotorik haben, sind auf einen Strohhalm angewiesen, um selbstständig trinken zu können.
Diese Sendung soll zeigen welche konkreten Konsequenzen der Verlust der Plastikstrohhalms für die Betroffenen hat. Welche Möglichkeit gibt es die Anliegen von Menschen mit Behinderungen und den Umweltschutz zu vereinbaren.
Die Radiosendung zum Nachhören
Hier kannst du die ganze Sendung anhören:
Hier kannst Du die Sendung Nachlesen.
In dieser Sendung
Lena Steger, sie arbeitet bei der Umweltorganisation Global 2000. Sie ist in die Verhandlungen rund um die Umsetzung der Einwegkunststoff Richtlinie miteinbezogen.
Karin Ofenbeck, sie benötigt Plastikstrohhalme in ihrem Alltag.
Interessante Links
- Einblick in die Geschichte des Trinkhalms
- Ein Beitrag von BIZEPS: Plastikstrohhalmverbot – Ausnahmebestimmung für behinderte Menschen dringend notwendig
- Ein Beitrag von BIZEPS: Plastikstrohhalme werden 2021 verboten
- Ein Beitrag von Raul Krauthausen: Der letzte Strohhalm
- Rollifräulein Blog-Beitrag: Eure Luxus-Strohhalme sind meine Freiheit
- YouTube Beitrag der Aktivistin Jessica Kellgren-Fozard über das Verbot
- Die EU-Einwegkunststoff-Richtlinie
Die Sendung im Radio hören
Wien: Auf Radio ORANGE am 7. März 2021 um 10:30 Uhr. Die Sendung kann auch auf o94.at live gehört werden. Die Wiederholung gibt es am 21. März 2021 um 10:30 Uhr.
St. Pölten: Im campus & city radio am 11. März 2021 um 17 Uhr. Die Sendung kann auch auf cr944.at live gehört werden.
Graz: Im Radio Helsinki am 12. März 2021 um 16:30 Uhr. Die Sendung kann auch auf helsinki.at live gehört werden.
Salzburg: Auf radiofabrik am 8. März 2021 um 18:00 Uhr. Die Sendung kann auch auf radiofabrik.at live gehört werden.
Hier findest Du alle unsere Sendetermine in den verschiedenen Radiosendern.
Die Sendung zum Nachlesen
Katharina Müllebner: Herzlich willkommen zu einer neuen Sendung von barrierefrei aufgerollt von BIZEPS Zentrum für Selbstbestimmtes Leben. Mein Name ist Katharina Müllebner.
In dieser Sendung möchten wir ein sehr aktuelles Thema aufgreifen, und zwar das Verbot von Plastikstrohhalmen und die Auswirkungen des Verbots auf Menschen mit Behinderungen.
Zahlreiche Plastikprodukte bewirken, obwohl sie nur einmal und kurz verwendet werden, große Probleme in der Natur. Selbst die abgelegensten Orte der Welt, sind von Plastikverschmutzung betroffen. Gemeint sind sogenannte Einweg-Kunststoff-Produkte.
Ein Kunststoff ist ein Material, das man nicht in der Natur findet und das künstlich hergestellt werden muss.
Das Wort Einweg bedeutet, dass man es nur einmal verwenden kann. Oft sind diese Produkte auch in der Natur schwer abbaubar. Eine nachvollziehbare Maßnahme ist daher Einweg-Kunststoff-Produkte zu reduzieren, um die Natur zu schützen.
2019 wurde daher die Einweg-Kunststoff-Richtlinie zur Verringerung von Plastikmüll gemacht. Die Einweg-Kunststoff-Richtlinie soll die Reduzierung von Gegenständen aus dem Alltag, die aus Einwegkunststoff bestehen, bewirken.
Lena Steger ist für GLOBAL 2000 tätig, eine große österreichische Umweltbewegung. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit den Folgen des Konsumstils und dessen Auswirkungen für Mensch und Umwelt. Barrierfrei aufgerollt hat sie genauer zur Einweg-Kunststoff-Richtlinie befragt.
[Überleitungsmusik]Wir begrüßen Frau Steger von GLOBAL 2000. Frau Steger, es gibt ja eine neue EU-Richtlinie in Bezug auf die Reduzierung von Einweg-Kunststoff. Bitte können Sie uns erklären, was besagt diese Richtlinie und wie wird sie unseren Alltag verändern?
Lena Steger: In dieser Richtlinie gibt quasi die EU allen EU-Mitgliedstaaten vor, dass sie den Verbrauch von Kunststoffen reduzieren sollen und dass sogenannte Einweg-Plastik-Produkte reduziert oder zum Teil auch verboten werden sollen.
Der Hintergrund dieser Richtlinie ist, dass sich die EU die Strände Europas angeschaut hat und geschaut hat, was man da so findet. 58 Prozent der Fundstücke waren Plastikfundstücke und eben ganz viele waren so gängige Einweg-Produkte wie Plastikflaschen, die Deckel von Plastikflaschen, aber auch Zigarettenstummel oder Rührstäbchen oder to-go-Verpackungen für Lebensmittel.
Und da gibt es jetzt je nach Produktkategorie entweder Verbote, Kennzeichnungspflichten, Reduktionsmaßnahmen oder sogenannte erweiterte Produzentenverantwortung. Das heißt, dass die Produzenten dieser Produkte für die Aufräumkosten, für die Transportkosten und für die Bearbeitungskosten dann auch zahlen müssen.
Katharina Müllebner: Wie wurde denn diese Richtlinie genau erarbeitet? Wer war daran beteiligt?
Lena Steger: An dieser Richtlinie, da war natürlich die EU-Kommission und das Parlament beteiligt. Aber es waren natürlich auch viele verschiedene zivilorganisatorische/ zivilgesellschaftliche Organisationen, das wollte ich sagen, daran beteiligt.
Generell ging es einfach darum, dass die Plastikvermüllung, die Plastikverschmutzung und die negativen Auswirkungen auf die Umwelt und auf den Menschen, immer stärker sichtbar geworden sind. Und dass da einfach auch die Politik gesehen hat, da muss jetzt gehandelt werden.
Katharina Müllebner: Welche Produkte sind denn jetzt genau verboten beziehungsweise eingeschränkt durch die Richtlinie?
Lena Steger: Durch die Richtlinie sind zum Beispiel, verboten werden ab kommenden Juni diesen Jahres die Plastikrührstäbchen bei Kaffeebecher, die man so to go mitnehmen kann, dann die Plastikhalter für Luftballons. Es wird verboten, die Styropor Becher. Die werden ganz verboten. Es wird verboten Plastikstrohhalme, Plastikbesteck. Ja, das sind so die gängigsten Dinge, die wirklich verboten werden.
Weil da hieß es, da gibt es Alternativen, die man verwenden kann und deswegen werden die ganz verboten.
Bei anderen Kunststoffprodukten, Einweg-Produkten wie beispielsweise Plastikflaschen, da hat die EU gesagt, dass man die jetzt nicht ganz verbieten kann, aber es werden sogenannte Getrennt-Sammelquoten vorgeschrieben von 90 Prozent.
Das heißt, 90 Prozent der Plastikflaschen müssen ab 2029 getrennt gesammelt werden und das ist in keinem Land ohne Pfandsystem machbar. Deswegen werden wir wahrscheinlich ein Österreicher Pfandsystem bekommen.
Katharina Müllebner: Wenn es jetzt um das Plastikverbot geht, kann man dann irgendwie Prozentzahlen oder Richtwerte sagen, in welchem Umfang das Plastik reduziert werden soll? So und so viele Tonnen, so und so viel Prozent in welchem Zeitraum? Gibt es dafür einen Plan?
Lena Steger: Nein es gibt keine absolute Zahl, wie viel Plastik dadurch tatsächlich verringert wird. Das Problem bei der Erstellung dieser Richtlinie war zum Teil auch, dass die EU beziehungsweise die Mitgliedstaaten gar nicht wussten, wie viel sie tatsächlich aktuell verbrauchen.
Deswegen gibt es auch in dieser Einweg-Plastik-Richtlinie den Auftrag an die Mitgliedstaaten, dass sie solche Zahlen erheben.
Also zum Beispiel erheben, wie viele Essen to-go-Verpackungen jährlich verbraucht werden und dann auf Basis dieser Erhebungszahlen, sollen Reduktionsziele festgelegt werden. Aber so weit sind wir noch gar nicht.
Katharina Müllebner Sie sind jetzt Mitglied einer großen österreichischen Umweltbewegung. Können Sie uns erklären, warum ist Plastik so schlecht für die Umwelt?
Lena Steger: Wir haben seit der Nachkriegszeit einfach enorm exponentielles Wachstum beim Kunststoff, bei der Kunststoffproduktion und die Auswirkungen, die werden immer sichtbarer. Und wie Sie wahrscheinlich wissen, sind Kunststoff-Produkte, die basieren auf fossilen Rohstoffen, das heißt, Erdöl oder auch Fracking-Gas.
Das heißt, jede Plastikflasche hat ihren Ursprung an einem Öl-Bohrloch oder eben in einer Fracking Gasleitung. Und da entstehen weite Transportwege zwischendrin. Und dann ist das Produkt nur relativ kurz in Verwendung.
Gerade im Verpackungsbereich wird es danach Müll geben und auch da gibt es wieder negative Auswirkungen für die Umwelt und für die Menschen. Und die müssen einfach reduziert werden. Das Problem wird immer sichtbarer. Uns ist ganz wichtig zu sagen, dass es aber auch nicht darum geht, jetzt einzelne Einweg-Produkte durch andere Verpackungsarten auszutauschen. Es geht einfach darum, dass wir generell unsere Systeme überdenken und dass wir eine Trennung her zu Mehrweg-Systemen, zu ressourcenschonenderen Systemen schaffen.
Die Einweg-Plastik-Richtlinie ist auch wirklich ein Auftrag an alle EU-Mitgliedstaaten, dass Abfall vermieden wird. Und da ist Recycling erst die allerletzte Stufe. Es geht in erster Linie darum, dass wir Abfall vermeiden und wenn wir Produkte erzeugen, diese so lange wie möglich wiederverwenden.
Katharina Müllebner: Sie haben den Begriff Fracking verwendet. Was ist das?
Lena Steger: Fracking, das ist eine Art wie man Gas aus der Erde herausholt. Ein sehr, sehr umweltschädlicher Prozess.
Katharina Müllebner: In dieser Sendung geht es um die Problematik, die das Verbot gerade von Plastikstrohhalmen für Menschen mit Behinderungen mit sich bringt. Was halten Sie von der Kritik, die Menschen mit Behinderungen haben, die sagen, für manche von uns sind Plastikstrohhalme sehr wichtig, weil wir damit selbstständig und sicher trinken können.
Lena Steger: Ich bin ehrlich gesagt selber erst vor kurzem darauf aufmerksam gemacht worden und ich finde das einen Punkt, der auf jeden Fall beachtet werden muss. Da muss es Ausnahmeregelungen geben, weil das klarerweise vorgeht, dass da die Gesundheit von Menschen auch vorrangige Rolle hat und das in dem Fall natürlich Ausnahmeregelungen getätigt werden müssen.
Katharina Müllebner: Hat man bei der Entwicklung dieser Richtlinie eigentlich darauf geachtet, was der Wegfall von Produkten für den praktischen Alltag von Menschen bedeuten könnte?
Lena Steger: Ich war, wie gesagt, leider damals in die Ausarbeitung nicht involviert. Deswegen kann ich es nicht sagen, inwieweit diese Aspekte auch tatsächlich bedacht worden sind.
Prinzipiell ist es aber eine Vorgabe der EU, die dann auf nationaler Ebene in nationales Recht umgesetzt werden muss.
Und ich habe jetzt mitbekommen von verschiedenen Kollegen im Netzwerk, dass da auch vonseiten der NGOs darauf aufmerksam gemacht wurde, dass es da Ausnahmen geben muss für, ja, für behinderte Personen, die da zum Beispiel Einwegstrohhalme brauchen, weil es den Alltag erleichtert.
Katharina Müllebner: Jetzt ist mir aufgefallen, in der Richtlinie selber steht, wenn Mitgliedstaaten beschließen, die Verpflichtung durch Marktbeschränkungen, das heißt, Verbote, umzusetzen, sollten sie sicherstellen, dass die Beschränkungen verhältnismäßig diskriminierungsfrei sind.
Bei diskriminierungsfrei denke ich immer natürlich an Menschen mit Behinderung, aber was bedeutet dieses diskriminierungsfrei eigentlich?
Lena Steger: Ich denke, ich bin mir ehrlich gesagt, auch nicht ganz sicher, wie es die EU jetzt ausgelegt hat, aber ich denke, das wäre genau so ein Fall, dass eben in speziellen Fällen auch auf nationaler Ebene die Gesetze so angepasst werden können, dass niemand dadurch diskriminiert wird.
Katharina Müllebner: Wie ist es jetzt/ wie könnte so eine Ausnahmeregelung für Menschen mit Behinderung aussehen, die sowohl dem Umweltgedanken Rechnung trägt als auch der problematischen Situation von vielen Menschen mit Behinderungen?
Lena Steger: Ich denke, in dem Fall könnte einfach im Gesetz festgelegt werden, dass unter Nachweis der Lebensbedingungen das in gewissen Stellen genauso noch nachgefragt werden kann.
Man müsste sich überlegen, ob dann vielleicht eventuell Apotheken in Frage kommen oder in welcher Form dies dann weiterhin verkauft werden kann. Ich könnte mir vorstellen, dass es vielleicht im Lebensmitteleinzelhandel schwieriger ist, wenn dann die Leute an der Kasse das zusätzlich kontrollieren sollten. Aber es wird da sicherlich Möglichkeiten geben und ich hoffe auch, dass da in Österreich daran gearbeitet wird.
Katharina Müllebner: Werden bei der Erarbeitung einer solchen Lösung, wäre es sehr günstig, die Betroffenen mit einzubeziehen, also Menschen mit Behinderungen, wird das passieren?
Lena Steger: An der Stelle, ich sage immer, es passiert nichts, wenn man sich nicht einsetzt. Es ist immer gut, wenn man betroffen ist von etwas oder wenn man in der Politik eine Änderung sehen möchte, dass man einfach aufsteht und laut wird und sagt, wir haben da ein Anliegen und wir möchten, dass das beachtet wird.
Das machen wir als Umwelt-NGOs auch tagtäglich. Es ist quasi unsere Aufgabe. Aber eben gewisse Dinge, mir persönlich war das mit dem Plastikstrohhalm-Verbot ehrlich gesagt gar nicht so bewusst.
Und seit es mir bewusst ist, dass dies ein Problem für manche Menschen sein kann, setze ich mich auf alle Fälle auch dafür ein. Aber ja, wenn man von einer Regelung betroffen ist und mit der nicht einverstanden ist, dann hilft es auf jeden Fall, wenn man das zu Wort bringt und wenn man das anspricht und sich auf politischer Ebene auch einsetzt.
Katharina Müllebner: Wir haben von Ausnahmeregelungen gesprochen, gibt es in Ländern Beispiele dafür, dass es schon Ausnahmeregelungen gibt für Gruppen, die bestimmte Produkte dringend brauchen?
Lena Steger: Ja, es gibt bereits Ausnahmeregelungen und zwar in England. Dort werden Plastikstrohhalme weiter verkauft werden für Personen, die sie dringend benötigen.
Und auch zum Beispiel Greenpeace in den USA hat Artikel darüber geschrieben, dass eben auch Umwelt NGOs zwar schon sich für die Plastikreduzierung einsetzen, aber eben auch natürlich das menschliche Wohl da im Vordergrund steht. Und wenn gewisse Personengruppen dringend Plastikprodukte brauchen, dann steht das natürlich in erster Linie im Vordergrund. Auf jeden Fall.
Katharina Müllebner: Dann Frau Steger, ich danke Ihnen für Ihren Beitrag. Wir werden sehen, wie die Situation weitergeht für uns Betroffene und auch für die Umwelt. Danke schön.
Lena Steger: Vielen Dank für die Einladung.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Insgesamt sind rund 15 Einweg-Kunststoff-Produkte von Marktbeschränkungen, das heißt, Verboten, betroffen.
Ab dem Juli 2021 sollen in Gesamt Österreich neben anderen Produkten, wie zum Beispiel Wattestäbchen, zukünftig auch keine Plastikstrohhalme mehr verkauft werden. Doch mit dem Verbot des Plastikstrohhalmes verlieren viele Menschen mit Behinderungen ein wichtiges Hilfsmittel im Alltag.
Menschen, die ihre Arme nicht bewegen können. Menschen mit Spastiken oder Lähmungen, Menschen, die stark zittern oder Probleme beim Schlucken oder mit der Mundmotorik haben, sind auf einen solchen Strohhalm angewiesen, um selbstständig trinken zu können.
Frau Karin Ofenbeck ist Mitarbeiterin der WAG Assistenzgenossenschaft. Sie benötigt selbst Plastikstrohhalme in ihrem Alltag. Sie erklärt uns, was der Wegfall des Plastikstrohhalms für sie bedeuten würde.
Ja hallo, wir begrüßen heute Frau Karin Ofenbeck zum Thema Plastikstrohhalme. Frau Ofenbeck ist Plastikstrohhalm-Nutzerin und Rollstuhlfahrerin. Frau Ofenbeck, bitte erzählen Sie uns, warum sind Sie in Ihrem Alltag auf Plastikstrohhalme angewiesen?
Karin Ofenbeck: Ja. Aufgrund meiner Krankheit ist es für mich halt schwierig selbst ein Glas anzuheben. Also ich kann das eigentlich gar nicht.
Und auch weil ich meine Lippen nicht schließen kann, brauche ich Strohhalme. Natürlich habe ich auch schon allerhand Alternativen ausprobiert zum herkömmlichen Plastikstrohhalm, also Plastikhalme, aber so wirklich fündig geworden bin ich noch nicht.
Katharina Müllebner: Diese Alternativen, Sie haben sie gerade angesprochen, es gibt da welche aus Metall, Bambus, Silikon, Glas, Acryl und so weiter. Wieso sind die nicht so gut wie Plastikstrohhalme?
Karin Ofenbeck: Einerseits, also zum Beispiel Glasstrohhalme oder Edelstahlstrohhalme, die sind halt nicht sehr flexibel und sehr hart.
Können natürlich auch zur Gefahrenquelle werden, Glas zum Beispiel, wenn man seine Bewegungen nicht so kontrollieren kann, dass man sie dann vielleicht auch zerbeißt. Oder wenn man stolpert mit dem Getränk, dass man/ da gab es ja auch schon Unfälle, dass man den Edelstahlstrohhalm irgendwie sich damit verletzt.
Auch wenn man zum Beispiel im Bett liegt, ist es halt einfach mit dem Plastikhalm, weil man den biegen kann und man nicht extra aufstehen muss oder sich aufrichten muss. Ja, Papierstrohhalme gibt es ja mittlerweile schon in vielen Restaurants oder Bars. Die haben vielleicht den Nachteil, dass sie sich bei Heißgetränken manchmal quasi auflösen oder sehr matschig werden und dann nicht mehr ihren Zweck erfüllen.
Katharina Müllebner: Was würde es für Sie bedeuten, wenn die Plastikstrohhalme im Zuge dieser Richtlinie verboten werden würden?
Karin Ofenbeck: Nun ja, ich werde mir wahrscheinlich jetzt einen Vorrat ankaufen, damit ich eine lange Zeit vielleicht noch Plastikstrohhalme verwenden kann. Das wäre ein Versuch.
Aber es wäre für mich einfach schwierig, weil ich mich bei diesen anderen Alternativen häufiger verschlucke, was wiederum zu Infektionen oder irgendwie, dann kommt Wasser in die Lunge. Also es wäre einfach schlecht. Ja, einfach Selbstständigkeit würde ich auch verlieren und weniger trinken vielleicht.
Katharina Müllebner: Kennen Sie viele andere Behinderte, die Plastikstrohhalme nutzen? Was für das die bedeuten? Was wird es allgemein bedeuten?
Karin Ofenbeck: Ja ich habe natürlich Kontakt mit vielen anderen Menschen mit Behinderungen und sehr viele davon verwenden Plastikstrohhalme.
Und ich glaube schon, dass der Großteil eigentlich dafür wäre, dass man weiterhin Plastikstrohhalme verwenden kann. Es ist mir und auch den meisten meiner Bekannten klar, dass es gut wäre eine Alternative zu finden, weil natürlich das Plastik für die Umwelt nicht gut ist. Aber solange es keine richtige Alternative gibt, ist das halt schwierig.
Katharina Müllebner: Stichwort Alternative Was müsste diese Alternative genau können, um mit dem Plastikstrohhalm mithalten zu können?
Karin Ofenbeck: Na ja, also ich glaube, dass es vielleicht besser formbar ist, also das Material. Was vielleicht bei Silikon noch eher gegeben ist oder bei Papier teilweise.
Dann halt, dass es oben biegsam ist, damit man auch im Liegen, was gerade für Leute, die vielleicht viel im Bett liegen müssen oder eben in der Nacht auch trinken wollen, ohne aufstehen zu müssen oder auch Assistenz brauchen, um in einer Nacht aufzustehen. Also das wäre notwendig. Auch, dass sie sich halt bei Heiß- und Kaltgetränken verwenden lassen. Das ist auch nicht bei allen Alternativen möglich. Das sie sich auch nicht zerbeißen lassen. Ja.
Katharina Müllebner: Was halten Sie generell davon, dass Einweg-Plastik reduziert wird?
Karin Ofenbeck: Generell finde ich es natürlich sehr gut, weil ich es ja definitiv auch als großes Problem erachte. Sei es die Coffee-to-go-Becher aus Plastik oder Plastikbesteck, Plastikteller, Wattestäbchen et cetera.
Und auch Strohhalme können wir sicher/ also Plastikhalme können sicher auch reduziert werden. Aber wie gesagt, manche Menschen sind einfach darauf angewiesen und da muss es einfach eine Alternative geben. Eine wahre Alternative. Solange die nicht gegeben ist, ist es schwierig, die jetzt wirklich vom Markt zu verbannen.
Katharina Müllebner: Was hätte bei der Ausarbeitung dieser Richtlinie berücksichtigt werden müssen?
Karin Ofenbeck: Ja, wie es bei allen leider zu oft passiert, dass Menschen mit Behinderungen hier nicht eingebunden waren in der Ausarbeitung der Richtlinie, was ja leider Gottes noch immer bei vielen Gesetzen, Richtlinien passiert. Dann wäre es vermutlich nicht zu diesem Fehler in Anführungszeichen, gekommen.
Katharina Müllebner: Man hat ja über Kompromisslösungen diskutiert, nenne ich es mal unter Anführungszeichen. Es gab da mal den Ansatz, dass man gesagt hat, na ja, Plastikstrohhalme sind in Apotheken erhältlich. Was halten Sie davon?
Karin Ofenbeck: Na ja, es wäre halt schön, eine Alternative zu finden, die für alle Menschen verwendbar ist, damit man eben nicht wieder eine Sonderstellung erhält, als Mensch mit Behinderung, wieder extra etwas anfragen muss, wieder ein Bittsteller zu werden. Das wäre dann halt wieder gegeben.
Weil natürlich, es hat ja auch Diskussionen gegeben, dass die Restaurants nur für Menschen mit Behinderungen Plastikstrohhalme zur Verfügung stellen, aber das wäre auch wieder das gleiche, dass man halt wieder extra fragen muss. Und die Situation hat man allzu oft. Und es ist nicht sehr angenehm.
Katharina Müllebner: Also das wären für Sie keine gangbaren Lösungen?
Karin Ofenbeck: Nicht unbedingt. Nein.
Katharina Müllebner: Was wäre aus Ihrer Sicht eine gute Lösung für das Problem?
Karin Ofenbeck: Ja, einfach vielleicht bei Plastikstrohhalmen irgendwie den Zeitpunkt ein bisschen weiter zurückzuverlegen und halt wirklich eine Alternative zu finden, daran zu forschen, ein Material zu finden, das all diese Eigenschaften erfüllt, die notwendig sind, damit auch Mensch mit Behinderungen einen Ersatz für den Plastikstrohhalm finden, der auch umweltfreundlich ist.
Katharina Müllebner: Dann bedanke ich mich für Ihre Teilnahme und Ihren interessanten und wichtigen Input zu unserer Radiosendung.
Karin Ofenbeck: Ich danke auch.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Umweltschutz ist ein wichtiges Thema. Vielleicht in dieser Zeit mehr denn je. Die Reduzierung von Plastikmüll ist eine wichtige Maßnahme, auch aus der Sicht von Menschen mit Behinderungen.
Aber um so wichtig Umweltschutz auch ist, er muss immer im Einklang mit dem Menschen sein.
Der Plastikstrohhalm ist ein Produkt, das für viele Menschen mit Behinderungen lebensnotwendig ist, um ihre Selbstständigkeit und ihre Sicherheit beim Trinken zu erhalten. Es ist daher unbedingt notwendig, eine Lösung zu finden, die gut für Umwelt und Mensch ist.
Das war unser barrierefrei aufgerollt Beitrag zum Thema Plastikstrohhalme. Wir danken unseren Gästen für die Teilnahme an unserer Sendung. Alle Informationen zu dieser Sendung, sowie weiterführende Links, finden Sie auf der Website www.barrierefrei-aufgerollt.at.
Es verabschiedet sich Ihr Redaktionsteam Katharina Müllebner, Markus Ladstätter und Martin Ladstätter.
[Musik mit Text: barrierefrei aufgerollt – kurz, kompakt und leicht verständlich.]