Für Menschen im Rollstuhl ist der Aufzug unverzichtbar, wenn es um Barrierefreiheit geht. Doch Aufzüge sind weit mehr als wichtige technische Hilfsmittel – sie haben Veränderungen in Gesellschaft und Architektur gebracht. Zudem haben sie eine interessante Geschichte, die schon vor Christus beginnt. Man findet Aufzugssysteme bereits in der Antike im Kolosseum in Rom oder im Palast des französischen Königs.
In dieser Sendung beschäftigen wir uns mit der Geschichte des Aufzugs. Zu Gast haben wir Peter Payer, er ist Stadtforscher, der sich auch mit dem Thema Aufzüge beschäftigt.
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Interessante Links
- Interview Senkrechtstarter mit Peter Payer
- Zur Geschichte des Aufzugs von Otis bis Twin
- BIZEPS-Beitrag über Liftprojekt Schloss Ambras
- Buch von Peter Payer: „Auf und Ab: Eine Kulturgeschichte des Aufzugs in Wien“
Die Radiosendung zum Nachlesen
Katharina Müllebner: Willkommen bei einer neuen Radiosendung von barrierefrei aufgerollt, der Sendung von BIZEPS -Zentrum für Selbstbestimmtes Leben. Es begrüßt Sie Katharina Müllebner.
Ein Aufzug hilft uns, von einer Ebene zur nächsten zu gelangen. Für Menschen, die wie ich im Rollstuhl sitzen, sind Aufzüge unverzichtbar. Der Aufzug ist nicht nur unverzichtbar in Sachen Barrierefreiheit, sondern hat auch eine sehr interessante Geschichte.
Wussten Sie, dass das erste Aufzugssystem bereits 236 vor Christus entstanden ist? Erfunden hat es der griechische Wissenschaftler und Erfinder Archimedes. Sein Gerät wurde mit Seilen und Rollen betrieben. Die Seile wurden durch eine Winde um eine Wickeltrommel gewickelt. Diese frühen Aufzüge wurden von Menschen, Tieren oder Wasser angetrieben und hauptsächlich dazu verwendet, um schwere Lasten wie Wasser oder Baumaterial zu heben.
Bereits in der Antike, also vor 2500 Jahren, wurden also erste handbetriebene Aufzüge eingesetzt. Auch im Kolosseum in Rom wurden Aufzüge benutzt, um Gladiatoren und wilde Tiere von der unteren Ebene der Arena auf die nächste zu heben.
Der französische König Ludwig XV. hatte den ersten Passagier-Aufzug. Dieser wurde auch als fliegender Stuhl bezeichnet. Er nutzte ihn um heimlich seine Geliebte zu besuchen. Die ersten modernen Aufzüge wurden im 19. Jahrhundert entwickelt.
Kann man also sagen, dass Aufzüge die Welt verändert haben?
Mit dieser und anderen Fragen beschäftigen wir uns in der heutigen Sendung. Zu Gast bei uns ist der Wiener Stadtforscher Peter Payer, er erforscht die Kulturgeschichte des Aufzugs.
[Überleitungsmusik]Herr Payer, schön, dass Sie da sind. Können Sie uns erläutern, wie sich eine Stadt wie zum Beispiel Wien entwickelt hätte, wenn es keine Aufzüge gegeben hätte?
Peter Payer: Also, wenn es keine Aufzüge gegeben hätte, das ist eigentlich fast schwer vorstellbar, weil, wir haben uns ja schon so dran gewöhnt, dass wir Aufzüge benutzen in unserem Wohnhaus oder in unseren alltäglichen Wegen zur U-Bahn, wo auch immer, Berufswegen.
Dass es mir fast schwerfällt, mir selbst das auch vorzustellen.
Ich muss mich da zurückbeamen zu ungefähr 100, 150 Jahre, Mitte des 19. Jahrhunderts, wo die Aufzüge in den USA zunächst einmal eigentlich erst erfunden und technisch erfunden wurden, ja genau.
Und wir können uns das durchaus so vorstellen, dass die Häuser natürlich in der Stadt – Wien war zum Beispiel noch weit nicht so groß, hatte nur 500.000 Einwohner ungefähr um 1850. Also, die Stadt war noch nicht so groß, sowohl in der Fläche, von der Bevölkerungszahl als auch von der Höhe, also die Stadt.
Die Häuser waren bei weitem nicht so hoch und deswegen war das auch noch nicht so ein Problem, keine Aufzüge zu haben. Man ist vieles zu Fuß gegangen und die Wege waren in dem Sinne möglich zu beschreiten.
Der Unterschied zu heute natürlich, wo die Gebäude immer höher geworden sind und wir uns vorstellen müssten, dass wir diese Stufen und Treppen und Stiegen alle zu Fuß jetzt steigen müssten. Also das wäre, glaube ich, für uns Städter und ich sage jetzt vielleicht auch ein bisschen bewegungsarme Städter vielleicht viele auch, die doch viele sitzende Tätigkeiten auch verbringen, sicherlich eine riesige Umstellung.
Ja, wenn zum Beispiel der Strom ausfallen würde und es würde kein Aufzug heute mehr funktionieren, dann hätten wir so eine Situation ohne Aufzüge und müssten die Stiegen steigen und uns körperlich betätigen.
Also, es wäre durchaus anstrengend und wir würden uns sehr wohl überlegen, ob wir die Wege in die höheren Stockwerke unternehmen, ob wir vielleicht umsonst in den dritten, vierten Stock oder noch höher hinaufgehen, weil die Person gar nicht anwesend ist, et cetera. Also, es wäre eine totale, finde ich, körperliche Umstellung für uns alle.
Katharina Müllebner: Hätte es wahrscheinlich gar keine hohen Gebäude gegeben, wenn es keine Aufzüge gegeben hätte?
Peter Payer: Ja, das kann man durchaus so sagen, würde ich vermuten. Also, die Gebäude sind auch deswegen so hoch geworden, weil die Aufzüge es ermöglicht haben, hier bequem sich in die Höhe zu bewegen. Es waren auch noch andere Parameter wichtig, die Stahlbetonbauweise natürlich, dass es auch konstruktiv und technisch möglich war, das sicher zu bauen.
Aber das kann man durchaus so formulieren, wenn der Aufzug nicht erfunden worden wäre, wären die Gebäude mit Sicherheit nicht so hoch geworden und schon gar nicht so hoch, wie wir ja die höchsten Gebäude der Welt kennen, die mittlerweile fast einen Kilometer in die Höhe hinaufgehen. Also, das wäre natürlich so unmöglich.
Katharina Müllebner: Welche Auswirkungen hat denn der Aufzug, kulturell gesehen auf die Entwicklung der Gesellschaft?
Peter Payer: Also, die Gesellschaft hat da so etwas wie einen Lernprozess durchgemacht, wie das bei vielen technischen Errungenschaften, Erneuerungen, Innovationen der Fall ist.
Denken wir nur an das Handy als jüngeres Massenprodukt. Auch da mussten wir erst lernen, damit umzugehen, was es kann, was es überhaupt, wie es sich weiterentwickelt hat.
Und genauso war es mit dem Aufzug. Wir als Städter, die städtische Bevölkerung von damals, Ende des 19. Jahrhunderts hat es begonnen, um einen Zeitraum jetzt auch für Wien zu sagen, hat sukzessive gelernt, mit dem Aufzug sich zu bewegen, sprich, Aufzug fahren, musste man sich erst gewöhnen.
Man hatte noch nicht zunächst die Freiheit, selbst zu bestimmen, wohin man fährt, mit einem Druckknopf, sondern es hat Aufzugwärter, Liftwarte oder -wärterinnen, es waren auch sehr oft auch Frauen gegeben, die einen begleitet haben, den Aufzug aufgesperrt haben, in das Stockwerk mitgefahren sind, wo der Aufzug stehen bleiben sollte und dann wieder runtergefahren sind.
Zunächst ist man ja vor allem in die Höhe gefahren und zu Fuß runtergegangen. Es war also vor allem ein Transportmittel in die Höhe zunächst. Also, es war auch eine Begegnungszone, will ich damit sagen, man ist dem Aufzugwärter, der Aufzugswärterin begegnet, man ist vielleicht auch anderen Personen im Lift begegnet.
Das war auch etwas Neues, sich in so einem kleinen Raum, wie es eine Liftkabine ist, überhaupt erst zurechtzufinden, angstfrei, mit so einem Transportmittel, mit so einem Fahrzeug. Der Aufzug ist ja ein Fahrzeug, überhaupt sich drin aufzuhalten, wenn auch nur für ein paar Sekunden.
Die Aufzüge sind noch nicht so schnell gewesen wie heute, aber doch ist man schon eine halbe Minute, Minute in so einem Aufzug gewesen. Und in so einer engen Kabine sich aufzuhalten war durchaus mulmig, vor allem, weil die Aufzüge ja fremde Geräusche gemacht haben. Das hat ja geknackt und geknistert.
Der Strom war ja auch noch ein neues Medium, also es war schon ein bisschen, sicherlich auch furchterregend.
Ich bin selbst einmal mit einem frühen strombetriebenen Aufzug gefahren. Der war so aus dem Jahr 1910 herum, mit einem Kollegen gemeinsam, mit einem Techniker. Das ist schon ein bemerkenswertes Erlebnis, was da knackt und die Funken hört man richtig sprühen fast.
Die Holzkabinen haben natürlich ihre eigenen Geräusche, also das ist ein eigenes ziemliches Erlebnis, das überhaupt, sich zuzutrauen, sicher an dem Zielort, an dem Zielgeschoss anzukommen.
Es war eine soziale Gewöhnung und eine Gewöhnung, ein Vertrauen an die Sicherheit der modernen Technik natürlich notwendig.
Und die Frage, was es sozial verändert hat, vielleicht noch von einem ganz anderen Gesichtspunkt betrachtet, nämlich von dem des Hauses. Wir können ja von der Stratigrafie eines Hauses sprechen, also von den einzelnen Geschoßen, die übereinander angeordnet sind und auch so was wie ein soziales Abbild der damaligen Gesellschaft geben jeweils.
Und bis zur Erfindung des Aufzugs hatten die ärmeren Bevölkerungsschichten, Dienstmädchen, Dienstpersonal allgemein, eher oben gewohnt, weil es eben am mühsamsten war, bis ganz hinaufzugehen. Das wurde dem Dienstpersonal quasi zugemutet. Die reiche Bevölkerung, die Reichen, die Hausherren haben in der sogenannten Beletage gewohnt, das war meistens der erste Stock, mussten also nicht so weit zu Fuß gehen.
Das war die Stratigrafie, bevor der Aufzug eingebaut wurde in die Häuser. Und dann hat sich sozial etwas gedreht, weil in dem Moment, wo man bequem in die oberen Etagen fahren konnte, waren die oberen Etagen die bevorzugten Wohngeschosse, und auch die wohlhabenden Schichten sind dann in die oberen Etagen eingezogen. Dort war es heller, dort war es auch ruhiger sicherlich, das Penthouse, würden wir heute sagen, ist nicht zufällig in den obersten Geschossen angesiedelt. Also da hat sich die soziale Zusammensetzung der Gebäude vielfach gewandelt.
Katharina Müllebner: Sie haben schon teilweise über historische Aufzüge gesprochen. Wie hat sich denn die Gestaltung des Aufzugs im Laufe der Zeit weiterentwickelt?
Peter Payer: Also, wenn wir mit Gestaltung vielleicht auch die Antriebstechnik mit einbeziehen, dann waren die ersten Aufzüge ja hydraulische Aufzüge. Die sind also mit Wasserdruck gegangen.
Hier konnte man noch größere Lasten auch transportieren. Die sind schon relativ früh erfunden worden, schon 1850, 1870 dann der erste Aufzug in Wien.
Und das war eben eine eigene hydraulische Technik, um Aufzüge, auch größere Lastenaufzüge in den Gebäuden zu implementieren. Die waren vielfach aus Holz. Die Kabinen waren so klein wie möglich, um in die Gebäude eben eingebaut werden zu können. Am Rande des Stiegenhaus oder im Auge, wie es heißt, des Stiegenhaus, wo so ein freier Platz war, wo die Treppe so einen Freiraum gehabt hat, da ist vielfach ein Aufzug dann eingebaut worden.
Und der strombetriebene Aufzug, der dann an die Stelle des Hydraulischen – oder oft waren sie auch nebeneinander. Es gibt ja heute auch noch hydraulische Aufzüge, wie wir wissen. Aber richtig, die Massenverbreitung von Personenaufzügen ist dann mit der Elektrifizierung und mit dem Stromantrieb gekommen, und die Gestaltung hat darauf Rücksicht genommen.
Es gab einen Antriebsraum, der war entweder im Keller oder im Stockwerk ganz oben des Gebäudes, und Treibriemen sind am Rande, in eigenen Einhausungen gelaufen.
Und die Kabinen selbst haben sich auch sehr verändert, weil, sie waren ja zunächst so was wie kleine Luxuslogen, könnte man sagen, weil, es konnten sich auch nur reiche Hausherren den Einbau eines Aufzugs leisten.
Das musste man sich ja erst mal überhaupt leisten können, als Hauseigentümer, und wer das hatte und sich leisten konnte und seinen Hausbewohnern zur Verfügung stellte, der oder die hatten dann auch wirklich luxuriöse Kabinen, die so angelehnt waren, also wirklich wie kleine Kutschen auch mit einem Coupé drinnen, also, wo man drauf sitzen konnte, mit einer Bank drinnen, oft noch mit Samt überzogen.
Sehr elegant und weich zu sitzen. Es gab Spiegel, wo man sich betrachten konnte, so Verzierungen, es gab Glasscheiben, die vielfach auch verziert waren. Es gab dann, wenn es elektrifiziert war, auch elektrisches Licht in den Kabinen, sehr wichtig, damit es nicht finster ist, natürlich. Also, es war durchaus ein luxuriöses Ambiente. Edles Holz wurde verwendet.
Und später dann, da reden wir jetzt von der Zwischenkriegszeit, dann nach dem Ersten Weltkrieg und auch die Jahre danach, Jahrzehnte danach, sind dann vielfach auch schon Metallkabinen aufgekommen, die etwas einfacher waren, nicht mehr so verspielt, nicht mehr so Jahrhundertwende-Dekor gehabt haben, mehr funktionalistisch waren. Also das Design hat sich dann natürlich dem Stil der Zeit angepasst.
Die Aufzugsfahrten, muss man denken, sind auch immer kürzer geworden. Also man hat sich ja nicht mehr so lange dann im Aufzug aufgehalten.
In den 50er-, 60er-Jahren sind die Aufzugsfahrten schon relativ schnell gewesen. Also da hat man sich auch nicht mehr niedersetzen müssen, und da sind die Sitzbänke verschwunden, dann zum Beispiel auch die Spiegel oft nicht mehr montiert waren. Es waren eher dann karge, so wie wir es heute kennen.
Heute sind Aufzugskabinen ja auch eher nüchtern gestaltet und in keinster Weise mehr so verspielt oder so plüschig, vielleicht kann man sagen, wie die ersten Kabinen waren.
Katharina Müllebner: Wann gab es denn den ersten Aufzug, der von Personen genutzt wurde? Lässt sich das irgendwie festmachen?
Peter Payer: Das lässt sich für Wien mal ganz klar festmachen, der erste Aufzug ist 1869 in Wien gelaufen, und zwar in einem Palais in der Wiener Innenstadt. Der Zweite war dann in einem Hotel, im Grandhotel an der Ringstraße gelegen, dass es ja heute noch gibt, ist auch 1870 eben ein ganz früher Aufzug gelaufen.
Man sieht da schon, es waren wohlhabende Hauseigentümer, Hausbesitzer, die es sich leisten konnten, so etwas, so ein Fahrzeug einzubauen, und die auch unter dem Druck gestanden sind, ein Hotel, eben seinen Kunden, den Gästen, modernste Technik und modernsten Komfort anzubieten.
Die Hotels waren da ganz wichtig, weil sie eben/ die hatten sehr früh schon Telefon, die hatten elektrische Heizung schon sehr früh, und die hatten eben auch Aufzüge bereits früh.
Wichtig waren dann auch noch die Ausstellungsareale oder die Großausstellungen. Sie wissen, es hat schon im 19. Jahrhundert große Weltausstellungen und Gewerbeausstellungen gegeben, auch in Wien, und da ist der Aufzug auch so etwas gewesen wie eine Sehenswürdigkeit, wie eine Attraktion, wie ein Vergnügen.
Hier konnte man gegen Bezahlung in einem Aufzugsturm, den dürfte man fast ein bisschen wie den Eiffelturm – der Eiffelturm ist auch eine Variante davon, im Übrigen, aber einen Aufzugsturm, der eine gewisse Höhe hat, wo man gegen Bezahlung mit einer Kabine nach oben fahren konnte und die Aussicht von oben genießen konnte.
Die Rotunde zum Beispiel hat auch so einen Aufzug innen drinnen gehabt. Wo man gegen Bezahlung, 1873 sind wir da, nach oben fahren konnte und auf das Gelände des Praters schauen konnte.
Also das waren so Entwicklungslinien: Die Hotels, wohlhabende Palais, Ausstellungsattraktionen, und das beginnt so Mitte des 19. Jahrhunderts in den USA und kommt von den USA nach Europa, nach London und dann auch nach Festland Europa, und 1869/70 beginnt es in Wien.
Katharina Müllebner: Wir haben zum Beispiel gelesen, dass der Thronfolger Franz Ferdinand vor seinem Tod einen Aufzug in das Schloss Ambras einbauen lassen wollte. Kennt man weitere berühmte historische Persönlichkeiten, die Aufzüge privat genutzt haben?
Peter Payer: Das ist eine gute Frage, das wusste ich nicht, dass mit dem Schloss Ambras, das ist interessant.
Ich kenne eigentlich nur die eine – Anekdote ist es nicht – das ist verbürgt vom Kaiser Franz Joseph, der, wie wir wissen, ja eher ein Technik-Skeptiker war, also, Telefonieren war jetzt nicht seine Sache, zum Beispiel auch, und der war ja eher vorsichtig und skeptisch eingestellt, der modernen Technik gegenüber.
Er hat aber für seine Freundin Katharina Schratt eine Wohnung gemietet, damit sie nicht so weit zu ihm und auch ins Burgtheater hat, und hat am Kärntner Ring eine Wohnung ganz oben in einem Gebäude für sie gemietet, herrichten lassen und auch einen Aufzug einbauen lassen. Extra für sie natürlich, damit sie es bequem hat, nach oben zu fahren.
Das ist eine mir so bekannte Variante. Ob sie diesen Aufzug benutzt hat und ob der Kaiser Franz Joseph persönlich auch damit gefahren ist, das weiß ich nicht, leider.
Katharina Müllebner: Lustig, das ist die zweite historische Persönlichkeit, die den Aufzug für die Freundin macht, Ludwig XIV. hatte einen fliegenden Stuhl für seine Mätresse, damit er zu seiner Mätresse nach oben fahren kann.
Peter Payer: Na, da haben wir es, ist kein Zufall, oder?
Katharina Müllebner: Gut, soweit zu den historischen Anekdoten. Welche Sicherheitsmechanismen wurden im Laufe der Zeit entwickelt, um Aufzüge sicherer zu machen?
Peter Payer: Das ist eine ganz wichtige Frage, wenn nicht sogar die wichtigste Frage überhaupt, das Vertrauen von uns und von den damaligen Zeitgenossen in die Sicherheit.
Das Schlüsseljahr war hier 1854 in New York. Hier hat ein gewisser Elisha Otis, Sie merken schon am Namen, das ist der Begründer der Firma Otis, heute die größte und mächtigste, potenteste, weltweit mächtigste Firma im Aufzugbau.
Und dieser Elisha Otis war der Gründer dieser Firma, und der hat 1854 im New Yorker Crystal Palace eine Vorführung für das Publikum gemacht, wo er eine sogenannte Sicherheitsbremse vorgestellt hat, weil die Angst natürlich verbreitet war, dass eine Liftkabine abstürzen kann und man in die Tiefe stürzt. Und der hat so eine kluge Konstruktion ersonnen, wo sich automatisch durch die Schwerkraft ausgelöst, so eine Zarge quasi einklinkt und eine Absturzsicherheit gewährleistet.
Und diese Sicherheitsbremse ist bis heute in jedem Aufzug eingebaut und das war so die ganz wichtige Erfindung für die Verbreitung des Aufzugs generell. Ein Aufzug kann im Regelfall, muss man jetzt immer sagen, ja, nicht abstürzen.
Diese Grundsicherheit ist dann immer weiter noch verfeinert worden mit anderen Sicherheitsmaßnahmen, eben mit der Elektrifizierung, dann auch, dass man dann später selber drücken konnte und die Fahrstühle mehr austariert wurden, dass sie wirklich exakt im Stockwerk halten.
Also, das ist sukzessive im Laufe der Jahrzehnte immer weiter verbessert worden, sodass wir heute eine Fülle von Sicherheitsmaßnahmen, auch mehreren Sicherheitsmaßnahmen hintereinander oder gleichzeitig haben, die aktiv sind. Von den Kabeln transportabel angefangen, das sind ja heute oft nicht mehr Stahlseile, sondern Kunststoffgurte und so weiter, da gibt es eine Fülle von Sicherungsmaßnahmen, die gewährleisten, dass ein Aufzug nicht abstürzen kann, die Kabine gefahrlos stehen bleibt und man eben im Regelfall einen Aufzug nicht/ keine Angst vor dem Aufzug haben muss.
Trotzdem lesen wir immer wieder von abgestürzten Kabinen. Ich weiß, das sind nicht selten auch Dinge, die während Wartungsarbeiten passieren, wo also manche Sicherheitsvorkehrungen ausgeschaltet sind und dann Unfälle passieren.
Aber im Regelfall kann eine Kabine nicht abstürzen.
Das ist also wirklich doppelt und dreifach gesichert, und mit dieser Sicherheitsbremse, außer es ist die Schwerkraft einmal außer Kraft gesetzt, das wird aber nicht passieren. Ja, solange die Schwerkraft existiert, ist die Sicherheit gewährleistet, weil diese Sicherheitsbremse automatisch einrastet.
Katharina Müllebner: Jeder Aufzug, ich muss gerade an die Türen denken, jeder Aufzug hat ja auch Türen heutzutage, die automatisch auf und zu gehen. Wie war denn das – vielleicht eine blöde Frage – wie war denn das früher? Wie waren die Türen da? Die sind auch ein wichtiger Sicherheitsfaktor.
Peter Payer: Ja, das ist schon eher gefährlich. Das Abstürzen ist eine Sache, aber in die Türen – Sie haben völlig recht – dass man sich hier einklemmt, einzwickt. Das ist schon eher ein Problem.
Wie die Schiebetüren dann, die automatischen, aufgekommen sind; vorher waren einfach Türen, die vom Aufzugswärter geschlossen worden sind, oder dass heute – Sie kennen das bei den heutigen Aufzügen – Doppeltüren sind. Es gibt eine Tür, dass jeder Aufzug hat außen eine Sicherheitsverkleidung, ist die erste Tür, und dann gibt es die Tür der Aufzugskabine, und erst wenn beide Türen geschlossen sind, kann der Aufzug in Bewegung gesetzt werden. Also, das ist so eine doppelte Absicherung.
Das waren aber früher – Sie haben recht – durchaus Unfälle, die man immer wieder liest, dass sich jemand einklemmt, und dann beginnt der Aufzug zu fahren, und so. Also, da gibt es in den Zeitungen auch ganz schiefe/schiere Darstellungen davon, Zeichnungen, frühe Holzschnitte, wie so Unfälle passieren, weil sich jemand eingezwickt hat.
Katharina Müllebner: Gut, als Sie diese historischen Beispiele erwähnt haben, und einige gesagt, es waren ihnen unangenehm, mit anderen im Aufzug zu sein, auf so engem Raum, könnte das der Grund sein, warum sich Aufzugmusik entwickelt hat? Weil, heutzutage hat man in manchen Aufzügen so Musik. Warum hat sich denn das entwickelt?
Peter Payer: Genau das ist der Grund, zur Ablenkung, um nicht auf das Problem sozusagen, zu sehr auf die Angst aufmerksam gemacht zu werden, welche angenehm ist, als Unterhaltungsmusik, und du hast auch mit dem bisschen eine Ablenkung verbunden. Manche Aufzüge sind auch beduftet, haben auch Gerüche drinnen. Auch das gibt es durchaus schon.
Manche haben auch eigene Displays drinnen, wo Werbung läuft oder Comics, Animationen et cetera. Das dient alles der Unterhaltung einerseits, aber wir kennen auch die Düfte, die in den Kabinen oft eingesprüht werden, absichtsvoll. Veilchenduft zum Beispiel ist sehr beliebt. Auch das dient ja letztlich der Ablenkung und ein bisschen der sinnlichen Unterhaltung, ganz dezent natürlich.
Oder es werden auch eigene Displays an den Wänden montiert, wo man Unterhaltungsfilme, Animationsfilme sieht, Speisekarten von den Lokalen im obersten Stockwerk zum Beispiel, Informationen. Also auf andere Gedanken kommen und nicht so sehr darauf hingewiesen zu werden, dass man sich in einem Fahrzeug befindet, das doch mit einer bestimmten Geschwindigkeit von acht, neun, zehn Metern pro Sekunde dahinfährt.
Also, die modernen Aufzüge fahren ja doch ziemlich schnell, und die großen Höhen muss man ja auch mehrmals umsteigen, um wirklich in die ganz großen Höhen zu kommen, den Wolkenkratzern. Und so dienen diese sinnlichen Eindrücke, die hier zusätzlich sind, neben den optischen eben auch die akustischen, die geruchlichen, durchaus auch der Ablenkung von dem Umstand, dass man sich in einem relativ zügig bewegenden Gefährt befindet.
Katharina Müllebner: Gut, jetzt gibt es ja, also für uns Menschen mit Behinderung ist vor allem ein Aspekt von Aufzug relevant, nämlich dass einen Teil der Barrierefreiheit garantiert oder ganz wichtig dafür ist. Wie hat, wie hat sich das Konzept der Barrierefreiheit auf die Entwicklung der Aufzüge ausgewirkt?
Peter Payer: Also, das ist sicher ein ganz wesentlicher Moment, dass das damit überhaupt möglich war für Menschen mit Behinderung, dann in die oberen Stockwerke leichter und problemloser zu kommen. Wann das genau begonnen hat und die hier sozusagen die Normmaße et cetera, etabliert wurden, kann ich ehrlich gesagt gar nicht sagen, in welchen Jahren das jetzt wirklich sich etabliert hat. Aber wir wissen, dass es, wie Sie sagen, ganz ein wesentlicher Punkt ist und heute selbstverständlich ist.
Katharina Müllebner: Ich würde jetzt gerne als letztes noch wissen, kann man irgendwie sagen, wie sich Aufzüge in nächster Zeit weiterentwickeln werden?
Peter Payer: Ja, da kann man durchaus einige Trends formulieren. Ich habe das auch in meinem Buch versucht zu fassen. Man kann eines sagen, dass sich durchaus – also dort, wo sie in immer größere Höhen vordringen, und wir sind schon bald bei einem Kilometer Höhe – dass sie da durchaus auch immer schneller werden. Also, die Geschwindigkeit ist jetzt ja schon sehr gesteigert worden. Man merkt das nicht als Aufzugfahrende, aber das ist durchaus beachtlich, mit welcher Geschwindigkeit man sich hinauf und herunter natürlich auch wieder bewegt.
Die Sicherheit ist sicher auch ein wesentliches Thema, wird weiterentwickelt, und neue Materialen, ich habe schon erwähnt, mit Gurten statt mit Stahlseilen, et cetera. Also, hier gibt es durchaus auch neue Materialfragen, die hier immer deutlicher werden.
Und vielleicht die größte Veränderung für uns im Alltag wird sicherlich die Digitalisierung bringen oder hat schon gebracht, denn jeder Aufzug ist ja mit einer Zentrale verbunden, und wenn die Kabine mal stecken bleibt oder etwas Unvorhergesehenes passiert, sich eine Aufzugstür nicht oft öffnen lässt – auch das kommt manchmal vor – dann ist man ja mit einer Notrufzentrale sofort verbunden und bekommt von dort Hilfe.
Und so ist es auch in Zukunft vorgesehen, vermehrt, dass jeder Aufzug digital verkabelt und angeschlossen ist und man also sofort die wichtigsten Informationen in einer Zentrale, je nachdem – jede Firma hat hier ihre Zentrale, ob sie jetzt Otis heißt oder Schindler oder Kone, das sind die wichtigsten Firmen weltweit. Thyssen-Krupp ist die vierte deutsche Firma. Also die haben alle ihre Zentralen natürlich in den einzelnen Städten.
Und die Digitalisierung bringt ja eine Vernetzung mit sich, dass man also sämtliche Zustände, Schadensmeldungen digital sofort abgreifen kann, auch sämtliche Wartungsinformationen. Das ist ganz wichtig, weil, ein Aufzug muss und wird auch regelmäßig gewartet vom TÜV in Österreich.
Es ist ein so wichtiges und auch sicherheitstechnisch brisantes Fahrzeug, dass es einer regelmäßigen Überprüfung bedarf, sehr regelmäßig. Ich habe jetzt die Abstände nicht genau im Kopf, aber mehrmals pro Jahr, alle paar Monate, ich glaube, sogar einmal im Monat oder so – die Dichte ist sehr hoch – muss ein Aufzug überprüft werden, ob alles einwandfrei funktioniert.
Mit der Digitalisierung bekommt man schon mal die Grunddaten auch geliefert, wie dieses Fahrzeug sozusagen technisch beieinander ist.
Die Digitalisierung bringt aber auch – Sie kennen vielleicht die Problematik, wenn man in wirklich großen Hochhauskomplexen sich bewegt, dass man oft lange auf einen Aufzug warten muss. Es gibt zwar mehrere Aufzüge, aber die sind besetzt. Der eine fährt gerade rauf, der andere runter. Und dann, wenn die eine lange Fahrzeit haben, muss man schon relativ lange warten, um diese Wartezeiten zu verkürzen, gibt es Systeme, die es ermöglichen, dass die Wartezeit möglichst kurz ist.
Also ein Besucher, der etwa mit dem Auto ankommt in ein Bürokomplex, fährt mit dem Auto in die Tiefgarage und betätigt dort schon einen bestimmten Kommando- oder Informationsschalter, ruft den Aufzug und weiß dann, ich bin in einer Minute dort beim Aufzug, und der Aufzug wartet schon auf mich, um die Wartezeit kurz zu halten.
Also hier gibt es miteinander vernetzte Informations- und Kommunikationssysteme, die mit der Digitalisierung implementiert werden und die sicherlich auch für die Zukunft relevant sein werden.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Vielen Dank an unseren Gast Peter Payer für das interessante Gespräch.
Die Sendung hat gezeigt, dass ein Aufzug mehr ist als ein zentrales technisches Hilfsmittel für Barrierefreiheit. Die Technik des Aufzuges hat Veränderungen in Architektur und Gesellschaft gebracht.
Mit einem Aufzug ist es für alle möglich, hoch hinauszukommen. Man wird sehen, wie sich Technik und Design von Aufzügen in Zukunft weiterentwickeln werden.
Das war unsere Sendung zum Thema Aufzüge. Alle Informationen zu dieser Sendung finden Sie wie immer auf unsere Internetseite, www.barrierefrei-aufgerollt.at. Es verabschiedet sich Ihr Redaktionsteam, Katharina Müllebner, Markus Ladstätter und Martin Ladstätter.
[Musik mit Text: barrierefrei aufgerollt – kompakt und leicht verständlich]