Seit 26. Oktober 2008 ist in Österreich die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft. Seitdem sind Bund, Länder und Gemeinden dazu verpflichtet, die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Österreich umzusetzen.
2018 pünktlich zum 10-jährigen Jubiläum beschäftigt sich barrierefrei aufgerollt mit der Arbeit des Monitoringausschusses. Dieser überwacht, ob die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingehalten werden.
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Unsere Interviewpartnerin
- Christine Steger, Vorsitzende des Unabhängigen Monitoringausschusses zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
Die Sendung im Radio hören
Diese Sendung wurde auf Radio ORANGE 94.0 am 2. Dezember 2018 um 10:30 Uhr gesendet. Die Sendung kann auch auf o94.at live gehört werden. Am 16. Dezember 2018 um 10:30 Uhr wurde sie auf Radio ORANGE 94.0 wiederholt.
Sendung zum Nachlesen und Nachhören
Katharina Müllebner: Herzlich willkommen zur heutigen Sendung von barrierefrei aufgerollt von BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben.
Was macht der Monitoringausschuss? So der Titel der heutigen Sendung. Sie hören diese Sendung auf Radio ORANGE 94.0.
Durch die heutige Sendung führt Sie zur Abwechslung einmal mein Kollege Martin Ladstätter. Ich bin Katharina Mülllebner.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Heute sprechen wir mit Christine Steger, sie ist seit Mai 2018 die Vorsitzende des Monitoringausschusses zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Der Ausschuss überwacht, ob die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingehalten werden. Dabei bezieht er sich auf die vorher genannte UN-Konvention.
Martin Ladstätter: Heute zu Gast haben wir die Vorsitzende des Monitoringausschusses: Christine Steger. Grüße Sie.
Christine Steger: Hallo, danke für die Einladung.
Martin Ladstätter: Was ist eigentlich dieser Monitoringausschuss?
Christine Steger: Dieser Monitoringausschuss ist ein Gremium, das eingesetzt worden ist, um die Umsetzung der Konvention der Rechte für Menschen mit Behinderungen anzuschauen und zu überwachen und gegebenenfalls Kritik zu üben, wenn es nicht so läuft, wie es in der Konvention vorgesehen ist.
Martin Ladstätter: In der Vorbereitung zu dieser Sendung habe ich gelesen, dass Sie sind Vorsitzende seit dem Jahr 2018. Wie lange gibt es eigentlich diesen Monitoringausschuss schon?
Christine Steger: Ganz genau. Ich bin seit 2. Mai 2018 die Vorsitzende vom Bundesmonitoringausschuss und den Monitoringausschuss selbst gibt es bereits seit zehn Jahren.
Am 26. Oktober 2018 haben wir unser zehnjähriges Bestehen gefeiert. Und genau. 2008 wurde auch die Konvention selbst unterschrieben von der Republik Österreich und gleich danach ist auch der Monitoringausschuss gegründet worden.
Martin Ladstätter: Wie sind Sie dazu gekommen Vorsitzende des Monitoringausschuss zu sein?
Christine Steger: Also grundsätzlich arbeite ich im Bereich Menschen mit Behinderungen und Gleichstellung für Menschen mit Behinderung schon beruflich jetzt seit 2004. Und bin seit einiger Zeit auch Mitglied im Monitoringausschuss gewesen für den Bereich Wissenschaft, war ich Ersatzmitglied für den Doktor Buchner.
Und nachdem meine Vorgängerin in Karenz gegangen ist, ja, ist an mich herangetreten worden und ich habe sehr gerne mich der Wahl zur Vorsitzenden gestellt.
Martin Ladstätter: Was sind so Ihre Aufgaben als Vorsitzende?
Christine Steger: Ganz viel reden, ganz viel informieren, ganz viel überzeugen auch, dass das, was der Monitoringausschuss macht wichtig ist, dass Rechte für Menschen mit Behinderungen wichtig ist.
Also wir müssen ganz, ganz viel mit Menschen reden, mit Behörden, mit Ämtern, mit Ministerien, mit Einzelpersonen, einfach mit Stakeholdern in allen möglichen Lebens- und Arbeitsbereichen und das ist das, was wir in erster Linie, das tun wir in verschiedener Art und Weise.
Wir machen Stellungnahmen zu bestimmten Themen, wir machen auch Stellungnahmen zu Gesetzesnovellen.
Wir machen Veranstaltungen, wir halten öffentliche Sitzungen ab und holen uns die Meinung der Bevölkerung ein, insbesondere natürlich der Bevölkerung mit Behinderungshintergrund.
Also wir bestreiten ganz viele Wege, um das Thema die Rechte von Menschen mit Behinderungen breiter in den Blick zu rücken.
Martin Ladstätter: Wir haben jetzt ein paar Mal das Wort Monitoring verwendet, aber was bedeutet eigentlich Monitoring?
Christine Steger: Monitoring heißt nichts anderes wie: wir schauen uns etwas an, wir überwachen etwas, indem wir uns anschauen wie in manchen Bereichen, beispielsweise das öffentliche Österreich, also Ämter, Behörden, Ministerien mit dem Thema Menschen mit Behinderungen umgehen.
In erster Linie heißt Monitoring nichts anderes wie, wir schauen uns etwas an und wir überwachen etwas.
Martin Ladstätter: Zehn Jahre Monitoringausschuss haben Sie gesagt. Wie ist dieser Monitoringausschuss entstanden?
Christine Steger: Also nachdem die Republik die völkerrechtliche Vereinbarung unterzeichnet hat, wurde klar, dass es notwendig wird ein Überwachungsgremium einzusetzen.
Das ist relativ bald klar geworden, dass man da nicht auf bestehende Strukturen zurückgreifen konnte.
Und man hat recht schnell begonnen, mit Unterstützung auch aus dem Ministerium, eben versucht, diese Gruppe zusammenzufinden eben vier Menschen der organisierten Menschen mit Behinderungen, also vier Personen der organisierten Menschen mit Behinderungen.
Eine Person aus dem Menschenrechtsbereich, eine aus der Wissenschaft und eine aus dem Bereich Entwicklungszusammenarbeit plus jeweils auch eine Stellvertretung, also das heißt, insgesamt werden 14 Personen in dieses Gremium entsendet, um eben gemeinsam in ihren Fachgebieten zu schauen, wie die Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen umgesetzt werden kann.
Martin Ladstätter: Wie darf ich mir so eine Prüfung des Monitoringausschusses vorstellen? Können Sie uns da ein Beispiel erzählen?
Christine Steger: Wenn wir jetzt nur hernehmen, es wird zum Beispiel ein neues Gesetz gemacht oder es wird ein bestehendes Gesetz novelliert.
Nehmen wir beispielsweise her das Krankenanstaltengesetz.
Dann können ja alle Menschen, die organisiert sind, aber auch Einzelpersonen grundsätzlich etwas dazu sagen und der Monitoringausschuss nimmt insbesondere auch solche Gesetzesnovellen zum Anlass, um den gesamten Bereich, der dieses Gesetz regelt, auf die Rechte von Menschen mit Behinderungen anzusehen.
Also wenn man jetzt das Krankenanstaltengesetz hernimmt, dann schauen wir: Gibt es dort Vorkehrungen, die umfassende Barrierefreiheit beinhalten? Also auch nicht nur die physische, bauliche, sondern auch die infrastrukturelle und informationelle Barrierefreiheit.
Gibt es Gebärdensprachangebote? Gibt es Angebote für leichte Sprache? Wie kommunizieren Fachpersonen, wie Ärztinnen und Ärzte mit den Patientinnen und Patienten mit Behinderungen?
Und all diese Dinge schauen wir uns an in der Rechtsmaterie, ist das in diesem Gesetz abgebildet? Weil die UN-Konvention sagt, es muss abgebildet sein.
Und wenn das eben nicht abgebildet ist, dann werden wir in dieser Stellungnahme eben hineinschreiben, dass genau diese genannten Punkte: Barrierefreiheit, Informationszugang und die ganzen anderen Bereiche in dieses Gesetz aufgenommen werden müssen.
Martin Ladstätter: Und was kann der Monitoringausschuss außer Stellungnahmen tun?
Christine Steger: Der Monitoringausschuss kann zu allen Themen grundsätzlich etwas sagen. Kann mit allen Ministerien sprechen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.
Das ist ganz ein wichtiger Punkt, weil die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen spielt sich ja nicht nur im Sozialministerium ab, das Thema Behinderung ist ein Querschnittsthema, das betrifft alle Lebens- und Arbeitsbereiche und insofern auch alle Ministerien und alle Behörden.
Der Monitoringausschuss kann Veranstaltungen organisieren zu Themen, die auch von beispielsweise Menschen mit Behinderungen eingebracht werden.
Wir machen auch öffentliche Sitzungen, wo wir Menschen mit Behinderungen einladen, zu bestimmten Themen auch Stellung zu nehmen und sich zu äußern. Aus diesen öffentlichen Sitzungen erwachsen dann in der Regel auch schriftliche, ja, großflächig schriftlich Stellungnahmen zu bestimmten Themen.
Wir machen auch einen Bericht für Genf, weil alle fünf Jahre wird ja die Republik quasi geprüft, ob sie ihre Hausaufgaben gemacht hat, ob sie, wenn Handlungsempfehlungen ausgesprochen wurden bei einer Staatenprüfung, ob diese auch umgesetzt worden sind. Das kann man sich so vorstellen: wir haben 2008 als Republik die Konvention ratifiziert und 2013 wurde Österreich eingeladen in Genf zu erzählen, was es denn alles schon verbessert hat und was es alles schon getan hat in diesem Bereich. 2013 sind dann nach dieser Prüfung einige Hausaufgaben entstanden, das heißt Handlungsempfehlung. Ich glaube insgesamt waren es 153 Handlungsempfehlungen, die der Staat Österreich quasi als Hausaufgabe mitbekommen hat.
Und wir sind jetzt diesen Sommer eingeladen gewesen von Genf, einen Bericht zu verfassen inwiefern die Republik diese Hausaufgaben in den letzten fünf Jahren gemacht hat. Das macht auch der Monitoringausschuss.
Dieser Bericht, der heißt Genf-Bericht, den haben wir eingereicht und dieser Bericht ist gemeinsam mit zwei anderen Berichten die Grundlage gewesen für einen Fragenkatalog.
Martin Ladstätter: Sie haben jetzt relativ viel über die Staatenprüfung erzählt, aber da habe ich schon noch ein paar Fragen. Was heißt das: Prüft jetzt der Monitoringausschuss die Republik Österreich oder was wird da genau geprüft?
Christine Steger: Die UN schaut sich an, inwiefern die Republik gemacht hat, wofür sie sich ja auch verpflichtet hat, indem sie die Konvention ratifiziert hat.
Martin Ladstätter: Was ist das? Was darf ich mir da vorstellen?
Christine Steger: Na ja, zum Beispiel: 2013 war ein großes Thema war zum Beispiel Bildung, Zugang zu Schulen, Sonderschulen als konventionswidrig, da war es auch ganz klar: es gibt den Auftrag Sonderschulen abzubauen und inklusive Schulen, ja, flächenwirksam auszubauen. Das ist eine konkrete Hausaufgabe, die die UNO der Republik Österreich 2013 gegeben hat.
Martin Ladstätter: Und ist das erfüllt worden?
Christine Steger: Nein, das haben wir auch feststellen müssen, dass in den letzten fünf Jahren eigentlich der Bereich der Sonderschule nur noch mehr ausgebaut wurde. Es gibt in verschiedenen Bundesländern Modellregionen, sehr gut funktionierende inklusive Schulregionen. In der Steiermark gibt es ja viel inklusive Schule.
Aber grundsätzlich ist es so, dass man eigentlich wieder mehr in die Richtung Sonderschule geht und das haben wir auch in diesem Bericht nach Genf auch so kommuniziert.
Martin Ladstätter: Und konkret prüft jetzt wer die Republik Österreich?
Christine Steger: Die Vereinten Nationen.
Martin Ladstätter: Und der Monitoringausschuss hilft oder wie funktioniert das konkret?
Christine Steger: Der Monitoringausschuss ist quasi das Überwachungsgremium, das objektiv feststellt, was von den Hausaufgaben der UNO die Republik gemacht hat und was nicht.
Und wir sind eben unabhängig, wir sind auch genau deshalb so aufgestellt, um nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu sein.
Wir werden gefragt: wie seht ihr das als Überwachungsgremium? Und wir berichten dann eben den Vereinten Nationen.
Und dieser Bericht ist die Grundlage für eine Prüfung, wo wiederum eine Delegation aus Österreich nach Genf fährt, voraussichtlich wird das erst 2020 sein, wo man wieder Rede und Antwort steht wie die Republik die letzten fünf Jahre genutzt hat, um mehr Rechte für Menschen mit Behinderungen umzusetzen.
Martin Ladstätter: Ich habe gelesen, dass im Rahmen so einer Staatenprüfung Fragen an Österreich gestellt werden, so eine Art Fragenkatalog oder list of issues. Was ist das ganz konkret und was bedeutet das?
Christine Steger: Das ist sehr, sehr gute Frage. Wir haben heuer im Sommer sehr viel Arbeit investiert in die Erstellung eines Berichts nach Genf. So einen Bericht hat auch der Volksanwalt gemacht und die Zivilgesellschaft.
Und nach einer Anhörung in Genf dieser drei Gremien hat die UNO Fragen formuliert, die wiederum die Grundlage bilden für die Delegation, die dann 2020 in Genf befragt wird.
Also das heißt, wir haben einen Bericht verfasst und auf Grundlage dieses Berichts wurden Fragen zusammengestellt.
Martin Ladstätter: Können Sie uns eine Frage beispielsweise sagen? Was will die UNO von Österreich wissen?
Christine Steger: Zum Beispiel möchte die UNO von Österreich wissen, ob wir für Mädchen und Frauen mit Behinderung genug getan haben, ob wir genug Barrierefreiheit anbieten und ob auch ausreichend Mittel, also Geld, zur Verfügung steht für den Bereich Menschen mit Behinderungen.
Martin Ladstätter: Diese Staatenprüfung – was ist eigentlich das Ziel so einer Staatenprüfung und zwar konkret und welche Auswirkungen hat das?
Christine Steger: Eine Staatenprüfung hat die Funktion, dass man eine Rechtsvorschrift lebendig werden lässt. Dass es eben nicht nur ein Papier ist, das ein Politiker in dem Fall unterschreibt. Sondern dass diese Rechte, die formuliert werden, die Menschenrechte sind, ganz konkret in die Rechtsmaterie des jeweiligen Staates Einfluss finden und somit tatsächlich die Lebensrealität von Menschen mit Behinderungen verbessert.
Martin Ladstätter: Wie oft findet eine Staatenprüfung statt?
Christine Steger: Grundsätzlich findet so eine Staatenprüfung alle fünf Jahre statt. Dieses Mal wird es ein bisschen länger dauern, weil sehr viele Nationen in den letzten Jahren die Konvention unterschrieben haben und deshalb in Genf ein bisschen ein Stau entstanden ist sozusagen.
Und eigentlich wäre 2018 die nächste Staatenprüfung angestanden, aber wir sind jetzt etwas in Verzug geraten, weil Genf auch die Vorgaben nicht so eng gefasst hat und wir werden voraussichtlich erst im Jahr 2020 dann die wirkliche Prüfung haben. Was dann ja wirklich schon, ja, sieben Jahre sind und nicht fünf.
Martin Ladstätter: Die Ergebnisse der letzten Staatenprüfung – wurde kontrolliert, ob diese Handlungsvorschläge der UNO umgesetzt worden sind?
Christine Steger: Ja, der Monitoringausschuss beispielsweise hat sich des Themas angenommen und hat alle Handlungsempfehlungen angesehen und gemeinsam mit den Monitoringstellen der Länder sich angesehen, inwiefern diese Handlungsempfehlung umgesetzt wurde in den Bundesländern, aber auch auf Bundesebene.
Und diese sozusagen Einschätzung ist dann ein Bericht geworden, den wir nach Genf geschickt haben.
Martin Ladstätter: Was wurde seit der letzten Staatenprüfung beispielsweise berücksichtigt und was wurde nicht berücksichtigt?
Christine Steger: Man kann positiv erwähnen, dass seit der letzten Staatenprüfung sich die Situation strukturell verbessert hat, wenn wir uns anschauen, dass es jetzt in jedem Bundesland ein Überwachungsgremium gibt, mit mehr oder weniger Kompetenzen.
Aber das ist ja auch etwas, was in der Konvention steht, dass nicht nur der Bund ein Überwachungsgremium benötigt, sondern auch alle Bundesländer. Das wurde soweit umgesetzt.
Man muss natürlich einschränkend sagen, nicht jede Monitoringstelle ist auch wirklich unabhängig. Nach dem Pariser Prinzipien, wo auch festgesetzt ist wie Unabhängigkeit definiert ist.
Martin Ladstätter: Da muss ich jetzt rückfragen. Was sind diese Pariser Prinzipien und wieso gibt es mehrere Monitoringstellen?
Christine Steger: Die Pariser Prinzipien legen fest wie ein Überwachungsorgan ausgestattet sein muss, damit es tatsächlich unabhängig handlungsfähig ist. Also beispielsweise darf es keine personelle und innerliche Verquickung mit einer Behörde geben, also das heißt, nicht an eine Landesverwaltungseinheit angeschlossen sein.
Es braucht eigene Ressourcen und es braucht auch eine eigene Gesetzesgrundlage, damit dieses Gremium wirklich unabhängig arbeiten kann.
Warum das notwendig ist alles Bundesländern? Hat mit Föderalismus zu tun.
Wir haben einige Bereiche, die der Bund bestimmt. Die Lebensrealitäten der Bund bestimmt. Und es gibt viele Bereiche, die eben ausgelagert wurden an die Bundesländer.
Das heißt, wir haben ganz konkret neun unterschiedliche, zum Beispiel, Bautechnikgesetze. Wir haben neun unterschiedliche Sozialgesetze, manchmal heißen sie Inklusionsgesetz, manchmal Teilhabegesetz, manchmal noch Behindertengesetz. Das heißt, wir haben einfach ganz unterschiedliche Voraussetzungen und daher muss sich auch jedes Land für sich ansehen wie es mit dem Thema Umsetzung der Rechte für Menschen mit Behinderungen in den jeweiligen Landesgesetzen auch umgeht. Deshalb braucht es auch Ländermonitoringausschüsse.
Martin Ladstätter: Die Republik hat die UN-Konvention 2008 ratifiziert, haben Sie vorher erzählt. Gibt es eine Art strukturierte Umsetzung der Konvention, so eine Art Plan?
Christine Steger: Es gibt einen nationalen Aktionsplan, der jetzt gerade in der Zielgeraden ist, also die erste Periode in der Umsetzung des nationalen Aktionsplans ist gerade in der Zielgeraden. Und der nationale Aktionsplan hat einige Sachen, ja, vorgesehen in der Umsetzung.
Ich bin jetzt ein bisschen zögerlich, weil ich auf die Details gar nicht so wirklich eingehen möchte. Ich möchte eher sagen, dass es sehr begrüßenswert ist, dass der nationale Aktionsplan auch weitergeht.
Schade finde ich persönlich nur, dass die Art und Weise wie dieser Aktionsplan umgesetzt worden ist, erst einer Evaluierung unterzogen wird, wenn der neue bereits auf dem Weg ist. Also wir haben natürlich die Möglichkeit hier auch mitzuarbeiten und Vertreterinnen und Vertreter auch der NGOs werden hier auch einbezogen, aber der neue Aktionsplan wird, so wie es im Moment aussieht, bereits in Umsetzung gebracht, wenn der alte noch nicht evaluiert ist.
Vielleicht ergänzend: Auch für die Bundesländer wären solche Länderaktionspläne sehr, sehr zu begrüßen. Weil insbesondere, wenn es konkrete Zeitschienen und konkrete Themenblöcke gibt, dann wird die Umsetzung der Konvention wirklich lebendig, dann kann man davon sprechen, dass sich wirklich Lebensrealitäten auch für Menschen mit Behinderungen ändern können.
Martin Ladstätter: Ich möchte noch einmal auf die Konvention zurückkommen: wie und warum ist eigentlich diese UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen entstanden?
Christine Steger: Ich glaube, grundsätzlich ist einfach klar, dass Menschenrechte auch für Menschen mit Behinderungen zu gelten haben. Das ist jetzt grundsätzlich eine Selbstverständlichkeit, aber es ist eben keine Selbstverständlichkeit und genau aus diesem Grunde hat das Staatenbündnis der UNO auch beschlossen, dass es genau eine solche Konvention braucht, wo die Lebensrealität von Menschen mit Behinderungen abgebildet wird und wo klar ist, dass auch Menschen mit Behinderungen alle Rechte ausüben können müssen wie auch alle anderen Menschen auch.
So wie es auch eine Kinderrechtekonvention gebraucht hat, brauchte es eben auch eine Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.
Martin Ladstätter: Wo sehen Sie als Expertin Nachholbedarf? Wo ist diese Konvention in Österreich nicht umgesetzt oder noch nicht umgesetzt?
Christine Steger: Ein großer Punkt aus meiner Sicht ist das Thema Rechtssicherheit. Wir brauchen uns gar nicht viele verschiedene Bereiche anzusehen, um zu erkennen, dass im Moment noch der Wohnort und die Postleitzahl den Ausschlag darüber gibt, wie meine Lebensqualität als beispielsweise Frau mit Behinderung auszusehen hat.
Es gibt einfach Bundesländer, die haben keine persönliche Assistenz im eigentlichen Sinne, haben kein persönliches Budget, haben Bautechnikgesetze, die auf Barrierefreiheit nicht wirklich Bezug nehmen, haben schlechte Unterstützungssysteme.
Also man muss einfach wirklich sagen, dass die Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen sehr, sehr unterschiedlich ist, je nachdem, in welchem Bundesland sie leben und das ist aus meiner Sicht einfach ein großes Thema, wo meiner Meinung nach der Bund und auch die Bundesländer wirklich einen Schulterschluss brauchen, weil die Umsetzung der Konvention nur gemeinsam gelingen kann.
Martin Ladstätter: Als Vorsitzende des Monitoringausschusses: Welche Forderungen haben Sie an die derzeitige Regierung?
Christine Steger: Ich würde mir wünschen, dass abseits des Sozialministeriums, das sich ja schon eingehend auch mit dem Thema Umsetzung der Konvention beschäftigt hat in den letzten Jahren und auch noch weiter wird, dass alle Ministerien erkennen, dass das Thema Rechte für Menschen mit Behinderungen auch ihr Thema ist und eben nicht nur im Sozialbereich abgehandelt werden kann.
Es geht um Arbeit, es geht um Wohnen, es geht um Infrastruktur, es geht um Verkehr, es geht um Freizeit, es geht um alle Themen. Weil das ist das, was Menschen mit Behinderungen wollen. Leben so wie alle und arbeiten wie alle. Und das würde ich mir wünschen, dass hier ein Schulterschluss auch passiert zwischen den einzelnen Ressorts, aber auch mit den Bundesländern gemeinsam.
Martin Ladstätter: Haben Sie Unterstützung, um diese vielfältigen Aufgaben zu erledigen?
Christine Steger: Ja, wir haben seit Jänner 2018 eine Struktur, wir haben jetzt nach neun Jahren, wo sehr viel Unterstützung aus dem Ministerium gekommen ist, eine Finanzierung, also seit Jänner 2018 hat der Monitoringausschuss eine Finanzierung.
Zu diesem Zwecke wurde ein Verein gegründet, der dem Monitoringausschuss und den Angehörigen des Monitoringausschuss zuarbeiten, insgesamt sind das vier teilzeitbeschäftigte Personen, die eine Bürostruktur haben und dem Monitoringausschuss zuarbeiten und die Arbeit befördern.
Martin Ladstätter: Danke für die vielen Informationen.
Christine Steger: Danke für die Einladung.
[Überleitungsmusik]Katharina Mülllebner: Das war unser Einblick in die Arbeit des Monitoringausschusses.
Ich hoffe, Sie haben einen Eindruck davon bekommen, wie wichtig diese Arbeit für unsere Menschenrechte ist, denn es braucht einen kritischen und unabhängigen Blick, um den Staat an seine eingegangenen Verpflichtungen zu erinnern und um vorhandene Missstände aufzuzeigen.
Das war: Was macht der Monitoringausschuss aus der BIZEPS-Sendereihe „barrierefrei aufgerollt“.
Alle Informationen zu dieser Sendung finden Sie auf www.barrierefrei-aufgerollt.at.
Sie hörten diese Sendung auf Radio ORANGE 94.0.
Es verabschiedet sich Ihr Redaktionsteam, Martin Ladstätter, Katharina Müllebner und Markus Ladstätter.
[Musik barrierefrei aufgerollt] Musik mit Text: barrierefrei aufgerollt – kurz, kompakt und leicht verständlich