Yetnebersh Nigussie ist eine Behindertenaktivistin und Rechtsanwältin aus Äthiopien. 2017 erhielt sie für ihren Einsatz für Menschen mit Behinderungen den Right Livelihood Award, einen Preis für die richtige Lebensweise.
In dieser Sendung haben wir mit ihr ein ausführliches Interview über ihr Leben geführt. Das Interview wurde in Deutsch übersetzt.
Nigussie ist blind seit sie fünf Jahre alt ist. Sie hat sich schon sehr früh für andere Menschen eingesetzt. Sie hat seit ihrer Schulzeit in vielen Organisationen gearbeitet. Yetnebersh Nigussie war auch Gründerin und Leiterin des äthiopischen Zentrums für Behinderung und Entwicklung. Seit 2016 arbeitet sie für die Organisation „Licht für die Welt“.
Die Radiosendung zum Nachhören
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Das Interview als Video
Das Video in englisch findest du hier.
Die Sendung im Radio hören
Diese Sendung wurde auf Radio ORANGE 94.0 am 7. Januar 2018 um 10:30 Uhr gesendet. Die Sendung kann auch auf o94.at live gehört werden. Am 21. Januar 2018 um 10:30 Uhr wurde sie auf Radio ORANGE 94.0 wiederholt.
Radiosendung in Deutsch Nachlesen:
Katharina Müllebner: Herzlich Willkommen zu der heutigen Sendung von „barrierefrei aufgerollt“ von BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben.
Mein Name ist Katharina Müllebner.
Heute stellen wir Ihnen die 35-jährige Behindertenaktivistin und Rechtsanwältin Yetnerbersh Nigussie aus Äthiopien vor.
Sie ist seit langem eine Kämpferin für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. 2017 erhielt Sie für ihr behindertenpolitisches Engagement den Right Livelihood Award, einen Preis für die richtige Lebensweise.
Nigussie, die im Alter von 5 Jahren erblindete, begann schon sehr früh mit ihrem politischen Engagement. In ihrer Studienzeit war sie Mitbegründerin einer weiblichen Studierendenvertretung. Yetnebersh Nigussie war Leiterin und Gründerin des Äthiopischen Zentrums für Behinderung und Entwicklung.
Seit 2016 ist sie auch für die in Wien ansässige Organisation Licht für die Welt tätig. Uns gibt sie einen Einblick in ihr Leben und in ihre Karriere.
Wir haben Yetnebersh Nigussie auf Englisch interviewt. Für das Radio hat Elisabeth Löffler die Antworten auf Deutsch eingesprochen.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Bitte stellen Sie sich unseren Hörerinnen und Hörern vor. Wer sind Sie und wo kommen Sie her?
Yetnebersh Nigussie: Mein Name ist Yetnebersh Nigussie und ich arbeite derzeit als Senior ‘Disability and Inclusion Advisor’ für ‘Licht für die Welt’. Ich komme ursprünglich aus Äthiopien, aber jetzt arbeite ich auf der ganzen Welt.
Katharina Müllebner: Wie verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?
Yetnebersh Nigussie: Ich bin eine Anwältin mit Behinderung und arbeite für Licht für die Welt als ‘Inclusion Advisor’. Ich arbeite Vollzeit als Interessenvertreterin im Bereich Behinderungen und Menschenrechte für Menschen mit Behinderungen.
Katharina Müllebner: An welchen Projekten arbeiten Sie derzeit?
Yetnebersh Nigussie: Ich arbeite an einigen Initiativen, die ‘Licht für die Welt’ unterstützt, zum Beispiel eine Anzahl an gemeindebasierten Rehabilitationsprogrammen, die wir in mehr als 17 verschiedenen Entwicklungsländern betreuen.
Außerdem arbeite ich auch ein bisschen an der Implementierung der nachhaltigen Entwicklungszielen, wie auch an der Umsetzung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.
Katharina Müllebner: Wie fühlt es sich an, den Right Livelihood Award gewonnen zu haben?
Yetnebersh Nigussie: *lacht* Ich denke, es ist eine große Leistung, diesen Preis zu erhalten. Es ist eine sehr angesehene Auszeichnung und bringt einen mit vielen Preisträgern zusammen die viel für ihre Gemeinden und für die Welt tun. Den Preis habe ich gewonnen, weil ich einen innovativen Ansatz zur Einbeziehung von behinderten Menschen in Äthiopien habe, statt spezielle Angebote nur für Menschen mit Behinderungen zu schaffen.
Katharina Müllebner: Gibt es Unterstützung für Menschen mit Behinderungen in Äthiopien?
Yetnebersh Nigussie: Ja, es gibt eine Reihe von unterstützenden Strukturen für Menschen mit Behinderungen in Äthiopien.
Die meiste Unterstützung kommt allerdings aus den Familien, da es sehr wenig unterstützende Dienstleistungen gibt, die von der Regierung ausgehen. Es handelt sich also meist um die Familien, die sich darum kümmern, dass Menschen mit Behinderungen zur Arbeit oder in die Schule gehen können. Die Familien leisten also meist diese Hilfestellungen.
Es gibt auch Gemeindearbeiter, aber das soziale Hilfsnetz in Äthiopien ist generell nicht sehr gut.
Die Regierung versucht aber Menschen mit Behinderungen zu helfen, indem sie ihnen Prothesen zur Verfügung stellen und orthopädische Unterstützung anbieten. Die Regierung sorgt auch dafür, dass Menschen mit Behinderung nichts für ihre Schulausbildung bezahlen müssen.
Aber wie gesagt, die meiste Unterstützung, die Menschen mit Behinderungen in Äthiopien bekommen, kommt aus der Familie oder aus der Gemeinde.
Katharina Müllebner: Wie ist die derzeitige Situation von Menschen mit Behinderungen in Ihrem Heimatland?
Yetnebersh Nigussie: Na ja, Menschen mit Behinderungen in Äthiopien führen ein würdeloses Leben und sie sind meistens in ihren Häusern versteckt und haben keinen Zugang zu den grundlegenden Dienstleistungen in ihrer Gemeinde, wie zum Beispiel Ausbildung, Gesundheit, Arbeit und so weiter.
Aber, ja, es gibt einige sehr erfreuliche und ermutigende Reformen, die nach der Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen beschlossen wurden aber es ist immer noch ein langer Weg bevor wir die volle und effektive Inklusion von Menschen mit Behinderungen wirklich geschafft haben.
Katharina Müllebner: Ist es schwierig für Frauen mit Behinderungen eine Ausbildung oder einen Beruf zu bekommen?
Yetnebersh Nigussie: Ja, absolut. Behinderte Frauen haben es doppelt schwer. Frauen werden in Äthiopien mehr diskriminiert und sie werden auch mehr benachteiligt. Das ist aber in vielen Ländern so.
Die Behindertenbewegungen sind meist von Männern geführt. Das heißt also, Frauen mit Behinderungen sind weniger sichtbar. Wir sehen keine Frauen als Führungsfiguren.
Frauen mit Behinderungen sind auch aus der generellen Feminismusbewegung ausgegrenzt. Da scheint es ein Missverständnis zu geben. Die Feministen denken, dass Frauen mit Behinderungen zu den Behindertenbewegungen gehören sollten. Und am Ende sind die behinderten Frauen aus beiden Bewegungen ausgeschlossen.
Aber wie gesagt, das ist nicht nur in Äthiopien der Fall, sondern das ist ein globales Problem.
Ich kann Ihnen ein Beispiel geben: Das Komitee zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat 18 Mitglieder, nur eines davon ist eine Frau. Das zeigt doch, dass Frauen mit Behinderungen in allem zurück liegen, sowohl in den Behinderten-Bewegungen, als auch in den feministischen Bewegungen. Dieses traurige Bild hat der ‘World in Disability’ Bericht auch bestätigt. Der Bericht zeigt, dass es viel mehr Frauen mit Behinderungen gibt als Männer, aber Frauen haben viel weniger Zugang zu Basisdiensten und Hilfe.
Katharina Müllebner: Können Sie uns einmal die Situation von Frauen mit Behinderungen in Äthiopien schildern?
Yetnebersh Nigussie: In Äthiopien sind behinderte Frauen unter den am wenigsten gebildeten Menschen.
Lassen Sie uns über Schulausbildung sprechen: Nur vier Prozent der Kinder mit Behinderungen gehen in die Schule. Weniger als ein Prozent sind Mädchen. Wenn man nicht in die Schule geht, wird der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen und Hilfe noch mehr erschwert. Wie zum Beispiel Gesundheitsversorgung, Beschäftigung, Gericht und andere Sachen. Also führen Frauen mit Behinderungen in meinem Land immer noch sehr würdelose Leben.
Oft gehen Mädchen mit Behinderungen nicht zur Schule und dafür gibt es viele Gründe wie zum Beispiel Eltern, die behinderte Töchter überfürsorglich behandeln.
Aber leider ist es auch so, dass die Mädchen viel Gewalt erfahren, sie sind aber nicht befähigt, von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Sie werden von Fremden oder sogar im eigenen Haus vergewaltigt, weil sie meistens im Haus bleiben.
Und selbst wenn sie Opfer einer solchen Tat werden, ist die nächste Polizeistation zu weit weg für sie, weil die Mädchen ja keine behindertengerechten Hilfsmittel haben. Wenn sie es wider Erwarten doch zur Polizeistation schaffen, lauert da schon wieder das nächste Problem: Kein Gebärdensprachdolmetscher. Sie können sich also nicht richtig erklären.
Das ist nur eine der vielen Hürden, die Mädchen davon abhält, von ihren Rechten Gebrauch zu machen.
Katharina Müllebner: Sie haben uns erzählt, dass es sehr schwierig ist für Frauen mit Behinderungen in Äthiopien, aber Sie sind sehr gut ausgebildet. Was macht Sie zur Ausnahme?
Yetnebersh Nigussie: Ich glaube, das hatte viel mit der Kraft meiner Mutter zu tun. Sie hat entschieden, mich in eine spezielle Schule zu schicken, weil zu der Zeit die normalen Schulen keine behinderten Kinder aufnehmen wollten.
Viele Eltern entschieden sich aber gegen diesen Schritt, weil sie ihre Kinder nicht so weit von sich weg haben wollten.
Ich habe diese Chance bekommen! Deswegen bin ich heute da wo ich bin. Deswegen bin ich heute so erfolgreich. Ich glaube, das ist das Geheimnis.
Ich sage oft, dass meine Ausbildung meine Erlösung und meine Befreiung war. Nur durch meine Ausbildung bin ich heute unabhängig. Also es hängt viel von der Familie ab.
Katharina Müllebner: Wie hat Ihre Behinderung Ihr Leben beeinflusst?
Yetnebersh Nigussie: Meine Behinderung hat mein Leben total beeinflusst. Ich bin in einer dörflichen Gegend aufgewachsen. Bei uns war es normal, dass Mädchen mit zehn oder elf verheiratet wurden.
Als ich mit fünf Jahren erblindete, war ich nicht mehr für eine Heirat erwünscht. Deshalb wurde ich von unserer Gemeinde als untauglich und unbrauchbar angesehen. Das hat mich aus der Gemeinde heraus gedrängt.
Dann habe ich Schulbildung erhalten und dadurch wurde ich die, die ich heute bin. All meine Arbeit wurde durch meine Behinderung stark beeinflusst, weil ich den Hintergrund habe wie es ist, mit einer Behinderung zu leben.
Ich kann sagen, dass mein Leben sehr stark von meiner Behinderung beeinflusst ist.
Katharina Müllebner: Sie erzählten uns, dass Sie als nicht heiratsfähig angesehen wurden. Sind Sie jetzt verheiratet?
Yetnebersh Nigussie: Ja, ich bin verheiratet und ich habe zwei Töchter. Wenn man eine gute Ausbildung und einen Job hat ist es einfach anders. Die Chance zu heiraten ist größer. Mit einer Ausbildung kann man gegen die Vorurteile angehen und man kann die Vorurteile von nicht behinderten Menschen korrigieren.
Katharina Müllebner: Welche Ereignisse in Ihrem Leben haben Sie am Meisten beeinflusst?
Yetnebersh Nigussie: Ja, ich glaube der Zeitpunkt, an dem ich in der siebten Schulstufe in die integrative Schule kam war sehr wichtig. Die Blindenschule hatte kein Angebot nach der sechsten Klasse, deswegen habe ich gewechselt. Das hat mich sehr geprägt.
Bis dahin wusste ich nicht, dass ich anders bin, ich wusste auch nicht, dass meine Fähigkeiten eingeschränkt sind oder von andern hinterfragt werden.
Als ich die integrative Schule begann war ich in einem Klassenzimmer mit 76 Schülern und hatte keine Freunde. In einer Klasse wo vier um einen Tisch gekämpft haben, hatte ich einen Tisch für mich alleine, weil die Kinder mich nicht akzeptierten. Sie wollten nicht mit mir spielen und mit mir lernen.
Das hat mir eine Menge gelehrt und ich habe verstanden, wie andere Menschen über uns Menschen mit Behinderungen denken. Da habe ich für mich gelernt, dass Separatismus und spezielle Institutionen für Menschen mit Behinderungen nicht richtig sind. So sollte man nicht ins Leben starten.
Man verpasst… nein, beide Seiten, behinderte und nicht behinderte Kinder verpassen was. Behinderte Kinder würden es verpassen, inkludiert zu sein und nicht-behinderte Kinder würden es verpassen, etwas über behinderte Kinder zu lernen. Deswegen bin ich auch eine lebenslange Verfechterin von Inklusion.
Katharina Müllebner: Warum wurden Sie eine Behindertenrechtsaktivistin?
Yetnebersh Nigussie: Das ist glaube ich sehr darin begründet, dass ich Erfahrung mit Ausgrenzung habe. Ich könnte niemand anders sein. Ich habe mir gedacht, dass die ganzen Steine, die in meinem Weg lagen, nicht auch Steine in anderer Leute Leben sein sollten.
Ich bin ja auch nicht diejenige, die die ganze Behindertenbewegung gestartet hat. Es gab auch viele Hürden in den Generationen davor.
Menschen mit Behinderungen wurden in der Vergangenheit gesammelt und verbrannt, weil sie nicht gewollt und gebraucht wurden. Behinderte wurden aus Städten verstoßen, damit man sie nicht sieht.
Die Aktivisten für Rechte von behinderten Menschen, die vor mir da waren, hatten manche dieser Hürden schon beseitigt. Ich fühle aber, dass wir eine Verantwortung dafür haben, auch weiter Barrieren aus dem Weg zu schaffen und eine barrierefreie Welt für die nächsten Generationen zu schaffen.
Es gibt Menschen mit Behinderungen, es gab schon immer Menschen mit Behinderungen und es wird auch immer Menschen mit Behinderungen geben. Wir müssen also daran arbeiten, dass die Welt für alle ein lebenswerter Ort ist.
Katharina Müllebner: Sie waren sehr jung, als Sie politisch aktiv wurden. Wie haben die Leute darauf reagiert und was waren Ihre größten Erfolge?
Yetnebersh Nigussie: Meine ersten Schritte in den Aktivismus waren im Rahmen einer Band. Ich war die Sängerin und wir sind auf verschiedenen Workshops und Veranstaltungen aufgetreten. Wir wollten Bewusstsein verbreiten.
Ich habe damals erkannt, dass ich Talente habe und diese Talente wollte ich den Leuten zeigen, besonders denen, die dachten, ich hätte keine. Leute haben mich immer nur über meine Blindheit definiert. Leute dachten, dass ich zu nichts tauge, weil ich nicht sehen kann. Sie dachten, dass ich nichts kann, weil ich nicht sehen kann.
Meine größte Errungenschaft in den Jahren meines frühen Aktivismus war die Eröffnung des ‘Centre for the Students with Disabilities’ in der ‘Addis Ababa’ Universität, wo ich auch studiert habe.
Das war ein ganz großes Ding. Bis dahin haben Leute mit Behinderung den nicht-Behinderten nur leidgetan. Endlich gab es eine Organisation die sich um ihre Belange kümmerte. Es war wirklich toll. Unsere Uni war damals über 50 Jahre alt und hatte bis dahin schon tausende behinderter Studenten ausgebildet, aber es gab keine Institution, die sich mit den Problemen und Bedürfnissen dieser behinderten Studenten auseinandergesetzt hatte.
Es war also meine erste große Errungenschaft, so eine Struktur in der Uni zu verankern. Danach habe ich das ‘Ethiopian Centre for Disability and Development’ mitbegründet. Dieses Zentrum gibt es auch immer noch und beschäftigt sich mit Behinderung und Entwicklung in Äthiopien. Das Zentrum ist nun auch ein Partner von ‘Licht für die Welt’.
Ich denke das war eine große Leistung, weil vor diesem Zentrum die Leute Behinderung und Entwicklung immer in zwei verschiedene Hüte gepackt haben. Das Zentrum versucht diese beiden Felder zusammenzubringen. Wir versuchen den Personen beizubringen, wie sie Entwicklung vorantreiben können und dabei gleichzeitig inklusiv sind. Das Zentrum war für elf Jahre mein Lebensinhalt. In dieser Zeit habe ich sehr viel Fortschritt beobachtet wie Organisationen es geschafft haben, barrierefreier und inklusiver zu werden.
Das ist also ein weiteres Highlight meiner Laufbahn.
Katharina Müllebner: Haben Sie Vorbilder oder Menschen, die Sie inspirieren?
Yetnebersh Nigussie: Ich habe jede Menge Vorbilder. Als ich jung war – ich wuchs in einer katholischen Schule auf – wurde ich sehr durch die Arbeit von Mutter Teresa geprägt. Ich fühlte mich ihr verbunden in ihrem Streben, vorher unsichtbaren Leuten zu helfen und ihnen ein Sprachrohr zu verschaffen.
Seitdem habe ich immer gegen Unsichtbarkeit angekämpft und habe auch versucht, mich in meiner Gemeinde unverzichtbar zu machen. Ich wollte, dass meine Gemeinde mich braucht. Ich glaube, eines der größten Bedürfnisse des Menschen ist es, gebraucht zu werden. Aber ich bekomme meine Inspiration aus verschiedenen Quellen.
Man lernt im Leben nicht nur von Professoren und bekannten Persönlichkeiten. Die Mütter von behinderten Kindern, in ländlichen Gegenden, haben auch viel Wissen. Diese Mütter wissen sich zu helfen und gehen ihre Probleme an.
Katharina Müllebner: Wie war es auf der Schule oder an der Universität als Frau mit Behinderung?
Yetnebersh Nigussie: Das war nicht einfach. In der Uni zum Beispiel war ich eine der ersten blinden Frauen, die Jura studiert hat. Da gab es viele Klischeevorstellungen über was eine Frau kann und was sie tun soll.
Es gab schon viele blinde Studenten vor mir, die Jura studiert haben, aber das waren immer Männer. Es war also sehr schwer gegen diese Vorurteile anzukommen. Die Jura Fakultät dachte, glaube ich, dass ich das Studium nicht meistern würde. Deswegen bin ich umso glücklicher, dass ich das Studium geschafft habe.
Nun ist es so, dass viele weitere blinde Mädchen an meiner Uni Jura studieren. Aber es war übrigens auch schwierig als nicht-behindertes Mädchen dort Jura zu studieren, weil die Fakultät doch schon eine sehr Männer-dominierte Domäne war.
Viele Leute im Uni System hatten einfach die Scheuklappen auf wenn es um Gleichberechtigung von Frauen ging. Deswegen habe ich die erste ‘Female Student Association’ mitgegründet und war die erste Vorsitzende. Es ist also wirklich eine Herausforderung für Frauen und Mädchen mit Behinderungen auch in der Schule.
Manche Lehrer sind immer noch überrascht, wenn ein Mädchen bessere Ergebnisse erzielt als ein Junge, weil die Einstellung immer noch so ist, dass Jungen besser sind als Mädchen. Die Mädchen sollen zu Hause bleiben und sich mit der Mutter um den Haushalt kümmern oder auf die Geschwister aufpassen.
Katharina Müllebner: Denken Sie, dass sich die Situation in Äthiopien verändert hat seit Ihrer Kindheit?
Yetnebersh Nigussie: Ja, absolut. Es hat sich was verändert. Die Frage ist nur in welchem Ausmaß: Ich hatte bereits erzählt, dass als ich ein Kind war, behinderte Kinder nicht in eine normale Schule gehen durften. Nun haben sich die Gesetze geändert. Jede Schule hat die Pflicht jedes Kind mit Behinderung anzunehmen.
Damals gab es auch keine Gesetze, die behinderten Menschen Rechte am Arbeitsplatz einräumten. Das hat sich auch geändert. Zumindest wenn es um Gesetze geht sind wir wirklich schon sehr viel weitergekommen.
Ich meine, wenn man sich mal umschaut sieht man schon Menschen mit Behinderungen an Unis und in Firmen. Da bewegt sich was. Aber auf der anderen Seite ist es damit nicht getan. Wir haben 17,6 Prozent Menschen mit Behinderungen in Äthiopien. Äthiopien hat eine Einwohnerzahl von 100 Millionen, da sind 17,6 Prozent auf jeden Fall sehr viel mehr Menschen mit Behinderungen, als ich sie an Unis und in Organisationen sehe. Es ist also lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein.
Katharina Müllebner: Nach all dieser Zeit, sehen Sie sich selbst als Vorbild für andere Menschen mit Behinderungen?
Yetnebersh Nigussie: Ja, ich würde schon sagen, dass ich ein Vorbild für Menschen mit Behinderung bin. Das höre ich auch immer wieder in den Medien und auch durch persönliche Feedbacks in Versammlungen.
Es ist ein langer Weg eine wichtige internationale Person zu werden, um gegen Diskriminierung aufgrund der Behinderung vorzugehen. Aber ja, bei Gemeindebesuchen erzählen mir die Eltern von behinderten Kindern wie glücklich sie sind mich zu sehen und sie sagen mir, dass ich ihnen Hoffnung mache, die Hürden im Leben ihrer Kinder überwinden zu können.
Sie denken: Wenn die das geschafft hat, schafft das mein Kind auch. Sie sehen die Gründe hinter einer guten Ausbildung und sie tun deswegen alles, was in ihrer Macht steht um das Leben ihres Kindes zu verbessern.
Katharina Müllebner: Was sind die wichtigsten Ziele die sie für Menschen mit Behinderungen erreichen wollen?
Yetnebersh Nigussie: Ich glaube die wichtigsten Ziele, die in der Zukunft für Menschen mit Behinderungen auf der Agenda stehen sollten, unterscheiden sich nicht von denen nicht-behinderter Menschen.
Ich glaube, dass die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele für Menschen mit Behinderungen sehr interessant sind. Das übergreifende Ziel ist, niemanden zurückzulassen. Ich hoffe, dass dieses Ziel auch für Menschen mit Behinderungen erreicht wird.
Aber wenn es um meine Prioritäten geht, würde ich sagen, dass Inklusion und eine gute Ausbildung die wichtigsten Ziele sind. Man sollte in zukünftige Generationen investieren, indem man sie miteinander spielen, lernen und aufwachsen lässt. Das würde auch den Armutszyklus durchbrechen. Wenn wir das machen, können wir in Zukunft problemlos alle miteinander arbeiten und existieren.
Um es noch mal zusammenzufassen: Ich würde mir wünschen, dass man noch mehr in Einbeziehung und Ausbildung investiert, um eine inklusive Gesellschaft heranzuziehen.
Katharina Müllebner: Denken Sie, dass Selbstbestimmt Leben Zentren wichtig sind?
Yetnebersh Nigussie: Ja, ich glaube dases wichtig ist, für ein unabhängiges Leben zu plädieren. Das Konzept von selbstbestimmten Leben in Europa ist sehr anders als in Äthiopien, weil es in Äthiopien und in vielen anderen Ländern einfach nicht viele Heime gibt. Die Leute werden im Haus ‘gehalten’.
Die Frage, die sich also in der südlichen Hemisphäre stellt ist, wie man Menschen mit Behinderungen in die Gemeinde eingliedern kann. Menschen mit Behinderungen sind oft von der Außenwelt abgeschottet und kommen nur selten raus.
Im Gegensatz zu Europa haben Menschen mit Behinderungen in Äthiopien wenige Hilfsmittel und die ganze Versorgungsstruktur ist auch nicht gut. Sie kommen einfach nicht in die Gemeinde. Im Gegenzug dazu Europa, wo einige Regierungen Menschen mit Behinderungen in Heime unterbringen.
Ich glaube, dass selbstständiges Leben und Eingebundenheit in die Gemeinde sehr wichtige Faktoren sind, und dass das die Basis für viele andere Rechte von Menschen mit Behinderungen ist.
Katharina Müllebner: Haben Sie schon Pläne was Sie mit dem Preisgeld machen wollen?
Yetnebersh Nigussie: Also 50 Prozent meines Preisgeldes geht an ‘One Class for All’. Das ist eine Kampagne von ‘Licht für die Welt’ in Äthiopien und in Burkina Faso. Das Geld geht also zugunsten verschiedener Aktivitäten in Äthiopien.
Ich habe auch erwähnt, dass integriertes Lernen mir sehr am Herzen liegt, deswegen wird die andere Hälfte des Geldes genutzt um ein Stipendium für äthiopische Mädchen mit Behinderungen aus ländlichen Gegenden zu schaffen.
Wie Sie vielleicht wissen, leben die meisten behinderten Menschen in Äthiopien in ländlichen Gegenden. Leider ist aber die Unterstützung fast nur in Städten abrufbar. Angebot und Nachfrage sind also in dem Gebiet nicht abgestimmt. Ich möchte mit diesem Stipendium dieses Gefälle verringern.
Ich habe schon erwähnt, dass meine Ausbildung mein Leben verändert hat, deswegen möchte ich die gleiche Möglichkeit anderen behinderten Mädchen auch geben. Aus mir wäre nichts geworden ohne meine Ausbildung in einem integrierten Lernumfeld. Ich möchte also das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist, auch für andere möglich machen.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Das war unser Portrait von Yetnebersh Nigussie, einer starken und unabhängigen Frau und Kämpferin für die Rechte von Menschen mit Behinderungen.
Alle Informationen zu dieser Sendung finden Sie auf unserer Internetseite barrierefrei-aufgerollt.at/sendung8.
Diese Sendereihe ist auf Radio ORANGE 94.0 zu hören.
Redaktion: Martin Ladstätter, Katharina Müllebner und Elisabeth Löffler
Technik: Markus Ladstätter
[Musik barrierefrei aufgerollt] Musik mit Text: barrierefrei aufgerollt – kurz, kompakt und leicht verständlichRadiosendung in Englisch Nachlesen:
Katharina Müllebner: Welcome to our radio show „barrierefrei aufgerollt“ by BIZEPS – Center for independent living.
I am Katharina Müllebner.
Today, we would like to introduce you to Yetnebersh Nigussie, a 35-year-old disability rights advocate and lawyer from Ethiopia.
For a long time, she has been fighting for the rights of people with disabilities. In 2017 she was awarded with the Right Livelihood Award for her ongoing commitment.
Nigussie went blind at the age of five. Her activism started at a very early age. In school, she led the students council. During her time in university she co-founded and led a female students council. Yetnebersh Nigussie also co-founded the Ethiopian National Disability Action Network.
Since 2016 she is working for Vienna-based NGO Light for the World.
In today’s interview, she gives us a brief glimpse at her life and her career.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Please introduce yourself to our listeners. Who are you and where are you from?
Yetnebersh Nigussie: My name is Yetnebersh Nigussie and currently I am working as a Senior Disability Inclusion Advisor in Light for the World. I am originally from Ethiopia, but I work now globally.
Katharina Müllebner: What do you do for a living?
Yetnebersh Nigussie: I am a lawyer with a disability, so I am employed in Light for the World as their Inclusion Advisor, so I do full time advocacy on disability and rights of persons with disabilities.
Katharina Müllebner: What kind of projects are you currently working on?
Yetnebersh Nigussie: I do work on a number of initiatives that Light for the World is supporting, that includes a number of community-based rehabilitation programmes that we run in different developing countries, in more than 17 countries in the world.
I also practice a bit in the implementation of the sustainable development goals, as well as in the implementation of the Convention on the Rights of Persons with Disabilities.
Katharina Müllebner: How do you feel about winning the Right Livelihood Award?
Yetnebersh Nigussie: *laughs* Well, I think it is a great achievement winning the Rights Livelihood Award, because it is also very prestigious and it brings you together with other very prominent laureats, who have done a lot for their community – for the world.
The reason I won it was because of my innovative approach to a call for inclusion, instead of specialised services for persons with disabilities in Ethiopia.
Katharina Müllebner: Is there any support for people with disabilities in Ethiopia?
Yetnebersh Nigussie: Yes, there are a number of supports for people with disabilities in Ethiopia. Most of the support comes from the families, because government does not have a lot of support services for them. So families, mostly bring the service, the support services that people with disabilities need, including if they want to go to work, including if they want to go to school. So families are supposed to provide services.
However, there are also support staff that people with disabilities get more from the community, as their social security system is not very strong in Ethiopia. The government tries to support in some ways, like provision of prostheses and orthopaedics and also free access to schools and so on and so forth.
But most of the support that people with disabilities are getting in Ethiopia are either from the community or from their families.
Katharina Müllebner: What is the current situation of people with disabilities in your home country?
Yetnebersh Nigussie: Well, still people with disabilities lead undignified lives and they are mostly hidden in their houses, not having access to basic services in their community, including education, health, livelihood and so on and so forth.
So yes, there are some encouraging legal reforms happening, including the formulation of policies after the UN Convention on Rights of Persons with Disabilities ratification, but there is still a long way to go to really achieve full and effective inclusion for persons with disabilities.
Katharina Müllebner: For women with disabilities, is it especially difficult to achieve education or to get a job?
Yetnebersh Nigussie: Yes, definitely. Women with disabilities are double discriminated or double disadvantaged in Ethiopia, as well as in quite so many countries, because disability movements mostly are headed by male figures. So women’s disabilities tend to be only very, very low profile. We do not see them becoming leaders.
They also are excluded from the mainstream women’s movement, from the feminism movement, because there is also a misunderstanding there, that women with disabilities should be handled by the disability movement, so they tend to be excluded from both.
And this is not only in my country Ethiopia, but also, if you see globally for example the UN Convention on Rights of Persons with Disabilities Committee has got 18 members out of which only one is a woman. So this reflects the fact that women with disabilities are far, far left behind, both in their disability as well as in the women’s movement, in the feminism movement.
This is also confirmed in the World in Disability Report, where it clearly shows that there are more women with disabilities than men. But access-wise women have quite less access than their male counterparts.
Katharina Müllebner: Can you describe the situation of women with disabilities in Ethiopia?
Yetnebersh Nigussie: In Ethiopia women with disabilities are among those less educated. For example if you talk about education, only four percent of children with disabilities are in school and out of them less than one percent are women or girls with disabilities.
As you know, less education would lead to less access to other services, including health, employment, livelihood, justice etc. so women with disabilities still lead very undignified lives and they don’t often go to school for a number of reasons, including parents becoming overprotective about their girls with disabilities.
But they also in the meantime would witness a lot of violence, as they are not empowered and they do not claim their rights. They get raped by strangers, as well as people in the house, because mostly they remain in the house.
And even in times where violence has been committed against them, access to justice is very far, because they do not have assistant devices. They cannot go to the police station, or even though they could go there, they do not have a sign language interpreter to explain what they really want to say. This and other barriers prevent them from fully enjoying their rights.
Katharina Müllebner: You told us it is very hard for women with disabilities in Ethiopia but you are very well educated. Why are you an exception?
Yetnebersh Nigussie: I would think it was because of the strength of my mother who decided to send me to a special school then, because there were no regular schools taking blind children. So many parents have decided to keep their children in the house, because they do not want to send them very far.
The fact that I was given the opportunity to learn and also the fact that I used that opportunity very well, brought me to the level of success I have today and I believe that that is the secret.
I call education as my liberator in life and it was only through education that I got an independent life.
So it depends on the consciousness of your family and the steps that they take to get you where you should be.
Katharina Müllebner: How did your disability influence your life?
Yetnebersh Nigussie: It totally influenced my life. For example I was born in a rural area, where early marriage was exercised, like girls getting married when you were eleven or ten.
So when I turned blind at the age of five, I was no more wanted to become married, so I was considered unfit for that community. So that brought me out of that community, because I was not needed, I was not fit. And then I got education and through that I became who I am.
In general, all my work, including my advocacy work, is highly influenced by my disability, because I base those arguments, based on the evidence that I have, based on the experience that I face every day, I could say that disability has strongly influenced my life.
Katharina Müllebner: You told us that you were seen as unfit to marry. Are you married now?
Yetnebersh Nigussie: Yes, I am married now and I have two daughters. And it is different when you are educated and when you are employed. You have more chance to marry. You can win the prejudice, you can win the mix, the assumptions that people have about your disability.
Katharina Müllebner: Are there any events in your life that influenced you the most?
Yetnebersh Nigussie: Yes, I could say that the time where I have joined the integrated school in grade seven, as the special schools were unable to take me after that, has influenced me a lot, because until then I never knew that I was different from others. I never knew that my ability was challenged, or my ability was questioned by other people.
So when I joined the integrated school, in a classroom full of 76 students, I had no friends. In a classroom where people fight to share a desk for four students, I was only one desk alone, because really people did not, children did not find this easy and acceptable to play with me and to learn with me.
So that taught me a lot of experiences as to how other people view us persons with disabilities and that’s when I decided that exclusion or special institutions were not really the right places to start life, as you miss out, both miss out, of being included with other children without disabilities and other children without disabilities miss out from being exposed and playing together and growing together with their peers with disabilities.
That led me to remain a life-long inclusion advocate.
Katharina Müllebner: Why did you became a disability rights advocate?
Yetnebersh Nigussie: This I think is mainly because of my own experience of exclusion. I could not be anybody else.
All the barriers I have overcome I thought should not remain barriers also for others, because, you know, we are not the beginners of disability movements.
There were a lot of challenges in the previous days. People with disabilities being put together and being burned in fire. That they are not needed. Or they were kept out of the city, in that way they are not seen by other communities. So other disability activists before us have struggled this and they have somehow overcome some barriers for us to be able to pass and to enjoy what we can.
And I really feel that we have the responsibility of also overcoming more barriers and removing more barriers and creating a barrier-free world for the coming generation with disabilities, because it is very difficult to stop disabilities. It is an evolving concept and it was there when human beings were there and it will continue to live.
So what we have to do is, to work on our world, which is liveable by all.
Katharina Müllebner: You started to be politically active at a very young age. How did people react to this and what were your biggest achievements?
Yetnebersh Nigussie: Well my first modes of activism were through a music band, where I used to sing as a singer to raise awareness in different workshops and events that were organised to raise awareness.
There I recognised that I have talents to show the people and which is against their attitudes that I have no ability, I have no talent to contribute. Rather all they saw was that I am blind and that I cannot do anything, because I cannot see, I cannot do anything.
The biggest achievements, I would say in those days of activism, were mainly the establishment of the Centre for the Students with Disabilities in Addis Ababa University, the university I came from. That was a big thing, because most of the time the issue of disability looks to be more sympathetic. People look to be more sympathetic. But they lack ownership, they lack institutions to handle it, so it was so great in a very old, more than 50 years of university, where they had trained more than thousands of students with disabilities.
There was no single institutions, which was responsible for handling the issues of students with disabilities. So that was the first achievement I would call in terms of having disability formal structure in the university.
Then based on that experience I co-founded the Ethiopian Centre for Disability and Development, which is still serving as a centre for working on disability and development in the country. It is also a partner of Light for the World now.
I think that was a big achievement, because people always put both disability and development in silos, so trying to bring those two big elements together and working on showing development actors how they can become disability inclusive, was something that I devoted my life to for nearly around 11 years. And I have seen a lot of successfully inclusive organisations who have managed both to change their organisations as well as their programmes. So I would call that also as a big achievement.
Katharina Müllebner: Do you have any role models or people in your life that inspire you?
Yetnebersh Nigussie: I have a lot of role models, but I was initially inspired by the work of Mother Teresa, growing up in a special catholic school. I grew up reading and listening more stories about the work of Mother Teresa.
So I always tried to focus on tackling invisibility and I always tried to make sure that I was needed in the community. One of the greatest needs I think is to be needed by somebody else. So I kept on contributing to the community.
But I get my inspiration from a number of sources, including even rural mothers of children with disabilities. You see, yes. You do not only learn from professors and big figures in the country, but you also learn from the striving women, from the poor women in the community. She also has her own wisdom of tackling her problems.
Katharina Müllebner: As a woman with disability, what was it like in school or in university?
Yetnebersh Nigussie: It was not easy. For example in the university I was among the very first females, blind females, who joined the law school. There were already stereotypes about what women should and can do. So for a long time in history in Ethiopia, blind people have been lawyers, but that was a reserved area only for blind males.
So trying to join law school, fighting against the prejudice that blind women cannot go to such a department requiring a lot of effort, was a big thing. So I am happy that I have succeeded to graduate and now more blind women have already joined and graduated in that law school.
Moreover, even for non-disabled girls it was not easy in the university, as the university was highly, again, male-dominated and all the systems were very gender blind, so I succeeded in co-founding the first Female Student Association and served as the first president in Addis Ababa University.
So it is really challenging for the situation for women and girls with disabilities, even in the schools. Teachers even get surprised when girls succeed with better results than boys, because the assumption is that boys are better than girls. And girls are supposed to stay home and take care of their siblings as well as supporting their mothers in house chores.
Katharina Müllebner: Do you think the situation in Ethiopia has changed since your childhood?
Yetnebersh Nigussie: Yes, it has definitely changed, but the question is, is the change to the extent what is needed?
Otherwise for example, when I was a child, as I have told you, no children with disabilities were allowed in regular schools. Now the policy has changed and every school has to take in every child with a disability.
For example during my time there were no laws guaranteeing employment rights for persons with disabilities. Now we have implemented those. At least policy-wise we have a lot of improvements and still there are, you know, you see better numbers of educated persons with disabilities who make it also to a job and to different universities. This is a change.
But compared to the population, we have 17,6 percent of our population have a disability and Ethiopia is a huge country, having around 100 million people. So it is like a drop in the ocean.
Katharina Müllebner: After all this time, do you consider yourself to be a role model for people with disabilities?
Yetnebersh Nigussie: Yes, I do consider myself as a role model for quite so many persons with disabilities and I hear that also through different avenues including media, as well as a number of interactive meetings that I have had.
I think it takes a long way to come all this way and becoming an international figure to alleviate disability based discrimination.
And yes, I confirm that when I do home visits for our community-based rehabilitation programmes, that parents are so excited to see me and then they tell me that I am their hope, for them to overcome all the challenges that their children with disabilities are facing, because they would think that their children with disabilities will be like me if they overcome, or if they educate or if they do whatever they are supposed to do.
Katharina Müllebner: What are the most important goals you want to accomplish for people with disabilities?
Yetnebersh Nigussie: I think the most important goals for persons with disabilities to achieve in future would be the same like the others.
I would think that the 17 sustainable development goals are of interest for persons with disabilities, and because of the overarching principles that they carry, which is leaving no-one behind, I would hope that they would also be achieved for all the persons with disabilities.
But in terms of priority, I would really say that inclusive and quality education would be a great priority, because this is an investment on the future generation to play, learn and grow together and this would also be instrumental in breaking the cycle of poverty.
And a generation which is educated and which has grown together, playing and learning together will not have a problem living together later on, we will not have a problem working together later on.
So I would wish that investing more on inclusive and quality education ensures a future of an inclusive society.
Katharina Müllebner: Do you think it’s important to have centers for independent living?
Yetnebersh Nigussie: No, I think it is important to advocate for independent living and normally the concept of independent living is different in Europe than the one we are talking about in Ethiopia, because in quite so many African countries, including Ethiopia, we do not have a lot of institutions. Rather people are kept in the house.
So the question in the global south becomes about being included in the community. So like they are there in the houses, but they are not out, because there are no facilities in place for them. They do not have assistant devices, they do not have the support services which will take them to the community.
Whereas in Europe, as you know, quite so many of the governments push towards institutions and living arrangements for persons with disabilities.
So I believe independent living and being included in the community are important causes to struggle for and yes, I think that is the base for quite so many other rights to be enjoyed by persons with disabilities.
Katharina Müllebner: What are you going to do with the prize money of the Right Livelihood Award?
Yetnebersh Nigussie: Yes, 50 percent of my award money will be used to support the ‘One Class for All’ campaign that Light for the World is holding in Ethiopia and in Burkina Faso. That will be used for some activities in Ethiopia. As I have told you inclusive education is very close to my heart.
And the remaining 50 percent will be going to establish a scholarship for girls with disabilities, coming from rural areas in Ethiopia. As repeatedly said, education was my turning point in life and as a girl with disability I would not have been anybody, had I not been educated, so I want to offer the best thing which has happened to me in life, which is inclusive education to other people also.
So I will be using the money, the other money also, to establish a scholarship for girls with disabilities coming from rural areas. As you know most of disabled persons in Ethiopia live in the rural areas, but services are mostly saturated in urban areas.
So there is a mismatch between the demand and the supply, so I really want to bridge the gap between this supply and demand.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: This was our portrait of Yetnebersh Nigussie, a strong and independent woman and a fighter for disability rights.
For further information please visit our website.
This show was broadcasted on Radio ORANGE 94.0
Editors: Martin Ladstätter, Katharina Müllebner, Elisabeth Löffler
Technical Support: Markus Ladstätter
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