80 % der Menschen mit Behinderungen weltweit leben in einem Entwicklungsland.
Menschen mit Behinderungen sind auch in diesem Bereich nicht nur Hilfeempfängerinnen und Hilfeempfänger, sondern sie können sich aktiv einbringen. In der Sendung „Gemeinsam aktiv – Inklusion in der Entwicklungszusammenarbeit“ sprechen wir mit Menschen, die sich auf unterschiedliche Weise in der Entwicklungszusammenarbeit engagieren.
Wie sieht Inklusion in der Entwicklungszusammenarbeit aus? Was kann sie bewirken? Und welche Erfahrungen macht man bei einem Freiwilligeneinsatz?
Die Radiosendung zum Nachhören
Hier kannst Du die ganze Sendung anhören:
Hier findest Du die Sendung zum Nachlesen.
Unsere Interviewpartner
- Johanna Mang, Geschäftsführerin von Licht für die Welt
- Sofia Martinsson, Leiterin des Projekts „inklusive Freiwilligeneinsätze“ bei WeltWegWeiser
- Barbara Eglitis, Mitarbeiterin beim Verein grenzenlos
- Erwin Buchberger, Freiwilliger mit Auslandseinsatzerfahrung
Sendung im Radio hören
Diese Sendung wurde auf Radio ORANGE 94.0 am 5. November 2017 um 10:30 gesendet. Die Sendung konnte auch auf o94.at live gehört werden. Am 19. November 2017 um 10:30 wurde sie auf Radio ORANGE 94.0 wiederholt.
Radiosendung zum Nachlesen:
Katharina Müllebner: Herzlich Willkommen zu der heutigen Sendung von „barrierefrei aufgerollt“ von BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben.
Mein Name ist Katharina Müllebner.
Unsere heutige Sendung hat den Titel „Gemeinsam aktiv – Inklusion in der Entwicklungszusammenarbeit“.
80% der Menschen mit Behinderungen weltweit leben in einem Entwicklungsland. Menschen mit Behinderungen sind auch in diesem Bereich nicht nur Hilfeempfängerinnen und Hilfeempfänger, sondern sie können sich auch aktiv einbringen. In der Sendung „Gemeinsam aktiv – Inklusion in der Entwicklungszusammenarbeit“ wird unter anderem ein Pilotprojekt vorgestellt, bei dem Menschen mit Behinderungen an Freiwilligeneinsätzen in anderen Ländern teilnehmen können.
Wie sieht Inklusion in der Entwicklungszusammenarbeit aus? Was kann sie bewirken? Und welche Erfahrungen macht man bei einem Freiwilligeneinsatz? Diesen Themen widmen wir uns in der heutigen Sendung.
[Überleitungsmusik]„Eine inklusive Welt, in der sich alle Menschen gleichberechtigt einbringen können. Eine Welt, an der wir alle gemeinsam teilhaben können“, das ist das Ziel von Licht für die Welt. In verschiedenen Bereichen wie zum Beispiel Augengesundheit, Armutsbekämpfung und Inklusion in der Bildung setzt sich die Organisation für eine inklusive Gesellschaft ein. Licht für die Welt engagiert sich führend für Inklusion in der Entwicklungszusammenarbeit.
Johanna Mang gibt einen Einblick in die Ziele, Erfolge und Herausforderungen in der Entwicklungszusammenarbeit für Menschen mit Behinderungen.
Was macht Licht für die Welt?
Johanna Mang: Licht für die Welt ist ein Verein, der sich seit über fast nun 30 Jahre für Menschen mit Behinderungen einsetzt und das vor allem in Ländern, die sehr arm sind, im Süden der Erde, beispielsweise Äthiopien, Mosambik, Burkina Faso.
Katharina Müllebner: Was sind Ihre größten Erfolge für Menschen mit Behinderungen?
Johanna Mang: Die größten Erfolge sind, dass wir auf der einen Seite ganz konkrete Projekte haben, zum Beispiel in Äthiopien, wo wir Menschen mit Behinderungen wirklich gut geholfen haben. Ich sage ein Beispiel: Wir arbeiten an über zehn Augenkliniken, wo wir unglaublich viele Graue-Star-Operationen machen und somit Menschen wieder sehen können. Das sind Erfolge, die man immer gleich sieht und wo unglaublich viele Menschen davon, auch in ihrem Alltag, so viel gewinnen können. Ein anderer Erfolg ist, dass wir Projekte haben, wo wir vor allem Kindern mit Behinderungen in den Dörfern helfen, dass wir ihnen ermöglichen, dass sie Rehabilitation haben, dass sie in die Schule gehen können, dass sie auch im jugendlichen Alter eine Ausbildung bekommen, dass sie auf eigenen Beinen stehen können und eben Menschen mit Behinderungen auch ein Ansehen im Dorf haben.
Katharina Müllebner: Die UN-Konvention über die Rechte für Menschen mit Behinderungen gilt auch für den Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen in diesem Bereich?
Johanna Mang: Das ist eine sehr gute Frage, weil – und da haben Sie ganz recht – die UN-Konvention gilt für alle Länder, die es unterschrieben haben, diese Konvention. Und das gilt Entwicklungszusammenarbeit und auch in der Katastrophenhilfe. Und die großen Herausforderungen sind einerseits, dass wir ausreichend sehr spezielle und zielgerichtete Projekte haben für Menschen mit Behinderungen, also, wie ich vorher erwähnt habe, gesundheitlichen Versorgung für Menschen mit Behinderungen oder Rehabilitationsmaßnahmen oder dass es inklusive Schulen gibt, beispielsweise in Afrika. Das sind noch sehr große Herausforderungen. Die zweite Herausforderung ist, wenn wir zum Beispiel daran denken, es wird ein Wasserprojekt gemacht und es geht darum, dass man gleich von Anfang an Menschen mit Behinderungen einbezieht in die Planung – wie kann so ein Projekt sein, in die Umsetzung und dann auch im Laufenden. Das heißt, können Menschen mit Behinderungen wirklich das Wasser erreichen, können sie das Wasser bezahlen, können sie wirklich teilhaben an der Möglichkeit, qualitativ gutes Trinkwasser zu bekommen? Und das ist so eine Herausforderung, dass Menschen mit Behinderungen in Entwicklungsprojekten von Beginn an wirklich einbezogen, mit Bedacht mitgenommen werden, dass man das gemeinsam macht.
Katharina Müllebner: Was kann inklusive Entwicklungszusammenarbeit bewirken?
Johanna Mang: Das bewirkt einen Fortschritt für uns alle, weil wir wissen, dass wenn wir ein paar Leute ausschließen aus dem, wo wir Zukunft gemeinsam bauen, dass das für uns als Gesellschaft und auch in der Wirtschaft schlecht ist, wenn wir Leute ausschließen. Das heißt, inklusive Entwicklungszusammenarbeit heißt, dass wir Möglichkeit wirklich für alle schaffen. Das heißt, Lebensstandard verbessern, Einkommen verbessern, Bildung verbessern. Und das ist hier in Österreich wichtig und das ist auch in allen anderen Ländern wichtig.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: In der Entwicklungszusammenarbeit werden Menschen mit Behinderungen oft nur in einer Empfängerrolle wahrgenommen. Das will ein Pilotprojekt nun ändern. Jugend Eine Welt betreibt die Servicestelle WeltWegWeiser für internationale Freiwilligeneinsätze. Dieses Angebot wird inklusiv gestaltet. Menschen mit Behinderungen können sich so aktiv als Freiwillige in der Entwicklungszusammenarbeit engagieren. Sofia Martinsson leitet das Projekt „Inklusive Freiwilligeneinsätze“. Sie berichtet über den bisherigen Verlauf.
Was macht WeltWegWeiser?
Sofia Martinsson: WeltWegWeiser ist ein Netzwerk, also es ist ein Projekt von Jugend eine Welt. Und Weltwegweiser ist ein Zusammenschluss von mittlerweile 19 Entsendeorganisationen. Und Entsendeorganisationen sind Organisationen, mit denen man ins Ausland gehen kann als Freiwilliger, Freiwillige. Und so sind wir ein Zusammenschluss von Organisationen, aber wir sind auch eine Homepage, weltwegweiser.at, wo sich Menschen, junge Menschen, die sich interessieren dafür, einen Auslandseinsatz zu machen, sich informieren können. Und da geht es uns sehr darum, dass sie sich informieren können über seriöse Angebote. Also die 19 Organisationen, die im Netzwerk dabei sind, die haben sich verpflichtet, gewisse Qualitätsstandards einzuhalten.
Katharina Müllebner: Was wird unter Qualitätsstandards verstanden?
Sofia Martinsson: Die Qualitätsstandards, da geht es darum, dass man nicht nur einfach kurz ins Ausland geht, um in einem Projekt zu helfen, sondern dass man für seinen Auslandsaufenthalt gut vorbereitet wird von der Entsendeorganisation, das heißt, eine gute Vorbereitung, Begleitung und auch Nachbereitung des Einsatzes.
Katharina Müllebner: Wie wird das Pilotprojekt bisher angenommen?
Sofia Martinsson: Also bis jetzt sind wir sehr froh, dass das Pilotprojekt einmal gestartet ist, dass Jugend eine Welt das im Rahmen vom WeltWegWeiser machen darf, finanziert von der ADA, unterstützt. Und wir sind sehr froh, dass wir jetzt zwei Partnerorganisationen mit an Bord haben.
Katharina Müllebner: Was soll das Projekt langfristig bewirken?
Sofia Martinsson: Also das Pilotprojekt soll langfristig bewirken, das ist einmal ein Pilotprojekt, um es in Gang zu bekommen, um die Dinge, die noch nicht da sind, wie inklusive Strukturen, einfach mal wirklich in Gang zu bringen. Auf lange Sicht wollen wir natürlich dann schauen, wie kann Inklusion gemainstreamed werden, also wie kann es ein Teil werden des normalen Alltags von Entsendeorganisationen. Aber am Anfang braucht es halt einfach, wie soll man sagen, so eine richtige, einen Start dafür. Aber für das langfristige Umsetzen wäre es natürlich ein Ziel, dass einfach auch die Entsendung von Menschen mit Behinderungen nichts Merkwürdiges ist, sondern auch dafür, natürlich dass es dafür dann auch auf langfristig die Unterstützung gibt, die es braucht.
Katharina Müllebner: Welche Partnerorganisationen sind schon bei WeltWegWeiser dabei bei inklusiven Freiwilligeneinsätzen?
Sofia Martinsson: Beim Inklusionsprojekt dabei sind die Internationale Freiwilligeneinsatz GmbH der Caritas Österreich und auch der Verein grenzenlos. Die zwei Organisationen sind schon fix dabei und wir haben jetzt auch eine zweite Förderschiene, so quasi ein zweites Modell auch eröffnet, wo wir schon jetzt auch in der Pilotprojektphase das Mainstreamen von Inklusion proben, nämlich, dass es auch Unterstützung gibt für die anderen Partner in dem Netzwerk, die auch Inklusion vielleicht umsetzen wollen, aber sich nicht dafür verpflichten wollen jetzt schon, weil sie so … es gibt einen großen Unterschied zwischen den Organisationen. Es gibt recht große Entsendeorganisationen, die pro Jahr vielleicht zehn, 20 oder 30 entsenden und dann gibt es kleinere Entsendeorganisationen, die pro Jahr vielleicht nur drei oder vier entsenden. Bei denen ist es natürlich schwierig, sich vielleicht sich so zu verpflichten, dass sie jemanden entsenden mit einer Behinderung, aber die grundsätzlich dafür sehr offen sind.
[Überleitungsmusik]
Katharina Müllebner: Der Verein grenzenlos organisiert Freiwilligeneinsätze und konnte schon viel Erfahrung mit Freiwilligen mit Behinderungen sammeln. genzenlos war die erste Organisation, die beim Pilotprojekt „Inklusive Freiwilligeneinsätze“ mitgemacht hat. Barbara Eglitis, Mitarbeiterin von grenzenlos, berichtet über ihre Erfahrungen mit inklusiven Freiwilligeneinsätzen.
Könnten Sie bitte kurz beschreiben, was grenzenlos ist?
Barbara Eglitis: grenzenlos ist ein Wiener Austauschverein, der schon sehr alt ist, also nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet worden ist und man kann mit uns ins Ausland gehen, ab zwei Wochen bis zu einem Jahr und an einem gemeinnützigen Einsatz teilnehmen. Und wir nehmen auch Freiwillige aus aller Welt bei uns in Österreich auf.
Katharina Müllebner: Was war Ihre Motivation, auch Freiwillige mit Behinderungen zu entsenden?
Barbara Eglitis: Wir machen Einsätze schon sehr lange, vor allem im Rahmen von Erasmus Plus, wo wir eine Kooperation mit Wien Extra haben. Da machen wir Austausch schon sehr lange und unser Ziel war es, das auf die ganze Welt auszuweiten, also dass Freiwillige nicht nur in Europa an einem Projekt teilnehmen können mit einer Behinderung, sondern weltweit.
Katharina Müllebner: Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit inklusiven Freiwilligeneinsätzen gemacht?
Barbara Eglitis: Wir haben in Europa seit circa 15 Jahren, bieten wir inklusive Einsätze an und wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht. Wir haben einerseits Einsätze, wo wir eben Freiwillige mit einer Körperbehinderung vor allem ins Ausland verschicken und auch bei uns im Büro aufnehmen und wir sehen, dass zum Beispiel durch so einen Auslandseinsatz das Selbstbewusstsein steigt. Und das ist, glaube ich, eine gute Basis, dass man nach so einem Einsatz eine Ausbildung beginnt oder vielleicht sogar einen Job findet. Und auf der anderen Seite machen wir auch sogenannte Mixed-Ability-Projekte, wo wir versuchen, Freiwillige mit einer Behinderung zusammenzubringen mit Freiwilligen ohne Behinderung, weil wir einfach sehen, dass das ein realer Kontext ist.
Katharina Müllebner: Was war der Beweggrund, beim Pilotprojekt mitzumachen?
Barbara Eglitis: Der Beweggrund war der, dass wir eben in Europa schon viele Einsätze gemacht haben und Freiwillige begleitet haben und dass wir einfach wollten, dass das weltweit möglich ist. Wir haben zum Beispiel eine Partnerorganisation in Honduras, die uns dann rückgemeldet hat, dass sie eigentlich nur auf so eine Anfrage gewartet haben, dass sie das immer schon machen wollten und das fanden wir einen schönen Anlassgrund. Für uns war es wichtig, dass wir unsere Programme generell inklusiv gestalten und nicht nur in den Europa-Programmen inklusiv arbeiten.
Katharina Müllebner: Was war bisher Ihr größter Erfolg?
Barbara Eglitis: Boah, größter Erfolg ist schwierig. Es sind die vielen kleinen Dinge, die den Erfolg ausmachen. Für mich persönlich war ein sehr großer Erfolg, wir machen auch Trainings, die immer barrierefrei sind, wo Teilnehmer aus aller Welt kommen und zu einem bestimmten Thema arbeiten. Und bei dem letzten Training waren von 20 Teilnehmern fünf Teilnehmer im Rollstuhl, also ein Viertel. Und da haben wir gemerkt, was das für einen Unterschied macht, dass das keine Minderheit ist, dass sich die Freiwilligen oder die Teilnehmer im Rollstuhl einfach ganz anders entfalten konnten. Und was für mich am allerschönsten war, dass vom ersten Tag an auch der Rest der Gruppe sich sehr inklusiv verhalten hat. Das heißt, es war irrsinnig viel Bewusstsein da, auch bei den anderen, okay, da gibt es jemand, der Unterstützung braucht und wir helfen und wir überlassen das nicht nur den Trainern, sondern wir übernehmen das selber. Und das fand ich einfach total schön.
Katharina Müllebner: Was waren Ihre größten Herausforderungen?
Barbara Eglitis: Das ist auch schwierig zu beantworten, weil das sind auch oft viele kleine Herausforderungen, die aber immer schaffbar sind. Was ich glaube, dass wichtig ist, ist, dass man, dass Freiwillige gut wissen, was sie brauchen, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse gut kennen, damit wir auch das richtige Projekt finden und auch den Rahmen so gestalten können, dass das dann einfach passt für einen längeren Aufenthalt.
Katharina Müllebner: Was soll das Pilotprojekt Ihrer Meinung nach bewirken?
Barbara Eglitis: Wir haben so einen Traum, also der wäre, dass es einfach selbstverständlich ist, dass wir nicht die einzigen sind, die inklusive Einsätze anbieten. Das ist im Pilotprojekt schon der Fall. Also es gibt ja auch die Freiwilligeneinsätze, die internationalen, von der Caritas. Schön wäre es, wenn das einfach sehr bekannt werden würde, wenn alle Menschen in Österreich wissen, dass inklusive Einsätze möglich sind und wenn wir, ja, sagen wir, pro Jahr mehr Freiwillige verschicken und mehr Freiwillige dadurch auch Mut fassen und sich so einen Einsatz zutrauen.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Wie ist es in ein fremdes Land zu fahren und dort andere Menschen zu unterstützen? Was sind die Beweggründe, sich als Freiwilliger zu engagieren? Der Wiener Erwin Buchberger ist Rollstuhlfahrer und war mit grenzenlos im Freiwilligeneinsatz. Er schildert seine Erfahrungen.
Wie haben Sie von der Möglichkeit eines freiwilligen Einsatzes erfahren?
Erwin Buchberger: Freunde von mir haben den Freiwilligendienst gemacht und dadurch habe ich davon erfahren und das hat mich sofort interessiert.
Katharina Müllebner: Was waren Ihre Beweggründe und Wünsche?
Erwin Buchberger: Mein größter Wunsch war es, etwas zu erleben. Ich reise sehr gern. Ich mag andere Kulturen. Ich bin mein Leben lang Pfadfinder gewesen und daher sehr abenteuerlustig.
Katharina Müllebner: Hatten Sie Bedenken, ob Sie das schaffen?
Erwin Buchberger: Nein, eigentlich nicht. Bei mir ist das immer eine ganz bewusste Entscheidung. Wenn ich mich für etwas entscheide, dann ziehe ich das auch durch, aber natürlich, man weiß nicht, was auf einen zukommt. Aber ich kann sagen, es lohnt sich.
Katharina Müllebner: Wo waren Sie im Einsatz und wie lange?
Erwin Buchberger: Ich war zwei Monate in Lettland und habe an einer Schule mitgearbeitet.
Katharina Müllebner: Was waren Ihre Aufgaben dort?
Erwin Buchberger: Meine Hauptaufgabe war die Nachmittagsbetreuung der Kinder. Die waren so zwischen sieben und zwölf Jahre alt. Und das ist eine ganz spannende Erfahrung, vor allem, wenn man die Sprache nicht kann. Man muss halt dann mit Händen und Füßen und auch, ich sage immer, auch von Herz zu Herz kommunizieren. Und wenn man sich darauf einlässt, dann funktioniert das erstaunlich gut.
Katharina Müllebner: Was war Ihr größter Erfolg und Ihre größte Herausforderung beim Freiwilligeneinsatz?
Erwin Buchberger: Mein größter Erfolg war, dass ich dann, ich glaube, zwei Jahre später zur Youth-in-Action-Week eingeladen wurde. Da werden die besten, ich glaube, 30 Freiwilligenprogramme geehrt und dann gibt es dann einen Wettbewerb. Ich habe ihn zwar nicht gewonnen, aber es war eine Riesenehre für mich, dort gewesen zu sein und das ist einfach auch die Bestätigung, etwas richtig gemacht zu haben.
Katharina Müllebner: Gibt es etwas, das Sie heute anders machen würden?
Erwin Buchberger: Ja, ich würde mich im Vorfeld besser über das Land informieren und ich würde mich genauer auch über die Barrierefreiheit informieren, weil es einfach schon eine große Herausforderung war. Es war bei Weitem nicht so barrierefrei wie angedacht, mein Freiwilligendienst, und genau, also ich musste auch körperlich sehr aktiv werden.
Katharina Müllebner: Was hat Ihr Freiwilligeneinsatz für Sie persönlich bewirkt?
Erwin Buchberger: Mein Freiwilligendienst hat bewirkt, dass ich jetzt weiß, wie es ist, Ausländer zu sein, also einmal nichts lesen können, einmal nicht kommunizieren können, weil viele Leute haben dort auch nicht Englisch gesprochen. Wie gesagt, man kommuniziert einfach dann von Herz zu Herz und es hat mich einfach stärker gemacht, weil gewisse Dinge machen erfinderisch und ja. Und ich habe auch gemerkt, dass so viel an positiver Energie, an Liebe einfach auch zurückgekommen ist von den Kindern und das stärkt einen Menschen, ja, und das prägt mich auch. Ich erinnere mich bis heute an gewisse Kinder, ja.
Katharina Müllebner: Würden Sie sich wieder auf so ein Abenteuer einlassen?
Erwin Buchberger: Ja. Definitiv.
Katharina Müllebner: Was würden Sie Jugendlichen mit Behinderungen raten, die einen Freiwilligeneinsatz planen?
Erwin Buchberger: Ich würde denen raten, sich gut zu informieren, aber der Hauptrat ist einfach, sich einfach darauf einzulassen und möglichst wenige Erwartungen an sich selbst zu haben, weil es geht auch sehr stark darum, etwas zu erleben und nicht so sehr darum, was war jetzt meine Arbeitsleistung dort, sondern einfach sich einlassen auf die Menschen. Das ist, glaube ich, ein sehr, sehr wesentlicher Faktor.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Freiwilligenarbeit ist ein prägendes und spannendes Erlebnis mit vielen Herausforderungen, aber auch schönen Erfahrungen. Dank des Pilotprojektes „Inklusive Freiwilligeneinsätze“ können jetzt auch Menschen mit Behinderung die Erfahrung machen, wie es ist, in andere Länder zu reisen und sich dort in verschiedenen Projekten zu engagieren. Auch wenn es zwischen den Ländern Unterschiede bei den Sozialsystemen und bei den Möglichkeiten für Menschen mit Behinderungen gibt, haben wir doch überall dieselben Ziele. Das Projekt „Inklusive Freiwiligeneinsätze“ ist der erste Schritt, dass auch Menschen mit Behinderungen ihren Beitrag in der Entwicklungszusammenarbeit leisten können. Freiwilligenarbeit ist eine Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung für alle Beteiligten.
Das war „Gemeinsam aktiv – Inklusion in der Entwicklungszusammenarbeit “ aus der BIZEPS-Sendereihe „barrierefrei aufgerollt“.
Alle Informationen zu dieser Sendung finden Sie auf unserer Internetseite barrierefrei-aufgerollt.at/sendung6.
Diese Sendereihe ist auf Radio ORANGE 94.0 zu hören.
Redaktion: Magdalena Scharl, Martin Ladstätter und Katharina Müllebner
Technik: Markus Ladstätter