In unserer 54. Sendung sind wir mit Christiane Link auf Reisen gegangen. Dieses Mal begleiten wir Andreas Pöschek. Er arbeitet für die ÖBB und liebt es, mit dem Zug zu verreisen. Was für ihn ein spannendes Reiseerlebnis ausmacht, darüber erzählt er in dieser Sendung.
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Interessante Links:
- Beitrag des Magazins Perspektivenwechsel über barrierefreies Reisen
- Andreas Pöschek auf Twitter
- Sendung 14 barrierefrei aufgerollt zum Thema Gastronomie mit Andreas Pöschek
- ÖBB barrierefreies Reisen
Die Sendung im Radio hören
Wien: Auf Radio ORANGE am 6. November 2022 um 10:30 Uhr. Die Sendung kann auch auf o94.at live gehört werden. Die Wiederholung gibt es am 20. November 2022 um 10:30 Uhr.
St. Pölten: Im campus & city Radio am 10.November 2022 um 17 Uhr. Die Sendung kann auf cr944.at live gehört werden.
Graz: Im Radio Helsinki am 18.November 2022 um 17 Uhr. Die Sendung kann auch auf helsinki.at live gehört werden.
Salzburg: Auf Radiofabrik am 14. November 2022 um 18 Uhr. Die Sendung kann auch auf radiofabrik.at live gehört werden.
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Die Radiosendung zum Nachlesen
[Musik mit Text: barrierefrei aufgerollt – kurz, kompakt und leicht verständlich.]
Katharina Müllebner: Herzlich willkommen zu einem neuen Beitrag von barrierefrei aufgerollt, der Radiosendung von BIZEPS; Zentrum für Selbstbestimmtes Leben.
Mein Name ist Katharina Müllebner. In unserer 54. Sendung hat uns die Journalistin, Unternehmerin und Rollstuhlfahrerin Christiane Link an ihren ganz persönlichen Reiseerlebnissen teilhaben lassen. In dieser Sendung gehen wir noch einmal auf Reisen, diesmal mit Andreas Pöschek. Derzeit arbeitet er für die ÖBB.
Nicht nur beruflich spielt die Bahn eine Rolle, auch bei Privatreisen ist die Bahn sein bevorzugtes Verkehrsmittel. Heute nimmt uns Herr Pöschek mit auf sein ganz persönliches Reiseerlebnis.
[Überleitungsmusik]
Herr Pöschek, schön, dass Sie da sind. Wenn ich jetzt die Wörter Reisen und Urlaub sage, was fällt Ihnen da spontan ein?
Andreas Pöschek: Vielen Dank für die Einladung, hier sprechen zu können. Zum Reisen, Urlaub, da fällt mir immer Freiheit ein und Länder zu genießen.
Katharina Müllebner: Ich habe gehört, dass Sie gerne mit dem Zug reisen. Was ist das Besondere an diesem Verkehrsmittel?
Andreas Pöschek: Am Zug ist das Besondere, dass man die Distanzen merkt und vor allem auch den Übergang.
Man merkt, wie sich die Landschaften verändern, wie auch die Menschen sich verändern, wenn sie im Zug ein- und aussteigen. Wie sich die Sprache verändert und man bekommt die Distanzen einfach mit. Also da wird schon die Reise selbst, die Fortbewegung, zum Erlebnis.
Katharina Müllebner: Was muss ein Ort haben, damit es Sie dorthin zieht?
Andreas Pöschek: Was muss er haben? Muss interessant sein. Vielleicht etwas anders als zu Hause. Und meistens eine Geschichte sollte er haben.
Katharina Müllebner: Inwiefern eine Geschichte? Können Sie ein bisschen näher darauf eingehen?
Andreas Pöschek: Also meine Reisen plane ich oft so, dass ich etwas lese, ein Buch lese oder sei es etwas Historisches. Und wenn ich dann davon höre oder eben lese, kann es sein, dass es mich dann dort hinzieht und dass ich dann dort hingehen möchte. Genauso wie wenn ich Bilder von irgendetwas sehe, dass ich dann diese Bilder auch etwas näher erfahren möchte.
Katharina Müllebner: Welche Orte haben Sie denn schon besucht?
Andreas Pöschek: Puh, also die Liste wäre jetzt lang. Also ich war sehr viel unterwegs, vor allem mit der Bahn Richtung Asien, also bis nach Korea oder Japan oder aber auch in den hohen Norden, nach Skandinavien oder auch bis nach Frankreich und Irland.
In Afrika war ich auch schon viel unterwegs, also dort auch in der Savanne. Ja, also abgesehen bis auf Amerika und Australien war ich schon ziemlich viel unterwegs.
Katharina Müllebner: Welche von all diesen Reisedestinationen ist Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben?
Andreas Pöschek: Also da gibt es zwei Destinationen. Eine, das war die Mongolei und die andere Destination wäre jetzt ganz aktuell, da war ich vor einem Monat, Norwegen, Skandinavien, insbesondere wegen der Barrierefreiheit beziehungsweise, wie man damit umgeht.
Katharina Müllebner: Dann bleiben wir doch mal in Skandinavien. Können Sie uns ein bisschen die Atmosphäre an diesem Ort beschreiben?
Andreas Pöschek: Ich bin mit dem Zug zuerst über Deutschland, über Hamburg, dann weiter über Dänemark und Kopenhagen, Schweden mit Göteborg und Oslo bis schließlich und endlich nach Bergen.
Das ist eine Stadt, die mitten in den Fjorden in den hohen Bergen,am Meer liegt, gefahren. Die Stimmung oben?
Na ja, wie kann man sie beschreiben? Es ist fast so ähnlich wie Österreich mit hohen Bergen. Es liegt nur am Meer und das Meer geht bis in die Täler hinein. Das heißt, man hat dort hohe Berge wie bei uns, die bis zu 2000 Meter hoch sind an der Küste.
Mit dem Unterschied aber, dass die nicht erst bei 500 Meter oder bei 800 Metern, sowie der Talboden ist, beginnen, sondern eben bei null Meter und entsprechend atemberaubend hoch sind.
Von der Stimmung her sonst, was sehr interessant ist an Skandinavien für uns Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer, dass man zwar schauen muss in gewisser Weise, na ja, komme ich dorthin mit dem Rollstuhl?
Aber dass bei vielen Bauwerken, bei vielen Transportmitteln und so weiter, Rollstühle zur Normalität zählen und nicht groß/ der Besuch oder die Reise geplant werden muss. Also dass ich dort mit einem Zug einfach mitfahre, ist dort Standard. Also da muss man sich nicht großartig anmelden.
Da kommt der Schaffner, legt die Rampe raus. Es ist zwar nicht alles 100 Prozent barrierefrei, dass ich es selbstständig nutzen kann, aber zumindest die Prozesse sind so weit, dass ich nicht großartig, irgendwie bürokratisch anmelden muss.
Ich fahre hin und man hilft mir einfach in den Zug rein und das auch beim Fernverkehrszug. Genauso auch bei den Fähren oder bei den Kreuzfahrtschiffen. Da war das eigentlich nie ein Problem. Genauso auch, wenn ich in ein Lokal wollte. Es stellte sich kaum die Frage, ob ich jetzt mit dem Rollstuhl reinkomme oder ob dort ein behindertengerechtes WC verfügbar ist. Man schaute mich auch komisch an, wenn ich die Frage gestellt habe, weil es das dort sowieso so gut wie, ich sage jetzt einmal in 90 Prozent der Lokale und so weiter, gibt.
Katharina Müllebner: Also haben Sie da den Eindruck, dass die Skandinavier den Österreichern im puncto Barrierefreiheit etwas voraushaben?
Andreas Pöschek: Das auf jeden Fall. Die haben wahrscheinlich den Weg früher begonnen und sind etwas sehr konsequent, also konsequenter als bei uns. Es gibt, was ich so gesehen habe, weniger Kompromisse, sondern es wird einfach umgesetzt.
Katharina Müllebner: Wie sind die Leute in Skandinavien gewesen?
Andreas Pöschek: Das ist relativ unterschiedlich. In Dänemark zum Beispiel oder auch in Schweden, waren die Leute sehr offen, sehr kommunikativ.
Ich habe mich einige Male mit Leuten unterhalten, zu Rezepten und zu Möglichkeiten, wie man was in Schweden kocht und habe da allerlei erfahren und habe da auch Kontakte knüpfen können, weil dann die Personen, die ich gefragt habe, zwar selbst nicht gewusst haben, wie das geht, aber die haben dann ihre Freunde gefragt und am nächsten Tag habe ich dann sogar diese Freunde gesehen und wir haben über das Kochen geredet.
Also war sehr kommunikativ und was jetzt auch den Rollstuhl betrifft, sehr hilfsbereit und freundlich. Sie sind zwar nicht so, dass sie ganz offen sind wie die Italiener und auf einen zugehen und einen jetzt, ich sage mal, niederreden oder mit Händen und Beinen gestikulieren, aber sie sind trotzdem sehr offen und sprechen auch Dinge sehr gezielt an.
Katharina Müllebner: Gab es dort Plätzchen, also einen Ort, den sie besonders schön fanden?
Andreas Pöschek: Da gab es einige. Also sehr schön war zum Beispiel Rosendal. Das ist eine Ortschaft in einem Fjord, wo es eine Senke gibt, wo es ziemlich viele Wiesen gab, auf denen Kühe auch weideten, und das Ganze reichte bis zum Meer runter und man konnte dort mit dem Rollstuhl die Hänge entlangfahren. Ich habe so ein Zuggerät, so einen Swiss-Trac. Da konnte man auf den Berg auch hinauffahren und hat eine tolle Aussicht über den ganzen Fjord, über die ganzen Ortschaften, die dort waren, über die Wiesen.
Es hat mich irgendwie ein wenig an Österreich, an die Täler erinnert mit den Almen und so weiter. Nur, dass das Meer dabei war.
Katharina Müllebner: Und was war Ihr schönstes Reiseerlebnis?
Andreas Pöschek: Schönstes Erlebnis? Da gibt es sehr viele. Aber ein beeindruckendes Erlebnis war in der Mongolei.
Da bin ich mit der Transsibirischen Eisenbahn von China ausgehend bis nach Europa, bis nach Wien gefahren und war dann zwei Wochen noch abseits von der Eisenbahn, habe dort Pause gemacht und bin mit einem Guide und einem Führer, noch eben zwei Wochen durch die Mongolei gefahren und habe einiges besucht.
Und ursprünglich war da eine fixe Route zusammengestellt, die mir ein mongolisches Reisebüro empfohlen hat, was auch entsprechend die Jurten und so weiter, vorgebucht hat. Aber wie wir dann unterwegs waren, sind wir immer mehr, mit dem Guide und auch dem Chauffeur, ins Gespräch gekommen.
Und die haben halt erkannt, was ich gerne mag oder was ich gerne sehe und haben auch ihre eigene Erfahrung gehabt.
Und wir haben dann aufgrund unserer Gespräche oder Ideen die Tour etwas abgeändert und es wurde dann ziemlich persönlich.
Ich war dann auch bei denen bei deren Familien kurz zu Gast, bei deren Jurten und er hat mir spezielle Orte gezeigt, die man so wahrscheinlich normalerweise nicht sehen würde und hat sich darauf ganz eingestellt.
Und was auch sehr beachtlich war, der hat dann auch immer gleich mitgedacht, wie etwas mit dem Rollstuhl gehen würde oder wie man da Alternativen findet oder hat sich drum gekümmert, dass dann auf einmal ein paar Männer vor Ort waren, die mir dann irgendwo darüber geholfen haben.
Katharina Müllebner: Eine kleine Zwischenfrage. Sie haben das Wort Jurte verwendet. Das kennt vielleicht nicht jeder. Was ist eine Jurte?
Andreas Pöschek: Also eine Jurte ist ein ziemlich großes kreisförmiges Zelt, in der bis zu einer Großfamilie wohnen kann. Man muss sich das vorstellen, das ist wie ein Kreis, der eben auf der Seite geschlossen ist und auch oben ein Dach hat.
Das Ganze ist meistens mit Fellen oder mit Leder, also mit Haut, mit Tierhaut eben, belegt. Und im Inneren steht in der Mitte meistens ein gusseiserner großer Ofen, wo Feuer gemacht wird, um zu erwärmen oder um zu kochen.
Und in der Jurte selbst stehen dann im Kreis um diese Feuerstelle oder um den Ofen rundherum, Betten beziehungsweise auch Kisten, andere Möbeleinrichtungen, mit denen eben diese Nomaden dort in der Mongolei wohnen.
Man muss sich das vorstellen, dass die Mongolen Nomaden sind. Die haben große Tierherden, meistens Schafe und Ziegen und Pferde. Und die sind dann immer in einem gewissen Ort, lassen dann dort ihre Tiere weiden und wenn dann auf einmal das ganze Gras dort aufgefressen ist, dann ziehen sie weiter. Beziehungsweise wenn der Winter kommt, ziehen sie in tiefere Lagen.
Wenn der Sommer kommt, sind sie wieder in höhere Lagen. Und dafür nehmen sie eben diese Jurten.
Katharina Müllebner: Es gibt hier so verschiedene Reisetypen. Manche betrachten sich gerne Sehenswürdigkeiten und gehen in Städte, andere liegen am Strand in der Sonne oder lieben die Natur. Zu welchem dieser Typen würden Sie sich zuordnen?
Andreas Pöschek: Also ich bin eher der Abenteuerlustige, der etwas unterwegs erleben will. Am Strand liegen ist auch nett, aber nach einem Vormittag am Strand habe ich genug, sagen wir mal so.
Katharina Müllebner: Wenn man wie Sie eher das Abenteuer sucht. Es gibt ja so Sachen, die man machen kann. Wildwasserfahrt, Elefanten reiten oder kann man solche Dinge oder haben Sie da Erfahrung?
Kann man solche Dinge auch als Rollstuhlfahrer oder Mensch mit Gehbehinderung machen? Was war das Verrückteste in diesen Bereichen, was Sie je gemacht haben?
Andreas Pöschek: Also, Sie sprechen jetzt gerade die Elefanten an. Also, als ich in Indien war, bin ich zum Beispiel auf einem Elefanten geritten. Das ist sicher, wenn man gelähmte Beine hat, eine gewisse Herausforderung, da rauf zu gelangen und darauf, oben zu sitzen.
Man muss halt mit den Leuten dort wieder vor Ort reden. Und meistens helfen die einem, dass irgendwas zustande kommt. Und die freuen sich ja dann auch, wenn man etwas erlebt mit einem.
Katharina Müllebner: Wie sind Sie darauf gekommen auf den Elefanten?
Andreas Pöschek: Boah, das ist schon so lange her, das war 2003. Also ich weiß nur, dass ziemlich viele, also so wie in Indien üblich, da gibt es nicht eine Person, nicht zwei Personen, da ist dann gleich das ganze Dorf dort.
Also ich habe das Gefühl gehabt, das ganze Dorf war dort und jeder hat quasi anpacken wollen oder es besser gewusst und die haben mir irgendwie dann geholfen daraufzukommen. Ich weiß jetzt nicht mehr genau wie. Ich bin dann am Schluss oben am Elefanten gesessen und die Aussicht war ziemlich schön.
Und das war auch ziemlich ein Erlebnis zu spüren, wenn der Elefant geht, wie das Ganze schaukelt und wie dann man gewippt wird. Fast wie beim Reiten, nur etwas größer.
Katharina Müllebner: Wenn Sie jetzt auf Reisen gehen, was sind die Dinge, die nicht fehlen dürfen?
Andreas Pöschek: Also ich möchte schon gerne wissen, wohin es geht und einen gewissen Plan haben. Also gerade, wenn es um das Bahnfahren geht, dann möchte ich die Züge/ mir schon eine Struktur vorgeben, wie ich reise, ich möchte auch vor allem die Informationen schon im Kasten haben.
Wenn ich behinderungsbedingt irgendwie Unterstützung brauche, wo ich da anrufen kann, wie ich das organisieren kann, im Fall des Falles. Ich möchte mir aber auch meine Flexibilität bewahren. Ich lasse mir da Freiräume, ob ich jetzt an dem Tag fahre oder ob ich da noch zwei Tage länger bleibe. Das lasse ich mir gerne frei.
Was wichtig ist, wenn man mit Behinderung reist und auf Unterstützung angewiesen ist, dass man eine Assistenz hat. Ich habe das Glück gehabt, immer solche Assistenz zu haben, deren Interesse auch solche Reisen sind, also dass man da eine entsprechende Assistenz hat, die auch gerne reist.
Also sonst glaube ich, macht es/ Ja, kann das anstrengender werden.
Dann, ja, Ersatzteile für den Rollstuhl sind sehr wichtig. Platte Reifen können überall vorkommen. Wenn das in der Mongolei mitten in der Steppe passiert, ist es blöd, wenn man dann keinen Ersatzschlauch mithat. Etwas zu lesen.
Was ich noch für sehr wichtig halte, dass man sich zu Hause schon erkundigt, wie kann man kommunikativ bleiben? Das heißt, wie kann ich zum Beispiel mein Smartphone dort weiterhin nutzen? Also, kann ich mir SIM Karten, mit denen ich dann günstig in dem Land telefonieren kann, schon von Österreich aus bestellen im Internet oder kriege ich die dann dort vor Ort?
Also dass man keine Überraschungen oder horrende Preise dann dort erlebt. Kommunikation in der heutigen Zeit ist sehr wichtig, auch um sich gegebenenfalls Hilfe zu organisieren oder auch um unabhängig zu sein.
Es kommt sehr auf die Destinationen darauf an, wo man hinfährt, wie man sich dann noch so vorbereitet.
Was noch ein Punkt ist, wenn ich mit Assistenz unterwegs bin und dann einen Mietwagen am Ziel nehmen möchte, wo dann die Assistenz fährt, muss man sich sehr genau erkundigen, ob zum Beispiel das Auto – weil ich miete es ja – ob dann eben meine Assistenz dort fahren darf.
Also es gibt Länder, wo das unterschiedlich ist, wo ich dann für die Assistenz noch zusätzlich eine Versicherung abschließen muss oder wo die Kreditkarte, mit der man das Auto gezahlt hat, auf den Namen der Fahrerin oder des Fahrers, also auf die Assistenz dann, lauten muss.
Und wenn dann dort das notwendig ist und man will das unbedingt machen, dann muss man halt entsprechend für eine Kreditkarte vorsorgen.
Katharina Müllebner: Aus Ihren Schilderungen entnehme ich, dass Sie eher der Typ sind, der eine Reise plant. Oder sind Sie auch spontan?
Andreas Pöschek: Ich bin auch spontan. Aber auch um etwas spontan sein zu können, muss man vorbereitet sein auf Dinge, die eintreten können.
Also Spontaneität ist möglich, wenn man gut vorbereitet ist, sage ich, mit allen Eventualitäten, die eintreten können. Ich kann spontan wo hinfahren und dann entscheiden, ich fahre nicht jetzt weiter, sondern ich fahre jetzt woanders weiter. Oder ich kann auch sagen, so, morgen ist schönes Wetter in Paris. Ich fahre morgen nach Paris.
Trotzdem muss ich bei aller Spontaneität mir vorher zurechtgelegt haben, was brauche ich alles mit, wenn ich da jetzt nach Paris fahre, um dort gut zurechtzukommen? Ich habe nichts davon, wenn ich dann nur mit meiner Handytasche und vielleicht einer Flasche mit einem Getränk losfahre und dann, übertrieben jetzt gesagt, und dann drauf komme, in Paris, na ja, ich bräuchte noch einen Zwischenstecker, um mein Zuggerät zu laden oder ich brauche noch eigentlich irgendeinen Behelf, damit ich die Toiletten dort nutzen kann.
Katharina Müllebner: Stichwort Barrierefreiheit: Was beinhaltet barrierefreies Reisen alles für Sie?
Andreas Pöschek: Barrierefreies Reisen ist/ Der Traum wäre, dass man nicht mehr daran denken muss, immer die Bedürfnisse, die man aufgrund der Behinderung hat, wie zum Beispiel, dass man ebenerdig wo reinkommt oder keine Stufen sind oder aber auch die Räume von Hotels so groß sind, dass man mit einem Rollstuhl sich zumindest umdrehen kann, schon so Standards sind, dass man sich nicht drum kümmern muss.
Leider ist es in vielen Teilen der Welt nicht so oder es gibt viele Länder, die Barrierefreiheit anders definieren. Bei dem einen ist Barrierefreiheit, wenn man schon im Erdgeschoss irgendwo reinkommt und dort zurechtkommt, beim anderen heißt Barrierefreiheit, dass man überall hinkommt.
Wenn man dann trotzdem reisen möchte und das genießen möchte, muss man sich damit zurechtfinden und sich einen eigenen persönlichen Plan machen. Was bedeutet mir Barrierefreiheit? Was bedeutet sie mir persönlich und wie weit kann ich da gehen und wie weit kann ich da individuell vielleicht Kompromisse eingehen oder Irgendetwas adaptieren, weil sonst, praktisch gesagt, kommt man nicht weit.
Katharina Müllebner: Was halten Sie von Reiseangeboten, die sich gezielt an Menschen mit Behinderungen richten?
Andreas Pöschek: Wenn diese entsprechend zertifiziert sind, das heißt, wenn das kontrolliert wurde, dass die wirklich diese Kriterien erfüllen und auch klar ersichtlich sind, was diese Kriterien sind, dann halte ich sehr viel davon.
Weil, da kann man sich verlassen darauf, wenn ich dorthin fahre, in irgendeinen Ort, in einen Club oder einer Kreuzfahrt oder was auch immer, dass das dann so ist für Menschen, die wenig planen wollen, die wenig Aufwand haben wollen und einfach so losfahren wollen, sicher was Tolles.
Das Ding ist, dass halt viele solche Anbieter mitschwimmen in dieser Angebotsvielfalt für die Barrierefreiheit, die zwar Barrierefreiheit extra anbieten, aber für die Barrierefreiheit was ganz anderes bedeutet als wie vielleicht für mich oder jemand anderen. Und deshalb kann das dann ziemlich eine Überraschung werden.
Zum Beispiel ich war in Deutschland, das hat ein Freund von mir gebucht und der wollte mich überraschen. Und der hat extra gebucht bei einem Portal, wo man die Möglichkeit hatte, barrierefreie rollstuhlgerechte Unterkünfte auszuwählen. Und es wurde dann ein kleines Hotel in einer kleinen Stadt und wir kommen dorthin und sehen schon einmal, dass beim Eingang drei Stufen sind.
Und mein Freund hat mir dann über diese drei Stufen zuerst einmal geholfen und wir gehen zur Rezeption. Und schauen halt, wo die Zimmer sind, schauen in das eine Zimmer und stellen dort fest, ja, in dem Zimmer gibt es zwar nette Handläufe und es gibt einen sogenannten Galgen über dem Bett, was ausschaut wie ein Krankenbett, dass man sich aufziehen kann.
Aber das, was wir unter Barrierefreiheit verstehen, ist meilenweit entfernt. Das war eher so irgendwie eine Pflegestation und keine barrierefreie Unterkunft. Und wir reden mit der Rezeptionistin dann.
Und sie sagt, ja, was wir für ein Problem haben, das versteht sie nicht, weil bis jetzt sind immer die Seniorenheime mit Rollstühlen zu Hauf zu ihnen auf Urlaub gekommen und für die war das nie ein Problem, dass da drei Stufen sind oder dass das Klo so klein ist. Die haben sich sogar gefreut, weil dann können sie zumindest nicht umfallen, sondern sich immer an der Wand anhalten.
Für die ist Barrierefreiheit was ganz anderes, weil dort natürlich, wenn die Senioren da unterwegs waren, ein ganzer Tross von Hilfskräften mit war, die die Personen eben über die drei Stufen gezogen haben. Und deshalb muss man da, finde ich, sehr aufpassen, was heißt jetzt diese Reise oder diese Destination? Dieses Ziel ist wirklich barrierefrei oder für Rollstuhlfahrer geeignet.
Katharina Müllebner: Gibt es eigentlich noch – jetzt kommen wir schon langsam zum Ende – gibt es eigentlich noch Reiseziele, die Sie noch gerne machen würden? Wo Sie sagen, da muss ich unbedingt noch hin.
Andreas Pöschek: Also über den großen Teich bin ich noch nicht geflogen. Also in Kanada oder in den USA oder auch Südamerika war ich noch nicht. Das steht mir noch bevor. Das möchte ich auf jeden Fall, zumindest Kanada besuchen. Da habe ich auch einige Verwandte.
Und da würde ich gern eine Rundreise von der Ostküste bis zur Westküste machen. Und was mich sicher auch wieder hinzieht, ist Japan, weil das eben so ein besonderes Land ist.
Katharina Müllebner: Was würden Sie Leuten mit Behinderungen raten, die noch nicht so erfahren sind mit Reisen wie Sie, die sich vielleicht auch nicht so viel trauen? So Reiseeinsteiger. Hätten Sie ein paar Tipps für Reiseeinsteiger?
Andreas Pöschek: Also es gibt viele Menschen mit Behinderungen, die reisen und die von ihren Reisen berichten, so wie wir jetzt darüber reden, berichten die dann in Blogs ziemlich ausführlich, sogar mit den Erfahrungen. Und man kann einmal einsteigen und so was lesen, was die für Herausforderungen gehabt haben oder wie das Reisen so war. Oder wie die angefangen haben zu reisen.
Und Information geht über alles. Also ich bin mit der Transsib 2007 gefahren. Damals gab es in diesen/ Die Transsib ist dieser Zug, der ganz Russland von Moskau bis nach Peking durchquert. Damals gab es nicht wirklich Barrierefreiheit, da gab es gar nichts dort. Also ich bin mit Leuten mitgefahren, die mich unterstützt haben.
Und ich habe dann im Zug drinnen bei meinem Rollstuhl die großen Räder abmontiert und solche Transitrollen darauf gegeben, dass ich überhaupt irgendwie durch den Zug komme, um zur Toilette zu kommen. Und raus aus dem Zug haben mir vier kräftige Menschen dann geholfen.
Aber heute zum Beispiel hat die Transsib sogar einen Hub-Lift und extra große Schlafabteile, Liegeabteile, für RollifahrerInnen oder Menschen mit Behinderung und man erfährt darüber nur, wenn man wirklich im Internet sucht, recherchiert auf den Internetseiten, in dem Fall von den Bahnanbietern geht und sich erkundigt. Also Information und Informationssuche bedeutet sehr viel eben, wenn man sich eine barrierefreie Reise zusammenstellen will.
Katharina Müllebner: Also, Information geht über alles.
Andreas Pöschek: Ja.
Katharina Müllebner: Ein gutes Schlusswort. Ich danke Ihnen für Ihre Reisegeschichte, die vielleicht so manchen anderen zum Reisen inspiriert. Vielen herzlichen Dank.
Andreas Pöschek: Gerne. Hat mich gefreut, hier sein zu dürfen.
[Überleitungsmusik]
Katharina Müllebner: Das waren die persönlichen Reiseerlebnisse von Andreas Pöschek. Reisen ist immer etwas Individuelles.
Jeder Mensch legt auf andere Dinge Wert, wenn es um den perfekten Urlaub geht. Ob es einem um Erholung geht oder die Lust auf Abenteuer. Eine Behinderung ist aber kein Hindernis, um fremde Länder zu erkunden.
Auch wenn die Standards in Sachen Barrierefreiheit unterschiedlich sind, kann man mit viel Kreativität und einer gewissen Bereitschaft für Umwege eine Reise nach den eigenen Bedürfnissen gestalten.
Ich hoffe, die Reiseerfahrungen haben Ihnen ein bisschen ein schönes Fernweh beschert.
Alle Informationen zu dieser Sendung sowie interessante Links zum Thema finden Sie wie immer auf unserer Internetseite www.barrierefrei-aufgerollt.at. Es verabschiedet sich Ihr Redaktionsteam Katharina Müllebner, Markus Ladstätter und Martin Ladstätter.
[Musik mit Text: barrierefrei aufgerollt – kurz, kompakt und leicht verständlich.]
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