In dieser Sendung von barrierefrei aufgerollt beschäftigen wir uns mit dem Thema Reisen. Reisen bedeutet vieles – Urlaub, Spannung, Abenteuer und unvergessliche Erinnerungen.
Unser heutiger Gast – die Journalistin, Unternehmerin und Rollstuhlfahrerin Christiane Link – ist leidenschaftlich gern unterwegs. Was sie schon Aufregendes erlebt hat, welche Länder sie am liebsten bereist und was für sie ein spannendes Urlaubserlebnis ausmacht – darüber und über vieles mehr spricht sie mit uns in dieser Sendung.
Die Radiosendung zum Nachhören
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Interessante Links:
- Internetseite Christiane Link
- China: Barrierefrei Reisen nach Hongkong
- ÖBB-Services für Reisende mit Behinderung
- Flugreisen mit eingeschränkter Mobilität in der EU
- Barrierefreier Urlaub in Österreich
Die Sendung im Radio hören
Wien: Auf Radio ORANGE am 7. August 2022 um 10:30 Uhr. Die Sendung kann auch auf o94.at live gehört werden. Die Wiederholung gibt es am 21. August 2022 um 10:30 Uhr.
St. Pölten: Im campus & city Radio am 11. August 2022 um 17 Uhr. Die Sendung kann auf cr944.at live gehört werden.
Graz: Im Radio Helsinki am 5. August 2022 um 17 Uhr. Die Sendung kann auch auf helsinki.at live gehört werden.
Salzburg: Auf Radiofabrik am 9. August 2022 um 18 Uhr. Die Sendung kann auch auf radiofabrik.at live gehört werden.
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Die Sendung zum Nachlesen
[Musik mit Text: barrierefrei aufgerollt – kurz, kompakt und leicht verständlich.]
Katharina Müllebner: Herzlich willkommen zu einem neuen Beitrag von barrierefrei aufgerollt, der Radiosendung von BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben. Mein Name ist Katharina Müllebener.
Einfach die Koffer packen, den Alltag hinter sich lassen und andere Länder und Kulturen kennenlernen. Viele Menschen packt nicht nur während der Urlaubszeit das Fernweh. Reisen bedeutet Abenteuer, schafft unvergessliche Erinnerungen und kann den Erfahrungshorizont erweitern. Heute haben wir Christiane Link zu Gast. Die Journalistin und Unternehmerin ist nicht nur beruflich viel unterwegs. Die Rollstuhlfahrerin liebt es auch privat zu reisen. Auf barrierefrei aufgerollt nimmt sie uns mit auf ihr ganz persönliches Reiseerlebnis.
Frau Link, schön, dass Sie heute da sind.
Christiane Link: Hallo, ich freue mich auch.
Katharina Müllebner: Nach welchen Kriterien wählen Sie denn die Länder aus, die Sie so bereisen?
Christiane Link: Das ist eine gute Frage. Oft ist es Zufall. Ich bin eben beruflich sehr viel gereist, als Journalistin. Ich habe über Veranstaltungen und Events auf der ganzen Welt berichtet. Meine Reisen in den letzten 20 Jahren waren sehr stark davon geprägt.
Das war jetzt nicht so, dass ich zu Hause saß und gedacht habe, och, ich fahre jetzt mal nach Indien, oder ich fahre mal nach Dubai, oder so, sondern das war sehr, sehr oft, dass das einfach beruflich bedingte Reisen waren. Was toll war, weil ich bin so in Länder gefahren, die jetzt vielleicht nicht gerade ganz oben auf meiner Reiseliste gestanden hätten.
Wenn ich privat verreise, fahre ich sehr gerne in Städte, die ich/ sehr oft Städte. Ich mag Städtereisen sehr gerne und fahre gerne in Städte, die ich entweder noch nicht kenne oder wo ich schon mal war, die ich absolut super fand. Aber ich entdecke sehr gerne neue Städte, neue Länder, bin sehr neugierig auf alles Neue quasi.
Katharina Müllebner: Haben Sie Assistenz dabei, oder?
Christiane Link: Nein, also ich habe keine Assistenz dabei. Ich organisiere meine Reisen so barrierefrei wie möglich, soweit man das kann und brauche auch sonst im Alltag keine Assistenz. Ich bin Rollstuhlfahrerin. Ich kann auch gar nicht gehen. Aber ich brauche eben keine Assistenz, wenn ich ein barrierefreies Umfeld habe.
Katharina Müllebner: Was müssen Sie denn bei der Planung eines Urlaubs beachten?
Christiane Link: Für mich ist es sehr wichtig, wie die Anreise funktioniert. Ich bin jetzt gerade am Überlegen, ob ich nach Berlin fahre. In Großbritannien gibt es weiterhin massiv Personalprobleme an den Flughäfen.
Ich habe/ ich arbeite gerade sehr viel mit der Bahnindustrie zusammen und habe gedacht, ich könnte ja mal die Gelegenheit nutzen und mit Zug nach Berlin fahren, von London aus, und habe das aber dann gestern entschieden, dass ich das nicht mache, weil mir es zu unsicher war, was die Anreise angeht.
Verschiedene Sachen haben sich geändert während COVID. Das war mir/ das ist ein gutes Beispiel dafür, dass ich dann dachte, nein, das ist mir zu unwegsam und nicht barrierefrei genug. Ich will ja auch nicht völlig erschlagen in Berlin ankommen, sondern möchte dann ja eigentlich irgendwie erst die Reise beginnen. Und habe dann/ mich dann doch entschieden wieder althergebracht nach Berlin zu fliegen und nicht mit der Bahn zu fahren. Das hat massiv was mit Barrierefreiheit zu tun.
Muss ich Assistenz buchen? Ist die dann auch da? Dann sind da drei Länder involviert, zwei Zuggesellschaften mindestens. Ich hatte Probleme dann bestimmte Sachen zu recherchieren. Dann habe ich jemanden kontaktiert, von dem ich wusste, dass er sich auskennt. Der hat aber auch gesagt, es kann schon sein, dass dann der Wagen nicht angehängt wird und so. Das sind so/ ich gehe schon Risiken ein, aber wenn ich im Vorhinein schon weiß, es könnte Probleme geben, dann lasse ich es eben. Dann suche ich mir einen anderen Weg, sozusagen. Anreise ist sehr wichtig.
Ich fliege gerne mit Fluggesellschaften, mit denen ich gute Erfahrung gemacht habe und bin auch bereit, dafür etwas mehr zu zahlen, was auch damit zu tun hat, dass ich natürlich Angst habe, dass meinem Rollstuhl was passiert, wenn er verladen wird. Ich arbeite selber mit der Luftfahrtindustrie zusammen. Ich weiß, wie die Abläufe an den Flughäfen sind.
Ich weiß auch, dass da der ein oder andere Euro einen Unterschied macht, ob der Ground handler einen guten, oder nicht so guten Job macht, um es mal so zu sagen. Was eben total schlimm wäre, wäre, wenn mein Rollstuhl kaputt gehen würde auf der Reise. Das ist mir schon ein paar Mal passiert, dass er reparaturbedürftig war. Es war nie Totalschaden – Gottseidank – aber ich möchte das Risiko vermeiden.
Dann, wenn es um die Unterkunft geht, ich brauche eben wirklich ein barrierefreies Hotelzimmer und ein barrierefreies Hotel. Ich möchte da auch überhaupt keine Kompromisse machen. Das habe ich auch noch nie machen müssen, oder gemacht. Ich war wirklich in vielen Ländern. Oft hat das eben/ ist es wirklich eine Frage des Geldes leider, muss man sagen. Wenn man sich ein besseres Hotel leisten kann, ist leider auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass es barrierefrei ist.
Außer es geht um bestimmte Ketten. Ich habe auch sehr gute Erfahrung gemacht mit Hotelketten, die in einer niedrigeren Kategorie sind, aber die zu einer Kette gehören. Ich habe nicht so gute Erfahrung gemacht mit individuell geführten Hotels. Ich weiß, das ist alles so, man soll individuell geführte Hotels unterstützen und so weiter. Meine Erfahrung damit ist, aber leider, dass deren Information leider sehr unzuverlässig ist, und es geht einfach nicht.
Wenn ich alleine reise, dann muss ich mich darauf verlassen können, dass die Information stimmt. Ich muss wissen, was mich erwartet und in was für ein Zimmer ich da komme.
Da gibt es Ketten/ Hotelketten, da sieht jedes Zimmer gleich aus auf der Welt. Das ist dann eben so, aber für mich hat das dann den Vorteil, dass ich weiß, was ich kriege. Ob ich dann/ ich kann ja jetzt/ ob ich dann ein Hotel der Kette in Edinburgh buche, oder in den USA, ist egal, weil das Zimmer sieht fast identisch aus. Für mich hat das einen Riesenvorteil.
Ich weiß auch, wie deren Beschwerdemanagement funktioniert, wenn mal was nicht so toll ist. Diese Sachen, auf die ich mich dann verlassen kann. Der dritte Aspekt ist dann, Nahverkehr, oder Transport insgesamt. Ich nutze sehr gerne öffentliche Verkehrsmittel. Ich bin da so ein bisschen/ das sind einfach meine/ eine meiner Passionen ist. Öffentliche Verkehrsmittel. Ich mag das und finde das auch eine viel umweltfreundlichere Art des Reisens. Aber natürlich müssten die barrierefrei sein.
Ich verwende sehr viel Zeit darauf, herauszukriegen, wie komme ich zum Beispiel vom Flughafen ins Hotel? Gibt es da eine barrierefreie Möglichkeit? Barrierefreier Bus zum Beispiel, oder barrierefreie U-Bahn und was auch immer es da gibt, und recherchiere das auch richtig. Ich kontaktiere auch manchmal Verkehrsunternehmen von den Urlaubsorten und frage, okay, ich komme bei euch dann und dann an und möchte in das und das Hotel.
Wenn ich das nicht online recherchieren kann, oder die keine guten barrierefreie Information haben, frage ich dann eben, okay, wie ist euer Einstieg in den Zug? Habt ihr Rampen an den Bussen? Wie funktioniert das? Das sind so/ das macht es für mich einen perfekten Urlaub aus, also dass ich mich gut auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewegen kann.
Ich habe auch schon Autos gemietet. Ich fahre halt mit Handgas und brauche, wenn ich ein Auto mieten möchte, ein Auto, das eben Handgas hat, das umgebaut ist, dass es nur mit den Händen zu bedienen ist. Das ist immer ein bisschen mit Stress verbunden, weil man nie genau weiß, was man da für Handgas kriegt. Es ist ein fremdes Auto. Manche Handgase sind gut eingebaut. Manche sind so ein bisschen, na ja.
Durch den deutschen TÜV kämen die nicht. Das ist schon so ein bisschen ein Faktor. Ich habe das schon gemacht in der Vergangenheit, aber das ist natürlich auch ein bisschen ein Stresselement dann, wenn man nicht das perfekte Auto hat, aber dann irgendwie auf so einen Road-Trip gehen möchte.
Katharina Müllebner: Kann man als Mensch mit Behinderung eigentlich auch sagen, man fährt spontan irgendwo hin. Sie bieten eine günstige Reise in irgendeine Stadt an. Kann man sagen, ja, ich steige jetzt morgen ins/ in die Bahn oder ins Flugzeug. Muss man immer sehr viel vorplanen?
Christiane Link: Ich bin ein relativ spontaner Mensch, muss ich sagen. Ich habe auch schon große Reisen – nach Hongkong zum Beispiel kann ich mich erinnern – quasi gesagt, wollen wir nicht über Weihnachten noch irgendwo hinfahren? Das war irgendwie eine Woche vor Weihnachten und dann ins Internet geguckt und dann gesehen, in zwei Tagen geht ein Flug nach Hongkong. Okay, dann lass uns doch über Weihnachten nach Hongkong fliegen.
Ich habe auch schon mal, wenn man das jetzt als spontan sehen will. Ich wusste nicht so richtig, was mich in Hongkong erwartet. Aber ich wusste, es ist eine große Stadt. Da fahren britische Doppeldeckerbusse, also schlecht kann es nicht sein, war so ein bisschen meine Einstellung.
Ich sag mal so, man muss nicht alles mega, mega planen, aber es lässt natürlich/ es reduziert so ein bisschen den Stress, wenn man dann da ist. Wenn man eben vorher so ein bisschen weiß, was auf einen zukommt. Aber Hongkong war eine super Reise zum Beispiel, die wir total spontan und wenig im Voraus geplant haben. Man kann das schon.
Was eben wichtig ist, wenn man Flugreisen macht, ist, es ist schon sehr ratsam die Fluggesellschaft darüber zu informieren, dass man eine Assistenz braucht.
Zum einen sichert einen das rechtlich ab. Die EU hat relativ gute Verbraucherschutzrechte für behinderte Passagiere, die allerdings nur voll greifen, wenn man sich 48 Stunden vorher angemeldet hat. Man ist aber auch geschützt, wenn man nicht angemeldet ist.
Aber, wenn man den vollen, guten Schutz haben will und bestimmte Rechte haben will, ist es sehr ratsam, sich 48 Stunden mindestens vorher anzumelden bei der Airline und zu sagen, zum Beispiel, dass man einen Rollstuhl mitbringt, nicht laufen kann, oder dass man blind ist, oder was auch immer.
Aber theoretisch ist es auch möglich, ganz spontan zu reisen und irgendwie/ gerade von großen Flughäfen, jetzt vielleicht nicht gerade von irgendeinem Provinzflughafen. Aber wenn man irgendwie von Wien nach New York spontan morgen fliegen will. Geht das sicher. Das geht schon. Ich denke, es hängt dann auch sehr stark von der/ vom Ziel ab, also, wo möchte man hin.
Ich würde vielleicht nicht gerade spontan in ein costa-ricanisches Bergdorf fahren, ohne zu wissen, wie da die Umgebung ist.
Aber ich würde definitiv, wenn mir morgen jemand sagt, kannst du bitte sofort nach New York fliegen, habe ich damit überhaupt kein Problem, oder kannst du morgen nach Wien fliegen. Ist auch kein Problem.
Das hat nichts damit zu tun, dass ich die Städte kenne, sondern da weiß man einfach, da ist eine Infrastruktur da. Da kann man sich schon irgendwie einrichten.
Ich denke, von so etwas hängt es ab. Für mich wäre eben wichtig, wenn ich jetzt irgendwie sehe, da ist irgendein Last-Minute-Angebot. Urlaub, keine Ahnung auf Lanzarote, würde ich trotzdem das Hotel anrufen und mit denen darüber sprechen, ob sie A) ein barrierefreies Zimmer haben und wie ihr barrierefreies Zimmer aussieht. Ich habe auch schon Hotels gebeten, mir Fotos von einem Zimmer zu schicken. Das ist übrigens ein sehr guter Filter, um zu sehen, wie gut die Hotels wirklich sind, was Kundenfreundlichkeit angeht.
Ein Hotel, das heutzutage nicht in der Lage ist, mal in sein barrierefreies Zimmer zu gehen, ein Foto vom Bad zu machen, per Handy und das zu schicken, die haben/ da zweifele ich daran, dass der Rest des Kundenservice stimmt. Bisher hat das immer jedes Hotel gemacht, das einen halbwegs ordentlichen Kundenservice hat.
Katharina Müllebner: Kommen wir zurück zu dem Thema Verkehrsmittel. Ich habe gehört, dass Sie gerne mit dem Flugzeug reisen. Warum? Was ist das Besondere daran?
Christiane Link: Erst mal mag ich das Gefühl des Fliegens. Das hat mich schon immer fasziniert, schon als ich Kind war. Natürlich, das Fliegen hat den Vorteil, dass man Distanzen überwinden kann, die man vielleicht mit anderen Verkehrsmitteln nicht so überwinden kann.
Wenn ich nach Hongkong will, muss ich fliegen. Das wird mit der Bahn ein bisschen schwierig. Das fand ich toll.
Ich mag einfach auch die Atmosphäre, die auf Flughäfen herrscht. Ich finde das ist eine enorme Kundenfreundlichkeit oft da. Das ändert sich gerade ein bisschen, weil mit COVID ein bisschen Personalmangel auf den Flughäfen ist und so. Muss man sehen, wie sich das jetzt entwickelt, aber in der Vergangenheit war es so, dass viele Menschen, die in der Luftfahrt und Flughäfen, oder auch für Airlines arbeiten, sind sehr in empathische Menschen. Ich glaube, es gibt kaum eine empathischere Berufsgruppe, wie Flugbegleiter/Innen. Ich finde das sehr angenehm, mit Menschen aus dieser Branche zu tun zu haben. Die haben eine enorme Kundenorientierung. Die sind sehr menschenfreundlich einfach.
Die mögen diese Servicekultur. Das war, glaube ich, das, was mich immer fasziniert hat am Fliegen.
Ich hatte, als ich noch in Deutschland gelebt habe, das ist allerdings auch schon jetzt fast 20 Jahre her, massive Probleme mit der Bahn. Ich komme ursprünglich aus dem Süden von Deutschland. Ich habe im Norden von Deutschland studiert und hatte schlicht und einfach jedes Mal Ärger, wenn ich mit der Bahn zwischen meinem Heimatort und meinem/ Hamburg gependelt bin. Ich bin irgendwann auf die Idee gekommen als Studentin, ja dann fliege ich eben.
Und habe dann wirklich als Studentin angefangen, zwischen Frankfurt und Hamburg den Flieger zu nehmen, statt mit der Bahn zu fahren, was heute natürlich unmöglich ist und nicht umweltfreundlich und was auch immer. Aber es war wirklich ein Barrierefreiheitsaspekt.
Ich wurde von der damals eben, Lufthansa respektvoll behandelt, was man von der Deutschen Bahn nicht sagen konnte. Ich hatte jedes Mal Probleme. Ich bin stehen gelassen worden. Die Assistenz war nicht da, wenn ich angekommen bin. Am Ende hat man mich noch für irgendetwas beschuldigt, was ich angeblich falsch gemacht hätte, was gar nicht stimmte. Obwohl damals die Regulierung für den Flugverkehr, die es heute gibt, die gab es damals gar nicht, war trotzdem/ war das Personal trotzdem immer bemüht, mir zu helfen. Ich hatte auch nie ein Problem, dass der Rollstuhl nicht ankam, oder nicht verladen wurde, oder was auch immer.
So bin ich zum Fliegen gekommen und finde das immer noch ein sehr faszinierendes Thema und mag auch wirklich sehr, sehr gerne diese Branche und arbeite auch gerne mit der Branche zusammen.
Katharina Müllebner: Was war das Verrückteste, was Sie in einem Urlaub je gemacht haben?
Christiane Link: Im Urlaub?
Katharina Müllebner: Oder auf Reisen.
Christiane Link: Das Verrückteste, also die verrückteste Reise für mich, war definitiv nach Indien, was ein bisschen damit zu tun hatte, dass ich überhaupt nicht vorbereitet war, weil es eine relativ kurzfristige Dienstreise war und ich auf Indien als Land, was ganz anders ist als alle anderen Länder, in denen ich jemals war, überhaupt nicht vorbereitet war. Und nicht so richtig wusste, was mich dort erwartet hat/ was mich dort erwarten wird.
Und habe, wie soll ich sagen. Da war selbst ich herausgefordert Lösungen zu bestimmten Problemen zu finden. Die barrierefreie Umgebung ging so. Ich habe dann irgendwann/ ich habe auf dem, fast schon Hinflug, oder am Tag davor mir überlegt, was mache ich eigentlich, wenn da nirgendwo eine barrierefreie Toilette ist, zum Beispiel. Das war meine Hauptangst bei dieser Indienreise.
Ich habe dann nur gedacht, okay, dann nehme ich mir/ meine Lösung war damals/ meine Lösungsidee war damals, ich fahre mit dem Taxi an den Flughafen, weil alle Flughäfen haben eine barrierefreie Toilette. Das war meine Idee.
Gott sei Dank hatte ich/ wir hatten auch noch einen Inlandsflug. Ich war in Bangalore und in Neu-Delhi, noch einen Inlandsflug. Mein Hauptproblem mit Indien war, dass die auf Rollstuhlfahrer überhaupt nicht eingestellt waren. Es gibt zwar sehr, sehr viele behinderte Menschen in Indien. Damals war das so. Das ist jetzt aber auch schon 15 Jahre her. Das könnte sich unterdessen geändert haben.
Aber damals war es eben so, dass es zwar sehr viele/ man hat viele behinderte Menschen gesehen, aber die hatten teilweise gar keine Hilfsmittel. Es gab viele behinderte Menschen, die offensichtlich auf dem Boden lagen, oder auf Brettern rutschten. Das war für mich schon ein, wie soll ich sagen, ein nachhaltiges Erlebnis. Die Reise werde ich bis an mein Lebensende nicht vergessen. Ich würde die so auch nicht mehr machen, muss ich ehrlich sagen. Ich würde nach Indien nur noch sehr, sehr gut vorbereitet fahren.
Aber das war in gewisser Weise, denke ich heute, das war eine mutige Reise, aber eigentlich möchte ich gar nicht mutig sein, um zu verreisen. Das war krass.
Es gab auch gar kein Konzept damals in Bangalore auf diesem Inlandsflug, wie man mich überhaupt ins Flugzeug kriegt. Da war/ gab es keine Brücken, die ans Flugzeug angedockt haben, oder so. Das gab es da nicht, sondern sie hatten eben kein Konzept. Es gab auch kein Bordrollstuhl.
Ich bin dann auf die Idee gekommen, dass sie mich die Treppe hochtragen in meinem eigenen Rollstuhl, über die hintere Treppe in die Galley vom Flugzeug, was sie auch gemacht haben, aber dann war ich ja in der Galley und immer noch nicht im Sitz sozusagen. Dann habe ich die gebeten, meine Hinterräder abzunehmen. Ich habe Hinterräder am Rollstuhl, die haben solche Steckachsen, wo man auf einen Knopf drückt, dann zieht man das Rad ab.
Dann sind wir bis so die/ hinter die letzte Reihe gekommen und der Rollstuhl blieb dann im Gang halb stecken, aber Gott sei Dank weit genug vorne, dass ich geschafft habe in die letzte Reihe des Flugzeugs mich umzusetzen. Umzusetzen ist allerdings fast übertrieben. Mich da irgendwie hinzuwuchten, weil wie gesagt, ich kann weder stehen noch gehen. So bin ich ins Flugzeug und habe das Flugzeug auch wieder verlassen.
Aber eigentlich gab es gar kein Konzept. Es war abenteuerlich. Dann haben sie auch noch, nachdem ich dann endlich in der Maschine saß, haben sie festgestellt, dass sie mich in die falsche Maschine gebracht haben.
Aber weil sie nicht wollten, dass ich wieder aussteige, haben sie die Maschine schnell umgelabelt und die flog dann nach Delhi, anstatt, ich glaube, Mumbai. Das waren so Situationen, wo ich dachte, okay, das ist an der Grenze dessen, was man irgendwie machen sollte. Da war selbst ich am Ende. Ich war fix und fertig als ich in Delhi ankam. Dann ging das eben so weiter.
Dann wollte ich mit dem Taxi fahren. Dann wollte der Taxifahrer den Rollstuhl aufs Dach spannen. Das ist Hochrisiko. Auf gar keinen Fall geht der Rollstuhl aufs Dach. Lauter solche Sachen. Es war eben eine krasse Situation nach der anderen. Aber ich bin heil zurückgekommen. Ich fand Indien faszinierend. Das Essen war wahnsinnig gut! Muss ich das noch mal machen? Nein.
Katharina Müllebner: Klingt nach einem komplizierten Reiseerlebnis. Kommen wir zu Ihrem schönsten Reiseerlebnis.
Christiane Link: Oh, da weiß ich gar nicht, was ich wählen soll. Ich fand alle meine USA-Reisen total toll und entspannend. Ich war in, ich weiß nicht, bestimmt 20 Staaten. Ostküste, Westküste, Süden der USA.
Ich war in Mexiko. Ich war/ und habe/ wir haben dort in so einem Waisenhaus gearbeitet für ein paar Tage. Das war so ein Projekt von der Uni, mit der ich einen Austausch gemacht habe. Ich hatte einen tollen Urlaub auf Lanzarote. Auch die letzten/ ja, das war auch so ungefähr vor drei Jahren, total toll, super nettes Hotel auch relativ/ also Lanzarote ist auch relativ barrierefrei, muss ich sagen.
Es gibt sehr viele ältere, vor allem britische Urlauber dort. Die Insel hat sich einfach darauf eingestellt.
Ich liebe Lissabon, wobei Lissabon so ein bisschen hm barrierefrei ist, aber, wenn man sich ein bisschen auskennt. Also auch Lissabon hat sich extrem verbessert in den letzten Jahren. Ich kann dort U-Bahn fahren und kann die Busse nutzen und so weiter, wobei die Busfahrer das nicht so richtig gewohnt sind, aber egal.
Manchmal muss man eben auch einfach sich ein bisschen durchsetzen und sagen, jetzt klapp mal die Rampe aus, oder mach mal. Das geht schon und gut zureden. Oft ist es einfach, dass die das gar nicht gewohnt sind und dann aber am Ende ganz happy sind, dass sie es gemacht haben.
So ganz verschiedene Erlebnisse, die ich hatte. Ich kann mich an keinen Urlaub erinnern, wo ich jetzt denke, oder an irgendeine Reise denke, die war ganz, ganz furchtbar.
Ich hatte nicht so gute Erlebnisse in Singapur. Aber das war nur ein Zwischenstopp. Singapur fand ich von der Kultur her, ein bisschen problematisch. Da fühlte ich mich ständig ignoriert. Die kamen/ es war sehr interessant. Ich weiß nicht/ vielleicht hat es mit dem Umgang mit behinderten Menschen zu tun. Ich weiß es nicht. Ich habe es nicht verstanden.
Aber Hongkong zum Beispiel fand ich total toll. Ich kann mich an keine Reise erinnern, wo ich jetzt sagen würde, oh Gott, das war furchtbar, oder ich bin irgendwo stecken geblieben, oder mir ist etwas ganz Furchtbares passiert, oder so. Überhaupt nicht.
Ich habe hunderte von Reisen gemacht in den letzten 20 Jahren. Ich bin eigentlich immer gut zurückgekommen und habe gesagt, okay, das hat alles okay geklappt. Klar, manchmal mit ein bisschen Nachhilfe und ein bisschen Diskussion und Erklären und was auch immer, aber eigentlich kann ich nicht zurückblicken und kann sagen, eigentlich ist es alles relativ gut gelaufen.
Selbst Sachen, die schief gelaufen sind, also ich hatte es zweimal, dass mein Hinterrad/ dass mein Hinterrad verbogen war, nachdem es aus dem Flieger kam. Einmal auf dem Weg nach Wien übrigens.
Es wurde/ ich habe immer jemanden gefunden, der es repariert hat.
Manchmal braucht man einfach nur jemanden mit einem großen Hammer, der es wieder in die andere Richtung biegt. Dann hält es zumindest bis zum Ende des Urlaubs. Manchmal muss man auch einfach ein bisschen pragmatisch sein. Nicht in Panik verfallen, sondern sehr lösungsorientiert denken und sagen, okay, dann fahre ich jetzt eben mit einem etwas eierigen Rad, aber es fährt eben noch.
Das ist oft meine Einstellung. Geht es noch, oder geht es nicht. Natürlich ist das alles mega ärgerlich und die Airlines machen es einem auch nicht immer einfach, dann sein Geld zurückzukriegen, für die Reparaturen. Absolut ist nicht in Ordnung. Ich verstehe den Ärger auch, aber ich finde man muss eben letztendlich dann gucken, wie man dann es schaffen kann, trotzdem noch eine schöne Reise zu haben, oder zumindest eine, wo man nicht denkt, okay, das war jetzt völlig verloren.
Katharina Müllebner: Zum Abschluss frage ich noch. Sie waren ja schon an so vielen Orten. Gibt es irgendwas, wo Sie noch hinwollen? Wovon Sie noch träumen?
Christiane Link: Ich würde sehr gerne mal nach Japan, weil das einfach, glaube ich, auch noch mal so ein Land ist, das komplett anders ist als alle anderen Länder. Habe ich mir sagen lassen.
Ich würde sehr gerne mal nach Südamerika, weil da war ich noch überhaupt nicht. Ich war in Mittelamerika. Ich war in Nordamerika. Aber ich war noch nie in Südamerika. Das sind so die zwei Orte und als drittes Neuseeland.
Katharina Müllebner: Sie sind jetzt eine sehr erfahrene Reisende. Es gibt ja noch Menschen mit Behinderung, die noch nicht so viel Erfahrung haben und vielleicht auch Ängste haben, was Reisen betrifft. Was würden Sie denen für einen Ratschlag geben?
Christiane Link: Ich würde auf alle Fälle raten, mit was anzufangen, das relativ unproblematisch ist und wo auch andere behinderte Menschen gute Erfahrung mit gemacht haben.
Eine Stadt, von der man weiß, da kommt man relativ gut klar. Also Wien. Ich würde jedem Deutschen empfehlen, fahrt doch mal als erste Reise nach Wien. Wenn Sie fliegen ausprobieren wollen, ist auch Wien keine schlechte Destination, um das zu machen. Ich finde Wien eine relativ barrierefreie Stadt.
Man spricht die gleiche Sprache, wenn man aus Deutschland kommt. Hat auch so seine Vorteile. Einfach mal klein anzufangen und Österreichern würde ich das gleiche raten mit Berlin. Fahrt doch mal nach Berlin. Fangt doch mal mit Berlin an.
London geht auch übrigens. Ich finde, auch London kann man jemanden raten, der noch nicht so lange behindert ist, oder noch nicht so lange reiseerfahren ist. London würde ich auch jedem empfehlen.
Das sind alles so Städte, wo man weiß, da kommt man relativ gut klar. Es gibt eine gewisse, positive Einstellung, was Touristen angeht und so weiter. Die Städte sind auf Touristen eingestellt. Ich denke, ich würde mit solchen Bereichen anfangen.
Wenn man lieber Strandurlaub machen will, dann sollte man sich ein Hotel suchen, wo andere/ also wenn man jetzt zum Beispiel Rollstuhlfahrer ist, wo andere Rollstuhlfahrer schon waren und gute Erfahrung gemacht haben.
Wenn man blind ist, wo andere blinde Menschen waren und die Erfahrung damit haben und gesagt haben, ja, das Personal war hilfsbereit und hat mich da und da hingeführt, oder so etwas. So würde ich erst mal anfangen und dann kann man sich weiter voran arbeiten und sagen, okay, jetzt ist Lissabon vielleicht nicht ganz barrierefrei, aber immer noch machbar.
Wenn man sich ein Hotel in der Nähe zum Beispiel vom Expo-Gelände aussucht, hat man relativ große Bewegungsfreiheit und kann da am Tejo entlang und so weiter. Ich denke, man muss sich selber/ man muss selber das Maß finden, was man irgendwie wagen will. Man muss auch gar nicht abenteuerlustig sein.
Ich war/ ich habe noch keine irgendwie Expedition, oder irgendetwas gemacht. Ich muss auch nicht auf den Kilimandscharo. Das interessiert mich alles überhaupt nicht, sondern man muss eben einfach so seine eigene Portion an Abenteuerlust finden und vor allem Dingen, die Interessen erfüllen, die man selber hat.
Es nutzt auch nichts mir nachzueifern, oder irgendwem anders nachzueifern, sondern einfach zu gucken, was möchte ich gerne machen? Was würde mir Spaß machen? Ich denke, das ist das allerwichtigste. Dann gibt es auch gar keine Grenzen.
Katharina Müllebner: Danke für das tolle und ausführliche Interview.
Christiane Link: Ja, ich danke auch.
[Überleitungsmusik]
Katharina Müllebner: Das waren die persönlichen Reiseerlebnisse von Christiane Link. Sie zeigen, wie schön und abenteuerlich das Reisen mit Rollstuhl sein kann.
Damit Menschen mit Behinderungen barrierefrei auf Reisen gehen können, ist vor allem die Barrierefreiheit von Verkehrsmitteln wie Flugzeug, Bus, oder Bahn wichtig. Auch Hotels und Unterkünfte müssen für Menschen mit Behinderungen problemlos nutzbar sein. Die Schilderungen von Christiane Link zeigen, dass mit Mut und Erfindungsreichtum und Tatendrang auch Reisen abseits der herkömmlichen Tourismusländer möglich ist.
Ich hoffe, auch Sie hat durch die Sendung das Reisefieber gepackt.
Nähere Informationen zu diesem Beitrag finden Sie auf unserer Internetseite www.barrierefrei-aufgerollt.at. Es verabschiedet sich Ihr Redaktionsteam Katharina Müllebner, Markus Ladstätter und Martin Ladstätter.
[Musik mit Text: barrierefrei aufgerollt – kurz, kompakt und leicht verständlich.]
Danke, das ist eine schöne und informative Sendung!
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