In dieser Sendung können Sie mit barrierefrei aufgerollt paralympische Luft schnuppern.
Martin Ladstätter hat die Schwimmer Janina Falk und Andreas Onea interviewt. Sie haben 2021 bei den paralympischen Spielen teilgenommen und können schon auf einige sportliche Erfolge zurückblicken. Im Interview mit Martin Ladstätter sprechen sei nicht nur über Leidenschaft das Schwimmen, sondern auch über ihre Träume für die Zukunft und über Inklusion.
Die Radiosendung zum Nachhören
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Unsere Gäste
Janina Falk hat 2021 das erste Mal bei den Paralympics teilgenommen. Bei der Europameisterschaft 2021 gewann sie bereits zwei Mal Silber und ein Mal Bronze. Bei den paralympischen Spielen 2021 war ihre beste Platzierung der 9. Platz über 200 Meter Lage.
Andreas Onea gewann bei den paralympischen Spielen 2008 Platz 6 über 100 Meter Brust und bei den paralympischen Sommerspielen in London 2012 Platz 4 in der selben Kategorie. 2021 erreichte er Platz 9 über 200 Meter Lage und Platz 10 über 100 Meter Brustschwimmen. Auch ist er als Moderator tätig. Er moderiert das Behindertensportmagazin „Ohne Grenzen“ im ORF.
Interessante Links
- Das Interview mit Janina Falks als Video
- Wikipedia-Eintrag zu den Paralympics
- Janina Falk und Wolfgang Schattauer als Wiener Sportstars 2021 geehrt
- Paralympische Spiele vom 24. August bis 5. September in Tokyo – 24 SportlerInnen aus Österreich kämpfen um Medaillen
- Österreichisches Paralympisches Committee – Eintrag zu Janina Falk
- Österreichisches Paralympisches Committee – Eintrag zu Andreas Onea
- Internetseite von Janina Falk
- Internetseite Homepage von Andreas Onea
- Dem Wiener Rathaus geht ein Licht auf #WeThe15
Die Sendung im Radio hören
Wien: Auf Radio ORANGE am 5. Dezember 2021 um 10:30 Uhr. Die Sendung kann auch auf o94.at live gehört werden. Die Wiederholung gibt es am 19. Dezember 2021 um 10:30 Uhr.
St. Pölten: Im campus & city radio am 9. Dezember 2021 um 17 Uhr. Die Sendung kann auch auf cr944.at live gehört werden.
Graz: Im Radio Helsinki am 17. Dezember 2021 um 17 Uhr. Die Sendung kann auch auf helsinki.at live gehört werden.
Salzburg: Auf radiofabrik am 13. Dezember 2021 um 18 Uhr. Die Sendung kann auch auf radiofabrik.at live gehört werden.
Hier findest Du alle unsere Sendetermine in den verschiedenen Radiosendern.
Die Sendung zum Nachlesen
Katharina Müllebner: Herzlich willkommen zu einer neuen Sendung von barrierefrei aufgerollt, der Sendung von BIZEPS, Zentrum für Selbstbestimmtes Leben. Mein Name ist Katharina Müllebner.
In dieser Sendung nehmen wir Sie mit in die Welt des Profisports. Genauer gesagt geht es um die Paralympischen Spiele. So werden die eigenen Olympischen Spiele für Sportlerinnen und Sportler mit Körperbehinderung genannt.
Bereits 1948 gab es in Aylesbury in England die ersten sportlichen Wettbewerbe für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer. Die sogenannten Stoke Mandeville Games, diese fanden am selben Tag wie die Olympischen Spiele von London statt. Diese Stoke Mandeville Games können quasi als der historische Vorläufer der Paralympics gesehen werden.
In dieser Sendung geht es aber nicht um einen historischen Rückblick, sondern um die Gegenwart. Vom 24. August bis 5. September 2021 fanden in Tokio die Paralympischen Spiele statt. Die Schwimmerin Janina Falk und der Schwimmer Andreas Onea haben daran teilgenommen. Mein Kollege Martin Ladstätter, hat mit den beiden Profisportlern über die Paralympics, ihre persönlichen Ziele, aber auch über Inklusion gesprochen.
[Überleitungsmusik]Für die junge Schwimmerin Janina Falk war es die erste Teilnahme bei den Paralympics. Bei der Europameisterschaft 2021 gewann sie aber bereits zweimal Silber und einmal Bronze.
Ebenfalls 2021 wurde sie für ihre Leistungen im Sport zur Behindertensportlerin des Jahres gekürt. Bei den Paralympischen Spielen 2021 war ihre beste Platzierung der neunte Platz über 200 Meter Lage. Doch diese Erfolge sind für die junge Schwimmerin noch lange nicht genug. Was ihre Pläne für die Zukunft sind, darüber spricht sie mit Martin Ladstätter.
Martin Ladstätter: Wie sind Sie zum Schwimmsport gekommen?
Janina Falk: Ich bin zum Schwimmsport gekommen, da war ich acht. Das war von einer Mutter, von einer Freundin von meiner Mutter, die hat uns das erklärt, dass da ein Schwimmverein ist im Floridsdorf. Da bin ich mal hingekommen, habe schwimmen gelernt und dann bin ich weiter so geschwommen.
Martin Ladstätter: Das war jetzt vor zehn Jahren schon. Was bedeutet Schwimmen für Sie in Ihrem Leben?
Janina Falk: Für mich bedeutet Schwimmen in meinem Leben, dass ich mich frei fühle, dass ich, wenn ich traurig oder wütend bin, dass ich da meine Emotionen rauslasse und dass ich meine Freunde oder für mich, wie meine Familie ist, dass ich sie dort sehe.
Martin Ladstätter: Gibt es irgendeinen Schwimmstil, den Sie bevorzugen?
Janina Falk: Ich bevorzuge Kraul und Delfin.
Martin Ladstätter: Was möchten Sie im Schwimmsport erreichen?
Janina Falk: Ich möchte im Schwimmsport erreichen, dass ich irgendwann einmal, noch nicht in diesem Jahr oder in 2024, dass ich irgendwann mal die Beste der ganzen Welt bin.
Martin Ladstätter: Das klingt nach einem sehr tollen Ziel. Wie war der Moment für Sie, als Sie erfahren haben, dass Sie zu den Paralympischen Spielen dürfen?
Janina Falk: Für mich war das sehr aufregend, weil, wir waren zu zweit und das war für mich das größte Highlight meines Lebens. Ich bin fast vor Freude in der Luft explodiert. Und ja …
Martin Ladstätter: Wie kommt man eigentlich zu den Paralympischen Spielen? Wie wird das entschieden?
Janina Falk: Das wird so entschieden, dass man wie immer schwimmen muss, man muss Limits erreichen. Für jeden Bewerb gibt es Limits, die ausgewählt werden, vom Weltrekord so runtergeschraubt werden.
Und dann heißt es noch lange nicht, dass du zu den Paralympics fährst, weil das wird dann noch irgendwie ausgerechnet. Ich weiß auch nicht ganz genau, wie. Und dann wird so entschieden, wie viele Quotenplätze man hat.
Martin Ladstätter: Sie waren ja bei den Paralympics in Tokio, wie war dort die Stimmung bei den Wettbewerben?
Janina Falk: Die Stimmung war aufregend, obwohl da überhaupt keine Zuschauer waren, war es trotzdem sehr aufregend, weil alle Länder dann trotzdem verdammt voll aufgeregt waren. Dort war es eigentlich sehr aufregend und lebendig alles.
Martin Ladstätter: Und wie war das Leben im Olympischen Dorf mit den anderen Sportlerinnen und Sportlern?
Janina Falk: Das Leben im Olympischen Dorf war sehr schön. Es war sehr groß dort. Es war auch sehr durchgemischt durch alle Länder und es war eigentlich sehr angenehm.
Martin Ladstätter: Hat Sie wer nach Tokio begleitet?
Janina Falk: Ja, mein Vater hat mich nach Tokio begleitet, weil ich nicht alleine fahren konnte.
Martin Ladstätter: Sie haben auch eine Assistenzhündin, durfte die auch mitfahren?
Janina Falk: Sie hätte sicher mitfahren dürfen, aber ich hätte sie nicht mitgenommen, weil zwölf Stunden im Flugzeug hätte ich ihr nicht angetan.
Martin Ladstätter: Sind Sie zufrieden mit Ihrer Leistung in Tokio oder hätten Sie sich mehr erwartet?
Janina Falk: Ich bin zufrieden dafür, dass es meine ersten Paralympischen Spiele waren, aber von den Zeiten her hätte es viel besser gehen können.
Martin Ladstätter: Wie haben Sie sich für Ihre Teilnahme bei den Paralympischen Spielen vorbereitet?
Janina Falk: Ich habe sehr viel trainiert die letzten Jahre, wo der Lockdown war, war für uns das Beste, was uns passieren konnte, da haben wir uns vorbereitet und haben auch sehr viel trainiert in der Südstadt. Das war für uns großartig.
Martin Ladstätter: Wie oft trainieren Sie?
Janina Falk: Ich trainiere sechsmal in der Woche, wenn es geht, und sonst versuche ich auch zweimal am Tag zu gehen, dass ich mehrmals trainiere.
Martin Ladstätter: Sie konnten in Ihrem jungen Leben schon viele Erfolge feiern. Was hilft Ihnen, Ihre Ziele zu erreichen?
Janina Falk: Was meine Ziele mir hilft zu erreichen, sind, erst mal meine Eltern ohne ihren Rückstand würde ich erst gar nicht bei den Paralympics gewesen sein. Dann noch meine Schule. Die sind auch sehr oft hinter mir gestanden, aber am meisten der Ehrgeiz und die Freude dahinter.
Martin Ladstätter: Haben Sie ein Vorbild und wenn ja, wer ist Ihr Vorbild?
Janina Falk: Ich habe mehr als ein Vorbild. Erst einmal der Andreas Onea, dann habe ich noch zwei Vorbilder außerhalb aus Österreich. Das wäre die Jessica Long und die Firth. Das sind beides S14er Schwimmerinnen von den besten der Welt.
Martin Ladstätter: Glauben Sie, dass Sie ein Vorbild für Menschen mit Behinderungen sind?
Janina Falk: Wenn ich ein Vorbild bin, dann hoffe ich sehr, dass ich ein gutes Vorbild für sie bin. Und ich glaube schon.
Martin Ladstätter: Wie leicht ist es für Menschen mit Behinderungen, zu einem Sport Zugang zu finden?
Janina Falk: Es ist nicht so leicht, finde ich, überhaupt in Österreich. Aber wenn man einen Sport findet, der einem gefällt, dann wird es dort auch sehr gut aufgenommen.
Martin Ladstätter: Was sind Ihre Pläne für die Zukunft? Was möchten Sie im Schwimmsport erreichen?
Janina Falk: Meine Pläne für die Zukunft sind, dass ich so erfolgreich bin, so weit erfolgreich bin wie jetzt oder noch erfolgreicher und wenn ich dann irgendwann mal aufhöre mit dem Schwimmsport, dass ich dann einmal vielleicht in die Politik gehe oder Schwimmtrainerin werde und einen Verein eröffne, wo Behinderte und Nichtbehinderte zusammen trainieren und den Sport in Österreich weiter ankurbeln.
Martin Ladstätter: Und was möchten Sie im Schwimmen erreichen?
Janina Falk: Im Schwimmen möchte ich weiterhin versuchen, die Beste der Welt zu werden, die Schnellste und die Erfolgreichste.
Martin Ladstätter: Ich habe gehört, dass Sie jetzt auf die Universität gehen. Wohin gehen Sie da?
Janina Falk. Ich gehe nach Salzburg auf die Universität, sie heißt PH Salzburg.
Martin Ladstätter: Und was studieren Sie dort?
Janina Falk: Da kann man sehr viel studieren an dieser Uni, das ist auch sehr interessant dort. Da kann ich von Pädagogik, Büro und Tourismus mich entscheiden und in jeden Mal reinschauen, was ich machen möchte.
Martin Ladstätter: Wer unterstützt Sie bei der Universität?
Janina Falk: Meine Tutoren, das sind sechs Personen. Alle gehen dort auf die Universität. Dann gibt es auch noch die Veranstalter von BLuE, die das Ganze aufgebaut haben. Die unterstützen da auch sehr.
Martin Ladstätter: Und Sie sind eine Frau mit Lernschwierigkeiten, die auf der Universität studiert, vier Jahre habe ich gehört?
Janina Falk: Ja, das tut man, vier Jahre tut man dort in der Uni sein und dann wirst du dich entscheiden, was du danach tust. Eigentlich ist es dort sehr lebendig.
Martin Ladstätter: Wie anstrengend ist das?
Janina Falk: Jetzt ist es noch nicht so anstrengend, weil jetzt habe ich auch nicht so viele Vorlesungen, vielleicht so drei Vorlesungen, aber ich glaube, wenn ich dann länger dort bin, wird es anstrengender.
Martin Ladstätter: Und können Sie das mit Ihrem Schwimmtraining kombinieren?
Janina Falk: Ich bin sehr flexibel, ich werde das dann so zusammenwürfeln, das Ganze, dass alles sich ausgeht und dass alles auch so super miteinander passt.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Der Schwimmer Andreas Onea kann schon auf viele Erfolge zurückblicken.
Es ist auch nicht seine erste Teilnahme bei den Paralympics gewesen. Bei den Paralympischen Spielen 2008 in Peking erreichte er den sechsten Platz über 100 Meter Brust und bei den Paralympischen Sommerspielen in London 2012 erreichte er den vierten Platz, ebenfalls über 100 Meter Brust.
2021 schafft er es auf Platz 9 über 200 Meter Lagen und Platz 10 über 100 Meter Brustschwimmen. Neben seiner sportlichen Karriere ist Andreas Onea auch als Moderator tätig.
So moderierte er gemeinsam mit Miriam Labus das ORF Behindertensport-Magazin Ohne Grenzen und zu Weihnachten auch das Spendenformat Licht ins Dunkel. Mit Martin Ladstätter spricht er nicht nur über das Schwimmen, sondern auch über das Bild von Menschen mit Behinderungen in den Medien.
Martin Ladstätter: Wann und aus welchem Grund haben Sie mit dem Schwimmen begonnen?
Andreas Onea: Ich habe 1999, ein Jahr nach meinem Autounfall, bei dem ich den linken Arm verloren habe, mit dem Schwimmsport begonnen. Ich war in Klosterneuburg im Weißen Hof auf Reha und Teil der Therapie war dort einfach Sport zu machen.
Und das war ganz wichtig, weil ich ja lernen musste, diesen einarmigen Körper, den ich jetzt hatte, als kleiner siebenjähriger Bursche, also ein Jahr nach dem Unfall, eben lernen musste, meinen einarmigen Körper zu bewegen und dabei eine hohe Lebensqualität zu haben. Und da war der Sport einfach wahnsinnig faszinierend.
Ich war immer schon ein kleiner Junge mit viel Energie und bin immer herumgehüpft und habe versucht, alles irgendwie zu erkunden und zu erklimmen und habe dann verschiedenste Sportarten ausprobiert. Ich hatte immer in der Therapie dann eine Stunde Leichtathletik, Tennis, alle möglichen Sachen, Laufen, Speerwurf erinnere ich mich, dass ich probiert habe und eine Stunde nachher noch schwimmen.
Und das Schwimmen war wahnsinnig faszinierend für mich, weil ich dort andere Menschen mit Behinderung gesehen habe. Und das war im Endeffekt mein erster Kontakt zu anderen Menschen mit Behinderung. Und ich habe gesehen, wie die sich dort wahnsinnig toll schlagen im Wasser, wie die zurechtkommen im Wasser neben mir.
Während ich meine Reha hatte, hat sich Thomas Rosenberger auf die Paralympics in Sydney vorbereitet und hat dort die Silbermedaille über 50 Meter Brust gewonnen. Und als ich das alles mitbekommen habe, hat mich das richtig fasziniert, was im Wasser alles möglich ist und das ist einfach ein Element, das den Menschen trägt und wo man vor allem als Mensch mit Behinderung so gut wie eigenständig von A nach B kommt. Manche schneller, manche langsamer, aber man ist unabhängig. Und das hat mich total fasziniert am Wasser.
Martin Ladstätter: Und wie ist aus der Therapie dann ein Sport geworden?
Andreas Onea: Im Endeffekt komme ich aus einer Familie, die nichts mit Sport am Hut hat, der Leistungssport so fremd ist, wie ich weiß nicht was, als rumänische Einwandererfamilie, hatten wir andere Sorgen, als dass man ein Kind zum Sport schickt.
Aber anscheinend habe ich mich da gar nicht so blöd angestellt und das ist den Therapeuten aufgefallen und die haben gemeint: Da im Weißen Hof oben gibt es auch noch einen Behindertensportverein und ich kann einmal die Woche schwimmen kommen und das macht auch Sinn als Therapie. Das macht auch Sinn für meine Gesundheit.
Und aus einmal die Woche ist und zweimal die Woche geworden. Dann habe ich bei einem nichtbehinderten Verein angefangen, einfach noch öfter schwimmen und mit zwölf war ich dann Staatsmeister in der allgemeinen Klasse, in meiner Behinderungsklasse, und da hat es dann angefangen, wo ich mir dachte: Okay, ich bin jetzt irgendwie der Schnellste in Österreich, was wäre denn möglich, wenn ich wirklich öfter und mehr trainiere. Und so hat sich das dann entwickelt, dass ich immer öfter beim Training war, immer erfolgreicher wurde, die Perspektiven immer besser wurden.
Das hat mich wieder motiviert, noch mehr zu trainieren und noch öfter zum Training zu gehen, bis ich 2016 bei den Paralympics in Peking war.
Dort Sechster wurde mit 16 und dann für mich den Entschluss getroffen habe, dass ich bei der ersten Möglichkeit versuchen möchte, mich als Profi im Sport zu etablieren, weil wenn ich mit vier-, fünfmal die Woche Training Sechster werde, dann möchte ich mit Profitraining eine Medaille bei den Paralympics.
So hat sich das dann entwickelt, diese Entscheidung wirklich bewusst den Profiweg einzuschlagen.
Und das konnte ich dann umsetzen nach der Matura 2010, wo ich dann eben mir ein Umfeld geschaffen habe und geschaut habe, dass ich mich so gut vorbereiten kann wie meine Konkurrenz international, eben mit dem Ziel, eine Paralympics-Medaille zu gewinnen.
Martin Ladstätter: In welchem Stil schwimmen Sie?
Andreas Onea: Ich bin eigentlich Brustschwimmer und eigentlich eher über die langen Distanzen, die gibt es aber leider nicht bei uns bei den Paralympics.
Das heißt, ich muss auf 100 Meter Brust meine Zeiten schwimmen und seit 2016 haben wir auch die 200 Meter Lagen noch ins Programm genommen. Das ist zwar gut, weil ich ein halbwegs guter Brust- und Delfinschwimmer bin, bin nur grottenschlechter Rückenschwimmer und das gehört halt leider auch dazu.
Aber das hat mich gezwungen, ein bisschen aus meiner Komfortzone rauszukommen und im Training wirklich auch Dinge zu machen, die eigentlich überhaupt nicht meins sind, die mir überhaupt nicht liegen und mich darüber zu quälen, das war eine ganz, ganz wichtige Lebensschule.
Martin Ladstätter: Sie sind einer der bekanntesten Schwimmer in Österreich. Bei den Paralympics jetzt in Tokio haben Sie Rang 10 erreicht, weltweit. Woran lag das Ihrer Meinung nach?
Andreas Onea: Ich war Zehnter auf 100 Meter Brust und Neunter auf 200 Meter Lagen. Ja. Mir ist nicht alles aufgegangen. Ich bin nicht gut genug geschwommen. Wir sind für meinen Geschmack zu knapp angereist.
Ich habe mich zwar gut gefühlt vor Ort und ich bin auch gut eingeschwommen und auch die Zeiten davor und so, hat alles gepasst, aber im Wettkampf ist es einfach nicht aufgegangen.
Die Konkurrenz war so arg intensiv, dass ich einen österreichischen Rekord gebraucht hätte im Vorlauf, damit ich mich fürs Finale qualifiziere.
Und das hat halt einfach in der Früh mit der Zeitverschiebung und in Österreich war es 2:00 Uhr in der Nacht, wie wir dort geschwommen sind, das hat einfach nicht zusammengepasst. Ich habe auch die Rennen intensivst analysiert, Video-Analyse betrieben. Ich habe nichts falsch gemacht, ich habe keine Fehler gemacht, aber ich war einfach nicht schnell genug. Das war blöd.
Und das passiert alle paar Jahre leider bei so einem Wettkampf. Schade, dass es bei den Paralympics passiert ist. Aber die Welt dreht sich weiter.
Ich mache mich jetzt nicht fertig. Die Medaille aus Rio nimmt mir keiner mehr weg und ich weiß, was ich noch in mir an Möglichkeiten habe. Und die werde ich auch in den nächsten Monaten und Jahren noch zeigen.
Martin Ladstätter: Sie sind so gut, dass Sie Profisportler sind im Behindertensportbereich. Wie schwierig ist es da Fuß zu fassen? Was muss man mitbringen, um Profisportler zu werden?
Andreas Onea: Also eine Spur Talent schadet sicher nicht, aber man muss auf jeden Fall die Bereitschaft haben, sich zu quälen.
Die Bereitschaft haben, sich tagtäglich ins Becken zu werfen und sich stundenlang wirklich echt auszupowern, im Kreis zu schwimmen. Und das jeden Tag, zweimal am Tag, sechs Tage die Woche.
Also das ist wirklich, bereit zu sein, zu investieren und sich aufzuopfern. Das ist sicher das, was man auf jeden Fall mitbringen muss. Talent allein reicht nicht, wenn man nicht diese Komponente für die harte Arbeit, die notwendig ist, auch mitzubringen bereit ist.
Martin Ladstätter: Warum braucht es eigene sportliche Wettkämpfe für Menschen mit Behinderungen?
Andreas Onea: Gute Frage. Weil unsere Wettkämpfe sehr, sehr umfangreich sind und eine Weltmeisterschaft mit Paras und olympischen Athletinnen und Athleten gemeinsam austragen würde, das würde wahrscheinlich für den Veranstalter, den Rahmen enorm sprengen, weil allein unsere Weltmeisterschaften und Europameisterschaften mit den vielen Kategorien und Klassen, die wir haben, eine Woche dauern würde.
Das wird automatisch alles verdoppelt. Aber natürlich in einer optimalen Welt findet alles zumindest am gleichen Ort statt und man kann das timen, vorher, nachher. Also das wäre sicher wünschenswert.
Da kann man doch sicher Synergien nutzen und heben und auf den Para-Sport auf die Stufe heben, die er sich auf jeden Fall verdient hat. Und da muss die Reise auf jeden Fall hingehen und dort geht sie auch hin.
Und es gibt viele Sportarten, bei denen die Wettkämpfe an den gleichen Ortschaften stattfinden, wo die Weltmeisterschaften am gleichen Ort sind, wo sie nacheinander oder durcheinander stattfinden.
Aber warum es eigene Wettkämpfe braucht, ist einfach, damit Vergleichbarkeit besteht, also damit man Leistungen einschätzen kann und vergleichen kann.
Ich schwimme auch bei Nichtbehinderten mit und war vor einigen Jahren da auch noch relativ gut und vorne mit dabei. Aber man ist dann halt doch weit abgeschlagen.
Somit braucht es da schon auch noch die eigenen Wettkämpfe, um sich mit den Menschen mit ähnlichen Behinderungen, wie einer selbst, vergleichen zu können.
Martin Ladstätter: Die Wiener Schwimmerin Janina Falk hat uns gesagt, dass Sie ein Vorbild für sie sind. Sehen Sie sich als Vorbild für andere?
Andreas Onea: Es ist mir eine große Ehre, dass ich das höre. Es ist auch eine richtige Verantwortung für mich. Ich fühle mich in der Rolle wohl. Ich sehe damit auch, dass ich etwas bewirken kann, dass ich etwas vorantreiben kann.
Ich erinnere mich an ein Erlebnis bei der Weltmeisterschaft 2019 in London, wo nach meinem Vorlauf über 100 Meter Brust ein malaysischer Schwimmer zu mir gekommen ist und komplett begeistert war – er ist dort auch geschwommen, wir sind gegeneinander geschwommen – und komplett begeistert war von dem, wie ich geschwommen bin.
Und ich wollte mich bedanken, habe gesagt, okay, aber da waren jetzt fünf oder sechs Leute schneller, warum er jetzt von mir begeistert ist? Und er hat gemeint, das erste Rennen, das er jemals im Para-Schwimmsport gesehen hat, war das Finale der Paralympics in Peking 2008.
Er hat das auf YouTube mit seinem Vater geschaut und sein Vater hat ihm damals gesagt, James – das ist der Name des jungen Mannes – siehst du den jungen Mann aus Österreich? Dem fehlt genauso wie dir der linke Arm. Und wenn der das kann, dann kannst du das auch. Und das war der Tag, an dem James beschlossen hat, dass er auch Para-Schwimmer werden möchte.
Und elf Jahre später waren wir dann im Vorlauf bei der Weltmeisterschaft gegeneinander im Schwimmen. Und während er mir das erzählt hat, dachte ich wow, was das bewirken kann, was man tut, das von anderen sichtbar ist und dass das Leben von anderen Menschen vielleicht in ganz andere Richtungen lenken kann.
Wenn man eben zum Beispiel James dazu lenkt, dass er jetzt eben Spitzensportler wurde und in Südostasien ein Abillity-Influencer, was Menschen mit Behinderung für die Gesellschaft auch leisten können, wenn man die Rahmenbedingungen zur Verfügung stellt.
Ich sehe das als Verantwortung. Ich höre das gerne. Es gibt mir persönlich auch sehr, sehr viel, wenn ich sehe, dass das, was ich tue, auch wirklich einen Sinn hat und auch wirklich etwas bewegt und eben nicht nur ein stumpfes im Kreis Schwimmen ist, sondern auch wirklich einen Impact haben kann.
Und vor allem für Janina. Also ich erinnere mich an die ersten Wettkämpfe, wo Janina als zehnjähriges, elfjähriges Mädchen dabei war und Fotos haben wollte mit mir und dann mir immer nachgegangen ist im Schwimmbad und jede Bewegung von mir angeschaut hat und imitiert hat und dann versucht hat, meine Technik zu kopieren.
Das ist eine große Ehre. Und wenn ich jetzt sehe, was sie, was aus ihr geworden ist und wie wahnsinnig toll sie schwimmt und welche Leistungen sie bringt und bei der Europameisterschaft hat sie uns alles um die Ohren geschwommen und hat dort drei Medaillen gemacht. Dann ist das einfach faszinierend, diese Entwicklung zu sehen und eine wahnsinnige Freude und eine Ehre, dass sich jetzt die Janina zu meinen Freunden und Team-Kolleginnen zählen kann.
Martin Ladstätter: Haben Sie selbst auch Vorbilder?
Andreas Onea: Ja, ich glaube, dass man von jedem Menschen etwas lernen kann. Deswegen versuche ich, aus jedem Menschen etwas zum Vorbild zu nehmen.
Aber persönlich, meine Eltern, also wie meine Eltern nach unserem Unfall, der katastrophal war, der eigentlich von Tragik her wahnsinnig erschwerend war für unser Leben. Wie sie trotzdem die Hoffnung gehabt haben, dass alles gut wird, wie sie trotzdem nach vorne geschaut haben.
Sie waren beide selber schwer verletzt. Mein Großvater ist verstorben, ich mit einer Behinderung als Einwandererfamilie.
Die Prognosen der Ärzte waren für meinen Vater, der davon abhängig war, dass er mit seiner Muskelkraft in die Arbeit geht und als Arbeiter hackelt und dann zu hören, dass er wahrscheinlich seinen Fuß nicht mehr belasten wird können und das waren alles ganz, ganz düstere Prognosen und sie haben im Endeffekt nie aufgegeben.
Sie haben nie die Hoffnung verloren. Und das Schöne ist, sie haben mich nie anders behandelt, obwohl ich eine Behinderung hatte. Da haben sie diese ganzen Fehler nie gemacht und das schätze ich ihnen sehr, sehr hoch an und meine Eltern sind da wahnsinnige Vorbilder für mich.
Martin Ladstätter: Neben Ihrer erfolgreichen Sportkarriere moderieren Sie seit 2012 auch das ORF Sportmagazin Ohne Grenzen. Erzählen Sie uns bitte etwas zu diesem Format.
Andreas Onea: Es ist ein wahnsinnig faszinierendes Format, das für mich einen ganz besonderen Platz im Herzen hat. Im Endeffekt, soweit ich das weiß, sind wir immer noch, das weltweit einzige Medium, das regelmäßig und vor allem schon so lange über den Behindertensport berichtet.
Es war damals sicher ein Meilenstein, nicht nur medial, sondern auch für unsere Sportart, dass wir diese regelmäßige Fläche bekommen haben, wo wir die Erfolge unserer Sportlerinnen und Sportler, aber auch die Breite zeigen konnten, was es alles gibt im Behindertensport. Der Behindertensport ist so umfangreich und so schön. Und das gehört einfach präsentiert.
Martin Ladstätter: Welchen Einfluss hat Ihrer Meinung nach die Berichterstattung über erfolgreiche Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft?
Andreas Onea: Ich glaube, dass es wichtig ist, aber eben ohne die andere Extreme zu verfallen. Dieses Heroisieren und was jemand trotz Behinderung geschafft hat und das ist, glaube ich, wieder nicht gut, weil es halt aufzeigt, dass also es legt wieder den Fokus voll auf die Behinderung.
Ich glaube, dass die Berichterstattung wichtig ist, dass Sichtbarkeit wichtig ist, dass man aufzeigbar macht, was alles machbar ist, aber eben mit einem gesunden Fokus auf den Menschen, auf die Tat oder auf das geschaffene Selbst, ohne in eine der beiden Extreme zu verfallen. Und das eine ist eben das Heroisierende und das andere ist eben das Darstellen als – wie soll ich das jetzt formulieren – als Menschen, die das notwendig haben, die die Hilfe brauchen.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Wir von barrierefrei aufgerollt wünschen Janina Falk und Andreas Onea alles Gute für ihren weiteren Weg.
Die Paralympischen Spiele sind für Sportlerinnen und Sportler mit Behinderungen auf der ganzen Welt eine Möglichkeit, sich sportlich zu messen. Bei Janina Falk und Andreas Onea haben wir gesehen, dass es viel Leidenschaft und Ehrgeiz braucht, damit man im Sport erfolgreich sein kann. Eine Karriere im Sport kann das Leben eines Menschen verändern.
Durch sportliche Leistungen plötzlich in der Öffentlichkeit zu stehen, bringt zudem eine Menge Verantwortung mit sich.
Das war unser barrierefrei aufgerollt Beitrag zu dem Thema Paralympics. Wie immer finden Sie weitere Informationen auf unserer Internetseite www.barrierefrei-aufgerollt.at.
Es verabschiedet sich Redaktionsteam Katharina Müllebner, Markus und Martin Ladstätter.
[Musik mit Text: barrierefrei aufgerollt – kurz, kompakt und leicht verständlich.]
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