In dieser Sendung von barrierefrei aufgerollt entführen wir Sie in die Welt des Tanzes. Tanzen kann sehr vielfältig sein. Es kann eine Möglichkeit sein andere Menschen kennen zu lernen und Spaß zusammen zu haben, dabei ist es egal ob man im Rollstuhl sitzt oder nicht. Irgendwie tanzen kann jeder.
Die Radiosendung zum Nachhören
Hier kannst du die ganze Sendung anhören:
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Unsere Gäste
Das Schulprojekt Mellow Yellow will Diversität und Inklusion mithilfe des Tanzes an Österreichs Schulen bringen. Die Performancekünstlerin Elisabeth Löffler spricht über das Projekt.
Sabrina Gostner ist Rollstuhltanzsportlerin und im Moment auf Platz 7 der Weltrangliste. Sie spricht darüber was Tanzen als Wettbewerb bedeutet.
Interessante Links
- Inklusives Schulprojekt Mellow Yellow stellt sich vor
- MAD – Verein zur Förderung von Mixed-Abled-Dance & Performance
- Internetseite Weelchairdancers Salzburg
- Beitrag von Regional TV Salzburg über Rollstuhltanz mit Sabrina Gostner und Sanja Vukasinovic
- Artikel „Mein Ziel? Eine WM-Medaille für Österreich“
Die Sendung im Radio hören
Wien: Auf Radio ORANGE am 5. September 2021 um 10:30 Uhr. Die Sendung kann auch auf o94.at live gehört werden. Die Wiederholung gibt es am 19. September 2021 um 10:30 Uhr.
St. Pölten: Im campus & city radio am 9. September 2021 um 17 Uhr. Die Sendung kann auch auf cr944.at live gehört werden.
Graz: Im Radio Helsinki am 24. September 2021 um 16:30 Uhr. Die Sendung kann auch auf helsinki.at live gehört werden.
Salzburg: Auf radiofabrik am 13. September 2021 um 18 Uhr. Die Sendung kann auch auf radiofabrik.at live gehört werden.
Hier findest Du alle unsere Sendetermine in den verschiedenen Radiosendern.
Die Sendung zum Nachlesen
Katharina Müllebner: Herzlich willkommen bei barrierefrei aufgerollt, der Sendung von BIZEPS, Zentrum für Selbstbestimmtes Leben. Mein Name ist Katharina Müllebner.
Eleganz, Anmut, Spaß, Sport, Gemeinsamkeiten finden, den Körper kennenlernen – das sind nur ein paar Begriffe, die mit dem Thema Tanzen verbunden werden können. Man kann allein oder zu zweit tanzen oder auch in der Gruppe tanzen. Man kann das Tanzbein oder die Räder schwingen lassen. Für die einen ist Tanzen ein spaßiges Hobby, für die anderen ein Sport, bei dem es um Wettbewerb und Preise geht. Für wieder andere ist der Tanz eine Methode, um Grenzen zu überwinden.
In dieser Sendung geht es um das Thema Tanzen. wir stellen Ihnen ein Schulprojekt vor, das Diversität und Inklusion durch Freude an gemeinsamer Bewegung und Tanz erreichen will.
Ein weiterer Teil der Sendung beschäftigt sich mit dem Thema Rollstuhl-Tanzsport.
Begleiten Sie uns also beschwingt in die Welt des Tanzes.
Inklusion in der Gesellschaft, dafür kämpfen Selbstbestimmt Leben-Bewegungen auf der ganzen Welt.
Wenn Menschen mit Behinderungen Teil der Gesellschaft sein sollen, ist es wichtig, dass Inklusion schon in der Schule oder im Kindergarten stattfindet. Obwohl Inklusion in den Schulen eine wichtige Forderung der UN-Behindertenrechtskonvention ist, ist diese noch immer nicht flächendeckend umgesetzt.
Das inklusive Schulprojekt MELLOW YELLOW will mit Kunst- und Sportangeboten die Schulen inklusiver machen. Das Projekt wurde von MAD – Verein zur Förderung von Mixed-Abled Dance & Performance – verwirklicht. Professionelle Künstlerinnen und Künstler mit und ohne Behinderungen setzen sich dafür ein, dass das Thema Inklusion Kindern und Jugendlichen auf spielerische Weise nähergebracht wird.
[Überleitungsmusik]Wir begrüßen die Tanz- und Performancekünstlerin Elisabeth Löffler. Elisabeth Löffler ist unter anderem Mitbegründerin von LizArt Productions. Ebenso ist sie Gründungsmitglied der Tanzgruppe Bilderwerfer, eine Tanzgruppe von Künstlerinnen und Künstlern mit und ohne Behinderungen. In dieser Sendung wird sie uns etwas über das Inklusive Schulprojekt MELLOW YELLOW erzählen.
Hallo Elisabeth Löffler!
Elisabeth Löffler: Ja, hallo. Vielen Dank für die Einladung.
Katharina Müllebner: MELLOW YELLOW, der Name was bedeutet denn das?
Elisabeth Löffler: Ja, MELLOW YELLOW heißt eigentlich übersetzt: Mellow ist so was wie weich und sanft und Yellow ist Gelb. Und es ist eigentlich ein Begriff, es geht um das Sehen.
Im Auge gibt es viele Sehnerven, und die in der Mitte, da sind ganz viele Nerven. Und da kann man sozusagen am besten sehen und an der Seite des Auges, also am sogenannten gelben Fleck, da kann man nur Bewegungen sehen. Und deswegen haben wir auch das Wort MELLOW YELLOW genommen, weil wir, wie schon gesagt wurde, mit MELLOW YELLOW in Schulen gehen als Künstlerinnen, als Mixed-Abled Teams.
Das bedeutet, es sind nicht-behinderte und behinderte Tänzerinnen und Tänzer. Wir schauen sozusagen aber an dem Thema Inklusion lustvoll vorbei. Also wir gehen über die Kunst als KünstlerInnen in die Schulen. Gleichzeitig bringen wir das Thema Inklusion mit, indem wir dran vorbeischauen. So wie das der gelbe Fleck im Auge möglich macht. Leicht ist es auch zu erklären: Wenn man in den Sternenhimmel schaut, muss man immer ein bisschen am Stern vorbeisehen, um ihn zu sehen.
Katharina Müllebner: Würden Sie noch einmal genauer auf die Ziele von MELLOW YELLOW eingehen, bitte!
Elisabeth Löffler: Das Ziel von MELLOW YELLOW ist eigentlich, dass bis zum Jahr 2030 100 Mixed-Abled Kunstteams und 100 Mixed-Abled Sportteams in allen Schulen unterrichten. Das ist sozusagen das trockene Wort, das wir halt anwesend sind und wir uns gemeinsam austauschen mit den Kindern.
Katharina Müllebner: Wie läuft denn so ein Projekttag von MELLOW YELLOW an den Schulen ab, können Sie mal das bisschen beschreiben?
Elisabeth Löffler: Ja, so ein Aktionstag beginnt damit, dass das KünstlerInnen Team in die Schulen kommt und mal eine kleine Performance macht, die so bis zu 15 Minuten dauert.
Da schauen die Kinder und meistens auch die Lehrer zu. Und wir erklären gar nicht viel vorher. Und nach diesen ungefähr 15 Minuten gibt es einen Austausch mit den Kindern, was sie jetzt gesehen haben. Und je nachdem, wie alt die Kinder sind, fangen wir dann gleich mit ihnen zu tanzen an. Oder sie fragen mehr.
Ja, und dann ist ein ganz wichtiger Teil, dass wir zusammen Mittag essen. Und in diesem informellen Teil des Mittagessens werden natürlich viele Fragen von den Kindern gestellt oder oft gestellt.
Und nach der Mittagspause gibt es einen sogenannten Workshop Teil. Also da tanzen wir einfach miteinander und sehr oft gibt es am Ende auch eine kleine Performance. Das ist alles freiwillig und sehr auf die Kinder abgestimmt. Und dann ist ja eigentlich ein Schultag zu Ende. Der dauert sozusagen von 9 bis etwa 15/16 Uhr. Was vielleicht auch wichtig ist: Nach vier bis sechs Wochen treffen wir uns noch mal zu einem sogenannten Resonanz Treffen. Das heißt sozusagen, wir fragen die Kinder oder Jugendlichen: Wie war der Tag für euch?
Katharina Müllebner: Wie präsent ist denn das Thema Behinderung im herkömmlichen Schulalltag oder wie präsent sind Menschen mit Behinderungen?
Elisabeth Löffler: Es ist immer dann präsent, wenn es zu einem politischen Thema wird. Grundsätzlich ist es mir nach wie vor viel zu wenig präsent. Jetzt war ja gerade oder ist gerade die ganze NAP-Geschichte und nach wie vor das Thema Inklusion in Schulen sozusagen kurz mal Thema, aber überhaupt nicht umgesetzt. Ja, es ist dann präsent, wenn wir es selbst sehr forcieren und ansprechen. Aber so von selber, habe ich den Eindruck, passiert nach wie vor viel, viel zu wenig.
Katharina Müllebner: Also wie versucht MELLOW YELLOW konkret die Einstellung zum Thema Behinderung in den Schulen zu verbessern?
Elisabeth Löffler: MELLOW YELLOW ist ein Kunstprojekt und die Schule ist sozusagen ein Ort von MELLOW YELLOW, wo wir am meisten Potenzial und Chancen sehen, weil halt Inklusion und Bildung einfach zusammengehört.
Aber wir kommen als Künstler und hoffen halt, dass die Kunst diese Kraft hat, die Inklusion auch so lustvoll und so interessant und so spannend für alle zu machen, dass es alle nur noch haben wollen.
Und MELLOW YELLOW ist sozusagen kein Projekt, sondern will halt strukturell was ändern. Deshalb diese Idee auch mit den Sportteams, weil wir sozusagen auch den Sport mitnehmen wollen und dieses Thema während der Mixed-Abled Teams mit dem Sport erweitern, weil sich auch nicht alle Menschen dauernd nur für Kunst interessieren, also sozusagen in ein weiteres Feld von Inklusion aufzumachen mithilfe von Sport.
Katharina Müllebner: Warum ist Tanz ein Medium, um Inklusion voranzubringen? Was ist das Gute dran?
Elisabeth Löffler: Für uns Tänzerinnen und Tänzer ist es Tanz, weil das unser Haupt-Ausdrucksmittel ist, und ich finde es halt auch ganz besonders, weil sozusagen da der Körper und das Nonverbale im Mittelpunkt steht und nicht die Sprache.
Und manche Dinge kann man sozusagen über den Körper leichter, besser, schneller kommunizieren und die Leute auch ganz woanders abholen.
Und es ist dann auch für Menschen, die nicht sozusagen die Sprache als Haupt-Kommunikationsmittel haben, ganz leicht möglich, auf Augenhöhe teilzunehmen, wenn man halt sozusagen nicht gerne spricht oder Sprache nicht deine/ oder Deutsch halt nicht deine Erstsprache ist, als Beispiel. Also der Körper ist ein sehr adäquates Mittel für sehr viele Menschen, wo Sprache nicht sozusagen das Haupt-Kommunikationsmittel ist oder sein kann. Es ist sehr inklusiv.
Katharina Müllebner: Weil wir gerade von Körper- und Selbstwahrnehmung geredet haben, welchen Stellenwert hat das im Schulalltag oder im Alltag der Kinder?
Elisabeth Löffler: Körper- und Selbstwahrnehmung hat leider sehr wenig Platz im Alltag und das ist auch eine Aufgabe sozusagen von uns, die einfach mitkommt.
Plötzlich ist der Körper im Mittelpunkt, und zwar jeder Körper. Und über den Körper können manche Menschen viel leichter, viel genauer und viel klarer kommunizieren.
Und die Selbstwahrnehmung kommt natürlich im gemeinsamen Tanz, im gemeinsamen körperlichen Kontakt. Man spürt dann sehr gut, mit der Person werde ich schneller warm. Die Person mag ich nicht sehr gern und man muss darüber nicht sprechen. Man geht dann einfach auf Distanz oder man geht näher und man muss gar nichts dazu sagen.
Und natürlich für Menschen, für die Deutsch nicht die Erstsprache ist, ist natürlich die Ausdrucksform Tanz, also Ausdruck über den Körper, eine Erleichterung. Und sie können auf anderen Ebenen zeigen, was sie können und in Kontakt treten.
Katharina Müllebner: Welches Verständnis von Tanz liegt denn dem Projekt zugrunde? Es gibt verschiedene Tanzarten, welches Tanz-Modell liegt dem Projekt zugrunde? Ich weiß nicht, ob ich mich richtig ausdrücke, da, aber …
Elisabeth Löffler: Ja, also was wir machen, ist natürlich zeitgenössischer Tanz. Das bedeutet, das ist der Tanz, der jetzt passiert, den wir jetzt sehen, wenn wir Aufführungen sehen. Wir kommen aus der Kontaktimprovisation, was bedeutet, egal welcher Körper, alle Körper können tanzen und die Begegnung kommt über den Dialog.
Im Vergleich zu Ballett, wo es bestimmte Formen gibt, was Ballett ist und ob das gut oder schlecht ist, ist bei Kontaktimprovisation eben der Kontakt von zwei Körpern wichtig. Auf Distanz oder ganz nah? Und dann die Improvisation. Das heißt, der Tanz entsteht im Moment. Das heißt Kontaktimprovisation und dieser Idee von Tanz folgen wir.
Katharina Müllebner: Jetzt denke ich mir, Projekttage und Projektwochen, das ist schön und gut, eine schöne Sache, aber Inklusion soll ja weitergehen, nicht nur für ein paar Tage. Dass die Leute dann sozial erwünscht antworten das es Ihnen gut gefallen hat, sondern was muss passieren damit das durch das Projekt wirklich verankert wird in den Schulen, dass es nicht nur eine Sache ist von wenigen Tagen oder wenigen Wochen?
Elisabeth Löffler: Die Idee ist, dass das sozusagen eigentlich ein Impuls ist, aber auf lange Sicht, 2 Prozent aller Schultage im Jahr sind mit Mixed-Abled Teams für alle Schulen besetzt werden.
Und eben die Idee vom Role-Model ist ja, dass die, die jetzt Kinder und Jugendliche sind, dass die später dann sagen: Oh, ich möchte auch, zum Beispiel, Lehrerin werden oder ich möchte auch, zum Beispiel, Tänzerin werden. Die langfristige Idee ist, dass sich das sozusagen strukturell festlegt, dass Mixed-Abled Teams in Schulen unterrichten.
Wir kommen halt von der Kunst oder vom Sport, aber die langfristige Idee ist, dass es überhaupt Mixed-Abled Leitungs- und Lehrpersonal gibt. Also das ist unsere langfristige Idee, wir sind nur ein Teil und wir haben die Idee und wollen die halt weitertragen. Und vor allem, dass die Inklusion dann von den SchülerInnen kommt, die dann später Erwachsene sind und die sich dann gar nicht mehr vorstellen können, dass so wenig Menschen wie das/ dass ein Team nicht Mixed-Abled ist und nicht nur in der Kunst, das ist so das langfristige Ziel.
Wir kommen halt von der Kunst und vom Tanz, aber wir sind sozusagen auch Impulsgeber für alle anderen, die dieses Modell des gemeinsamen Arbeitens, Lebens und Kunstmachens schon unterstützen und gut finden.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Tanzen kann eine Möglichkeit sein, um Menschen durch Bewegung einander näher zu bringen und den Körper besser kennenzulernen.
Tanzen ist aber auch eine Sportart. Seit 2008 ist Rollstuhltanzen eine anerkannte Sportart im Behindertensportverband, in der es auch Europa- und Weltmeisterschaften gibt.
Sabrina Gostner zählt zu den Hoffnungsträgerinnen im Rollstuhl-Sporttanz. Derzeit ist sie auf Platz 7 der Weltrangliste. 2019 vertrat sie gemeinsam mit Sanja Vukasinovic Österreich bei der Rollstuhl-Sporttanz WM in Bonn, wo sie Platz 11 in der Kategorie Single Women erreichte. Und das waren nicht ihre einzigen Erfolge. 2019 erlangte sie Platz 2 bei einem internationalen Wettbewerb in den Niederlanden, Platz 3 bei den Polish Open, sowie Platz 3 beim Mainhatten Cup in Frankfurt. Nun gibt uns Sabrina Gostner einen Einblick in die Welt des Tanzsportes.
[Überleitungsmusik]Frau Gostner, schön, dass Sie da sind. Wie ist es denn bei Ihnen zum Tanzen gekommen? Wie hat das angefangen?
Sabrina Gostner: Also ich bin jetzt beim Rollstuhltanzen seit 2010 dabei. Angefangen hat das Ganze, in dem ich damals meinen Mann kennengelernt habe und wir auf der Suche waren nach einem gemeinsamen Hobby.
Und da sind wir dann über Internet auf den Verein WheelChairDancers Salzburg gestoßen und haben uns dann gedacht, da schreiben wir jetzt einfach mal der Obfrau, Frau Kerstin Govekar an, dass wir uns ein Probetraining vereinbaren. Und wir waren dann von Anfang an einfach begeistert von dem ganzen Team, was da einfach vor Ort war beim Training, von dem ganzen Team-Zusammenhalt. Und das Besondere war jetzt einfach auch, dass wir zu Turnieren fahren und nicht nur immer als hobbymäßig zum Training kommen, sondern einfach auf etwas hinarbeiten.
Und das hat das Ganze dann einfach spannend und interessant gemacht und einfach auch die Leistung international messen zu dürfen. Das war einfach dann ein super Einstieg und ein super Erlebnis und ich bin nach wie vor super gerne beim Tanzen dabei.
Katharina Müllebner: Und was fasziniert Sie so am Tanzen?
Sabrina Gostner: Also eigentlich alles, sage ich jetzt mal. Es ist einfach eine super Sportart für Rollstuhlfahrer, weil man einfach den ganzen Körper durch bewegt, auch wenn man immer in Anführungsstrichen nur sitzt.
Aber man merkt es dann auch an den Füßen, dass man die einfach mit anspannt und die ganze Körperhaltung sich einfach verbessert und aufrecht bleibt. Und eben das ganze Team, den Zusammenhalt. Wir sind ein super Team und es ist da echt jeder für jeden und man kann sich an jeden wenden, wenn man mal irgendwelche neue Sachen hat, die bei einem nicht so gut funktionieren, dann kann man sich ans Team wenden und schauen, wie macht der das? Und es ist echt einfach super!
Katharina Müllebner: Und wie läuft das? Wir sehen Sie jetzt leider nicht. Wie kann man sich Rollstuhltanzen praktisch vorstellen? Wie läuft so was ab? Hat man da eine Choreografie oder …?
Sabrina Gostner: Genau, da gibt es verschiedene Disziplinen. Ich mache zwei Disziplinen und das sind fünf Tänze in der Single Kategorie. Das wäre einmal der langsame Walzer, Tango, Samba, Rumba und Jive.
Da gibt es die verschiedenen Basics, welche die Choreografie enthalten sollte, auch für die Wertungen bei den Turnieren.
Sonst sind da echt oft ganz viele Freiheiten, wie man es interpretiert, die ganzen Elemente.
Es gibt bei jedem Tanz so zwischen, zwei und vier Basics, die einfach drin sein sollten. Seit Anfang 2020 mache ich Freestyle. Das ist eine andere Kategorie. Da ist man dann alleine auf der Fläche und da geht es um die eigene Musik, um die eigene Choreografie, die man da einstudiert und man hat eine gewisse Zeitvorgabe, was man da haben sollte von dem Lied oder vor der Choreografie. Die wird frei Hand umgesetzt und auf uns selbst individuell angepasst, sage ich jetzt mal, was zu einem gut passt und da stehen einem eigentlich auch keine Grenzen.
Katharina Müllebner: Was bedeutet Single? Wie kann man sich das vorstellen? Sind Sie da alleine oder …?
Sabrina Gostner: Genau, als Single. Schaut so aus, dass man eben, wie gesagt, die fünf Tänze hat und da ist man dann auf sich alleine gestellt. Es gibt eben das Paartanzen oder eben Single. Da ist man dann ganz alleine und da treten zwischen 20 und 24 verschiedene Damen dann an und die machen das alles für sich alleine, ohne Partner beim Auftritt dann.
Katharina Müllebner: Und bei dieser Single Kategorie haben Sie eine vorgegebene Choreografie, habe ich das richtig verstanden? Da haben Sie eine vorgegebene…
Sabrina Gostner: Ja, einzelne Basics-Elemente sind es. Also keine ganze Choreografie, sondern einzelne Elemente, die man einstudiert, die man gut trainiert und die müssen dann enthalten sein. Und mit dem Rest verbindet man einfach dann selber, wie man das fühlt und wie man es dann umsetzt.
Katharina Müllebner: Können Sie ein Beispiel für so ein Element nennen, dass man sich das bildlich vorstellen kann?
Sabrina Gostner: Das wäre jetzt zum Beispiel, wenn man Rückwerts schiebt mit dem Rollstuhl und dann immer abwechselnd einen Arm nach dem anderen nach hinten rausführt. Das ist bei uns die Fliegerei, nennen wir das. Und das wird dann auch eingesetzt. Und durch dies, dass man dann wieder vor dem Element rauskommt, setzt man dann zum Beispiel eine Drehung drauf und geht dann im Grundschritt weiter.
Katharina Müllebner: Freestyle heißt, können Sie davon ein bisschen mehr beschreiben?
Sabrina Gostner: Beim Freestyle sind der Tänzerin, dem Tänzer keine Grenzen gesetzt. Da hat man eine gewisse Zeitvorgabe von knapp zwei Minuten, da befindet man sich dann alleine auf der Fläche zu dem Zeitpunkt des Auftritts und da kann man sich dann das eigene Lied aussuchen, die eigene Choreografie. Da sind dann keine Vorgaben in dem Sinne, eben nur, da wird dann bewertet der Schwierigkeitsgrad, die Präsentation, wie man es nach außen hin verkauft, sage ich jetzt mal. Und da gibt es eben verschiedene Punkte, die dann in das Bewertungskriterium einfließen. Und da hat dann jeder seine eigene Choreografie. Im Single ist es eben der Unterschied, da muss jeder die gewissen Basics Elemente drin haben. Das ist im Freestyle eben nicht so.
Katharina Müllebner: Und was gibt es da so für Moves im Rollstuhl, die man draufhaben sollte? Sie haben schon ein bisschen gesagt. Zurückfahren mit der Hand. Was gibt es da noch?
Sabrina Gostner: Eben die ganzen Grundschritte gibt es da noch. Oder mit den Rollstühlen, die sind da aufs Tanzen ausgelegt, auf den Sport, da kann man ganz leicht ganz, ganz schnelle Drehungen machen, was mit einem Alltags-Rollstuhl nicht möglich wäre. Und da ist man einfach viel beweglicher und der reagiert einfach viel mehr auf Körperaktionen oder auf den Kopf, wenn man den bisschen nach links neigt, dann fährt der gleich nach links eine Kurve, dann nach rechts, eine Rechtskurve, oder noch rückwärts zum Eindrehen. Das macht er dann ganz viel von selber, schon eben durch die Körperrotation, die man da dann macht.
Katharina Müllebner: Und was sind so Beispiele für Grundschritte?
Sabrina Gostner: Im langsamen Walzer zum Beispiel ist Doppelschub im Takt einfach bei 1 oben, bei 2 Schub und bei 3 wieder nach oben dann.
Und bei Samba ist dann abwechselnd, mit langen und kurzen Aktionen. Das ist ganz unterschiedlich. Es ist aber ganz viel am Fußgängertanzen angepasst von den Grundschritten her, wie man dann auch mit dem Partner tanzt, dass das sich von den Füßen auf die Räder dann super übertragen lässt. Eben ganz viele Elemente sind da wie beim Fußgängertanzen.
Also ich habe jetzt keine Erfahrung, weil ich seit Geburt im Rollstuhl sitze. Aber vom Optischen her sind es ganz viele gleichbleibende Elemente, was man halt nur als Greifradaktion macht im Rollstuhl und der Fußgänger macht es mit den Füßen.
Katharina Müllebner: Jetzt würde mich noch interessieren, bei einem Wettbewerb, was wird da bewertet? Worauf achtet die Jury alles?
Sabrina Gostner: Zum einem, dass die Basics Elemente einfach drinnen sind, die bewertet werden, dass das die Wertungsrichter auch sehen, dass man die sauber und korrekt ausführt.
Wie die ganze Choreografie sonst noch zusammengestellt ist, wie der Ausdruck nach außen hin ist, ob man das Publikum miteinbezieht und wie viele Schwierigkeitsgrade man drin hat. Wie zum Beispiel, ob man schnelle Drehungen macht, mehrere hintereinander, abwechslungsreich und dann auch wieder die Basics Elemente nicht nur einmal zeigt, sondern am besten zwei- bis dreimal.
Katharina Müllebner: Wird nach Behinderungskategorien unterschieden?
Sabrina Gostner: Ja genau, da wird unterschieden je nachdem, welche Behinderung man hat und wie viel man eingeschränkt ist.
Da gibt es einmal das LWD 1 und LWD 2. In LWD 1 sind eher höhere Lähmungen mit mehr Einschränkungen, auch von Fingerfunktionen und so. Und LWD 2, wo die Lähmungen weiter unten sind. Das wird dann immer vor dem Turnierstart, wenn man neu anfängt, wird es nachher einfach angeschaut und durch dies wird man anhand in die jeweilige Kategorie von LWD 1 und LWD 2 eingestuft.
Katharina Müllebner: Und bei Wettbewerben treten immer nur dieselben Behinderungen Kategorien gegeneinander an oder ist es gemischt?
Sabrina Gostner: Nein, das ist quer durchmischt. Das wird dann angeschaut vor den Turnieren, eben wenn man dann startet. Wie weit ist derjenige eingeschränkt? Wie viel könnte er machen? Dass es dann auch einfach fair bewertet werden kann.
Katharina Müllebner: Bei diesem Paartanzen, wie kommen die Paare zusammen? Also Sie haben jetzt mit Ihrem Mann getanzt, sucht man sich das selber aus oder wird man da zugeteilt?
Sabrina Gostner: Ja, das ist ganz unterschiedlich. Ich habe zum Beispiel, wie schon gesagt, mit meinem Mann damals angefangen.
Es gibt verschiedene Konstellationen, dass einer einfach mal sagt, ihn würde das Rollstuhltanzen interessieren und da sind noch im Verein vielleicht schon zwei Single Tänzer drin, die dann irgendwie sagen, sie würden gerne entweder Duo oder Combi je nachdem, ob stehend oder mit Rollstuhl machen. Und dann kann man schauen, wie kriegt man die dort zusammen? Wie sieht das aus? Passt es einfach und so wird es dann/ so gefunden, sage ich jetzt einmal. Oder man fängt gleich so gemeinsam an, dass man sich dazu entscheidet als Partner oder Freunde oder auch Mutter/Tochter kann, also da gibt es dann keine Grenzen, wer mit wem dann tanzen will.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: In dieser Sendung haben wir gesehen, wie vielseitig Tanzen sein kann. Ob man sich beim Tanzen näher kennenlernt und Spaß zusammen hat und dadurch möglicherweise Grenzen überwindet oder ob man im eleganten Kleid anmutig über das Parkett rollt.
Beim Thema Tanzen ist für jeden was dabei. Ob man im Rollstuhl sitzt oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Nur die Hingabe an die Bewegung zählt. Das war unsere Sendung zum Thema Tanzen. Wir danken unseren Gästen für ihre Beiträge.
Wenn Sie mehr zu diesem Thema wissen wollen, finden Sie wie immer weiterführende Informationen auf unserer Internetseite www.barrierefrei-aufgerollt.at.
Es verabschiedet sich Ihr Redaktionsteam Katharina Müllebner, Markus Ladstätter und Martin Ladstätter.
[Musik mit Text: barrierefrei aufgerollt – kurz, kompakt und leicht verständlich.]
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