In Computerspielen ist vieles möglich. Man kann ein Held oder eine Heldin sein, kann virtuelle Gebäude errichten und vieles mehr. Gerade in dieser Welt, in der scheinbar alles möglich ist, sollte doch Barrierefreiheit gut umzusetzen sein.
Doch wie ist es um die Barrierefreiheit von Computerspielen bestellt? Ein blinder Gamer oder eine blinde Gamerin – worauf achten sie bei der Spieleauswahl? Genau darüber sprechen wir in dieser Sendung und wir reden über ein Spiel, das sowohl für sehbehinderte als auch für nicht sehbehinderte Personen gleichberechtigt spielbar ist.
Die Radiosendung zum Nachhören
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In der Sendung
- Malik el Yahiaoui ist ein blinder Gamer, der gemeinsam mit anderen blinden SpielerInnen den YouTube Kanal EagleEarEntertainment betreibt auf dem sie Spiele testen.
- Iris Meyer und Hans-Jörg Mikesch sind Mental Home, Spieleentwickler aus Wien. Sie haben die Spiele Feer und Sonar Island entworfen.
Interessante Links
- YouTube Kanal EagleEarEntertainment
- Spieletipps vom deutschen Blinden und Sehbehindertenverband
- Englische Liste von Audiogames
- Audioreportage Inklusives Gaming
- Internetseite von Mental Home
- BIZEPS Spielbericht: Feer – The Game of Running Blind
- BIZEPS-Artikel über ein Behindertenberatungszentrum in Second Life
Die Sendung im Radio hören
Wien: Auf Radio ORANGE am 2. Mai 2021 um 10:30 Uhr. Die Sendung kann auch auf o94.at live gehört werden. Die Wiederholung gibt es am 16.Mai 2021 um 10:30 Uhr.
St. Pölten: Im campus & city radio am 13. Mai 2021 um 17 Uhr. Die Sendung kann auch auf cr944.at live gehört werden.
Graz: Im Radio Helsinki am 7. Mai 2021 um 16:30 Uhr. Die Sendung kann auch auf helsinki.at live gehört werden.
Salzburg: Auf radiofabrik am 10. Mai 2021 um 18:00 Uhr. Die Sendung kann auch auf radiofabrik.at live gehört werden.
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Die Sendung zum Nachlesen
Katharina Müllebner: Als ich mein erstes Computerspiel bekam, war ich ungefähr sieben Jahre alt. Es war ein Gameboy mit einem Super-Mario-Spiel und ich bekam ihn während eines langen Krankenhausaufenthalts, um mir die Zeit zu vertreiben.
Obwohl mir damals der kleine graue Klempner etwas über die schwere Zeit hinweggeholfen hat, ist Computerspielen nie so richtig Meines geworden.
Für andere aber sind Computerspiele ein wichtiger Teil ihrer Freizeitgestaltung. Wieder andere verdienen mit dem sogenannten E-Sport, also Computerspielwettbewerben, sogar Geld. Computerspiele können eine Möglichkeit sein, online Kontakte zu knüpfen.
Im Computerspiel ist vieles möglich. Man kann ein Held oder eine Heldin sein, kann virtuelle Gebäude errichten und vieles mehr.
Gerade in dieser Welt, in der scheinbar alles möglich ist, sollte doch Barrierefreiheit gut umzusetzen sein. Doch wie ist es wirklich um die Barrierefreiheit in Computerspielen bestellt?
Ein blinder Gamer oder eine blinde Gamerin? Geht so etwas überhaupt? Genau darüber sprechen wir in dieser Sendung mit unseren Gästen.
[Computerspielsound als Überleitung]Wir begrüßen heute Herrn El Yahiaoui zu unserer Sendung zum Thema „Computerspielen“. Herr El Yahiaoui ist sozusagen ein Gamer. Herr El Yahiaoui, welche Spiele spielen Sie so?
Malik el Yahiaoui: Na ja, das kommt ganz darauf an. Ich würde mich selbst als etwas ruhigeren Spieler bezeichnen.
Also jetzt so Shooter, wie man sagt im klassischen Jargon, so Ballerspiele, ist jetzt eher nicht so ganz mein Fall. Ich bin eher jemand, der Strategie- oder Kartenspiele zu schätzen weiß. Das finde ich ganz entspannt, wo man auch einmal ein wenig darüber nachdenken muss.
Katharina Müllebner: Wenn Sie beschreiben, was ist ein Strategiespiel?
Malik el Yahiaoui: Ein Strategiespiel, würde ich sagen, ist so etwas, wo man etwas aufbauen muss. Beispielsweise einen Freizeitpark oder eine Fußballmannschaft.
Und in welchem man über einen längeren Zeitraum sein Geschöpf leitet und durch vielleicht auch mal ein paar schwierige Situationen führen muss.
Katharina Müllebner: Sie haben vorhin auch Shooter erwähnt. Was ist ein Shooter?
Malik el Yahiaoui: Das ist im normalen Fall ein Spiel, in dem man entweder gegen andere oder gegen Computer, also gegen künstliche Gegner, spielt und bei welchem es meistens das Ziel ist, sie zu töten beziehungsweise sie kampfunfähig zu machen. Und das funktioniert meistens mit Schusswaffen.
Katharina Müllebner: Worauf kommt es Ihnen denn bei der Auswahl eines Spieles an, wenn Sie jetzt so ein neues Spiel anfangen? Wonach wählen Sie das aus?
Malik el Yahiaoui: Es gibt mehrere Kriterien, die ich da versuche, ein bisschen zu berücksichtigen. Zum einen, da ich blind bin, ist es die Geräuschkulisse.
Also das Fachwort dafür ist Sound Design. Dass das eben recht gut ist und recht ausführlich. Aber zum anderen ist mir auch die Geschichte hinter dem Spiel sehr wichtig. Und ja, das Spielen selbst. Also wie sich das Spiel spielt.
Katharina Müllebner: Sie sind ja blind. Wie kann man sich das vorstellen? Wie spielt man als Mensch, der nichts sieht, ein Spiel, ein Computerspiel? Das man auf dem Bildschirm normalerweise sehen muss, davon gehe ich als Laie auch aus.
Malik el Yahiaoui: Hierzu muss man wissen, es gibt kaum Spiele, die sowohl für Sehende als auch für Blinde spielbar sind. Die meisten Spiele sind speziell für unsere, in Anführungszeichen, Bedürfnisse programmiert.
Ich weiß tatsächlich nur von einem Spiel, also von einem Mainstream, also sehr bekanntem Spiel, was auch von, in Anführungszeichen, normalen Gamern gespielt wird, dass wir auch spielen können.
Der Rest der Spiele, der ist tatsächlich wirklich meistens von Blinden selbst programmiert worden, weshalb hier keine Grafik vorhanden ist.
Und hier kommt es dann wirklich darauf an, natürlich achte ich sehr auf mein Gehör. Allerdings gibt es auch Spiele, bei denen das Gehör gar nicht mal so wichtig ist. Vielleicht kennen Sie das sogenannte Text Adventure oder textbasierte Spiele. Also hier ist dann wirklich reiner Text, der ausgelesen oder vorgelesen werden muss. Und gar keine Geräusche selbst.
Bin ich jetzt kein großer Fan von, aber diese Spiele gibt es auch und haben natürlich auch ihre Fanbasis. Aber ich persönlich, bei den Spielen, die ich spiele, kommt es meistens auf das Gehör an, tatsächlich.
Katharina Müllebner: Also es gibt sozusagen eine eigene Kategorie von Spielen für sehbehinderte Menschen.
Malik el Yahiaoui: Ja, genau.
Katharina Müllebner: Würden Sie die mal näher beschreiben? Wie ist so ein Spiel aufgebaut?
Malik el Yahiaoui: Das ist gar nicht so leicht, weil, auch hier gibt es Unterschiede, tatsächlich.
Im Normalfall hat man, wenn man das Spiel startet, ein Menü, durch welches man sich durcharbeitet, wie bei einem normalen Computerspiel. Und wenn man dann eben das Spiel startet, ist man in dieser Welt. Aber wie diese jetzt aufgebaut ist, das ist von Spiel zu Spiel tatsächlich unterschiedlich. Wie bei normalen Computerspielen auch. Das kann ich jetzt so gar nicht beschreiben.
Katharina Müllebner: Können Sie vielleicht ein Spiel als Beispiel nennen? Wir wollen zwar keine Werbung machen, aber so, dass man sich ungefähr vorstellen kann, was man da macht, bei so einem audiobasierten Spiel.
Malik el Yahiaoui: Okay. Es gibt einen Flugsimulator, der speziell programmiert wurde. Hier ist es zum Beispiel so, eigentlich ist es gar kein reiner Flugsimulator, sondern auch ein Atlas, in Anführungszeichen.
Wenn man aber eben diesen integrierten Flugsimulator startet über das Menü, dann befindet man sich erstmal im Hangar, wie im normalen Leben. Und dann muss man erst alle Systeme einschalten. Erst dann kann man tatsächlich in das eigentliche Spiel starten beziehungsweise abheben.
Katharina Müllebner: Und das funktioniert alles über das Gehör? Wird dann sowas eingesprochen oder orientiert man sich an Geräuschen?
Malik el Yahiaoui: Genau. Sowohl als auch. Es ist sehr viel eingesprochen, also es ist nicht eingesprochen, es wird eine synthetische Sprachausgabe benutzt, weil es diese Spiele in mehreren Sprachen gibt. Aber es ist sehr viel Gesprochenes dabei, aber auch Geräusche. Also zum Beispiel gibt es auf der Rollbahn, wenn man auf die Rollbahn zufährt, gibt es ein Geräusch, wenn sich dort noch ein Flugzeug befindet. Ein Klingeln oder ein Piepsen. Damit man weiß, die Rollbahn ist frei.
Katharina Müllebner: Bezeichnet man dieses Spiel, was Sie jetzt beschreiben, auch als Audio-Game? Ich bin bei meiner Recherche nämlich auf den Begriff „Audio-Game“ gestoßen. Sind das sogenannte Audio-Games?
Malik el Yahiaoui: Ja, das sind sogenannte Audio-Games, ja.
Katharina Müllebner: Gibt es viele herkömmliche Spiele, die für blinde Spieler nutzbar sind?
Malik el Yahiaoui: Leider nicht. Audio-Games gibt es tatsächlich einige, allerdings im Vergleich zur normalen Spielewelt unglaublich wenige trotzdem. Ich persönlich spiele regelmäßig so, ich würde sagen, so fünf oder so.
Aber persönlich habe ich angetestet beziehungsweise habe ich eine Zeit lang gespielt, ungefähr würde ich sagen, so 20, 30.
Allerdings muss man hier auch sagen, im Bereich der Shooter, wo ich ja schon gesagt habe, ich jetzt nicht so der Fan bin, gibt es relativ viele. Weil diese Spiele recht einfach zu programmieren sind, scheinbar. Also es gibt schon ein paar, aber trotzdem nicht wirklich viele, leider.
Katharina Müllebner: Kriegt man die einfach so im Handel oder muss man die über spezielle Plattformen, gibt es da einen Markt dafür? Ich habe so etwas noch nie im Geschäft gesehen.
Malik el Yahiaoui: Ja. Also nein, im Geschäft gibt es so etwas nicht. Ich glaube, es gab ein Spiel früher, was man tatsächlich im Handel kaufen konnte, was für uns nutzbar ist.
Aber das ist auch schon einige Jahre her. Aber normalerweise werden solche Spiele online entweder verkauft oder zum kostenlosen Download angeboten. Und die größte Audio-Games-Plattform, die ich so kenne, ist eine englische Seite. Dort kann man sich eben dann diese Spiele herunterladen bzw. bekommt man dort Infos, was denn veröffentlicht wird.
Katharina Müllebner: Jetzt haben Sie erzählt, dass Ihnen die Geschichte von Spielen, dass das eine Rolle spielt auch. Das Thema „Behinderung“ im Computerspiel selber, ist das präsent? Gibt es Charaktere mit Behinderungen?
Malik el Yahiaoui: Ja, gibt es tatsächlich. Das hat einfach damit zu tun, dass die meisten Entwickler, wie gesagt, selbst blind sind und deshalb diesen Faktor „keine Grafik“ in ihr Spiel einbauen wollen, würde ich sagen.
Also ich habe mich jetzt mit keinem noch darüber unterhalten, deshalb ist das jetzt reine Spekulation meinerseits.
Aber es gibt häufiger Helden oder Teilnehmer in einem Spiel, die nichts sehen. Weshalb erklärt wird, warum man auf dem Bildschirm nichts sieht. Also zum Beispiel gibt es ein Spiel, da ist man ein blinder Ritter, der sich eben nur anhand des Gehörs durch die Welt ertasten muss.
Oder es gibt ein Spiel, in dem man durch ein brennendes Haus laufen muss und versuchen muss zu entkommen, weil ein Vulkan ausbricht. Und man eben durch diesen Rauch, der gerade in dem Haus war, nichts sieht.
Katharina Müllebner: Verstehe. In herkömmlichen Computerspielen, wie sehen Sie es da, also nicht diesen speziellen Computer-Audio-Games, sondern in den anderen Computerspielen, kennen Sie da Charaktere mit Behinderungen?
Malik el Yahiaoui: Ich habe letztens ein Video gesehen, von einer großen deutschen Computerspielzeitschrift. Ich glaube, da wurde erwähnt, dass es demnächst ein Spiel geben soll, in dem die Hauptperson auch blind ist. Ich bin mir jetzt aber nicht hundertprozentig sicher. Aber tatsächlich so an sich, also häufig ist mir das jetzt noch nicht über den Weg gelaufen.
Katharina Müllebner: Gibt es irgendetwas, wenn man jetzt das gehört hat und sich sagt man findet es interessant, was Sie hier erzählt haben und möchte mehr Informationen zu speziellen Spielen, die für Sehbehinderte zugänglich sind, wo … Gibt es da irgendetwas, was Sie uns empfehlen könnten? Wo kann man sich da informieren?
Malik el Yahiaoui: Ja, es gibt einige Möglichkeiten, sich da zu informieren. Es gibt einige Podcasts, die meisten sind allerdings auf Englisch.
Wenn man jetzt sagt, nein, dem Englischen bin ich jetzt nicht so mächtig bzw. auf Deutsch ist es mir einfach lieber, dann kann ich, in eigener Sache, unseren YouTube-Kanal empfehlen.
Wir machen zwar nicht nur Audio-Games, sondern auch andere Geschichten, aber zum Großteil geht es bei uns um Spiele. Wir machen Live-Sendungen, aber meistens tatsächlich Videos dazu.
Katharina Müllebner: Wie heißt der YouTube-Kanal?
Malik el Yahiaoui: Der Kanal heißt Eagle Ear Entertainment. Also „Eagle“ wie der Adler, E-A-G-L-E. „Ear“ wie das Ohr, E-A-R. Und dann Entertainment. Und dann sollten Sie den relativ schnell finden.
Katharina Müllebner: Gibt es zusätzlich Hilfsmittel, die Sie als sehbehinderte Person nutzen können, damit Sie den Computer besser bedienen können? Also nicht im Spiel selber, sondern die Sie dazu kaufen könnten. Was gibt es da, was nutzen Sie da?
Malik el Yahiaoui: Ja, also es gibt die Braillezeile, so bewegliche Punkte, wenn ich es mal so beschreiben soll.
Und aus diesen Punkten werden eben die Brailleschriftzeichen, je nachdem, was auf dem Bildschirm zu sehen, ist, angezeigt, also erstellt. Das funktioniert aber nur in der Zusammenarbeit mit einem sogenannten Screen-Reader, also einem Bildschirmleseprogramm.
Das ist ein Programm, was den Text, der sich auf dem Bildschirm befindet, sozusagen abgreift und als gesprochenes Wort wiedergibt. Das sind so die zwei gängigsten Hilfsmittel, würde ich sagen, die man als Blinder benutzen kann, um den Computer besser zu bedienen, tatsächlich.
Katharina Müllebner: Ich habe auch gelesen, dass es bei verschiedenen Konsolen auch barrierefreie Einstellungen gibt oder zum Beispiel auch bei Handyspielen. Haben Sie Erfahrungen mit diesem Thema?
Malik el Yahiaoui: Ja. Ich komme erstmal ganz kurz zum Thema „Konsolen“. Das stimmt. Es gibt gerade bei den neueren Konsolen, bei einer PlayStation 5 oder bei der neuen Xbox, gibt es Barrierefreiheit- Einstellungen. Die Xbox hatte das tatsächlich schon länger. Man hat da eben so einen Screen-Reader eingebaut, also so einen Bildschirmleser, wodurch man eben die Konsole zumindest, also das Hauptmenü quasi recht gut nutzen konnte.
Das Problem allerdings bei der Xbox, ganz kurz, war, dass man zwar diesen Bildschirmleser im Hauptmenü sozusagen und auf den Apps, die vom Hersteller vorinstalliert waren, nutzen konnte, allerdings sobald man eine andere App oder ein Spiel heruntergeladen hat, dann hat dieser Screen-Reader nicht mehr funktioniert. Weshalb die Konsole relativ unbrauchbar war, für meine Verhältnisse.
Katharina Müllebner: Anbei noch ein kleiner Einwurf zum Thema Xbox. Es gibt für Gamerinnen und Gamer mit Mobilitätseinschränkungen einen sogenannten Adaptive Controller.
Eine rechteckige Box mit zwei sehr großen Knöpfen, bei der zusätzlich für jede nutzbare Xbox-Taste ein eigenes Gerät angeschlossen werden kann. Um wirklich ganz individuell für jede Person die passenden Bediengeräte verwenden zu können. Und jetzt weiter zum Interview.
Malik el Yahiaoui: Bei der PlayStation 5, bei der neuen PlayStation, sieht das ein bisschen anders aus. Sony hatte da noch nie große Erfahrungen gemacht, mit solchen Screen-Readern.
Es gab zwar auch auf der letzten Konsole einen, der war aber nur für den amerikanischen Raum zugänglich. Das hat sich jetzt geändert. Inzwischen ist es auch für den deutschen und ich glaube auch für den österreichischen Raum möglich, diesen zu nutzen.
Und hier scheint es so zu sein, dass auch andere Apps nutzbar sind. Also beispielsweise YouTube oder Netflix. Aber das kann ich so nicht sagen, weil ich noch keiner der Glücklichen bin, der an so eine Konsole rangekommen ist.
Zum Thema Smartphone bzw. Mobile Games ist es tatsächlich ein bisschen anders als bei, in Anführungszeichen, Computerspielen.
Denn hier muss man sagen, die meisten Blinden bzw. die meisten blinden Menschen, die ich kenne, benutzen ein Smartphone, also ein iPhone. Was einfach damit zu tun hat, dass eben auch hier so ein Screen-Reader installiert ist, vorinstalliert ist.
Also wenn ich es im Geschäft kaufe, kann ich es direkt benutzen. Apple hat schon sehr früh damit angefangen, einen solchen einzubauen. Und hat auch sehr früh damit angefangen, die Unterstützung bereitzustellen, damit man die Entwickler eben Apps oder Spiele barrierefrei machen können.
Deshalb, es gibt solche Spiele, tatsächlich, also benutzbare Spiele fürs iPhone. Und die meisten dieser Spiele können dann sogar von sehenden Menschen normal mitgespielt werden. Also es gibt einige, ich würde sogar sagen, mehr Spiele auf dem Smartphone, die für uns nutzbar sind, als auf dem Computer oder auf der Konsole.
Katharina Müllebner: Wieso ist dieses Thema, „Barrierefreiheit “, noch nicht angekommen, denken Sie, in der herkömmlichen Spielebranche? Warum gibt es nicht mehr Computerspiele, die barrierefrei nutzbar sind?
Malik el Yahiaoui: Ich glaube, das ist einfach eine wirtschaftliche Geschichte. Ich glaube, es lohnt sich einfach nicht für die Entwickler, groß Ressourcen oder groß Geld in die Barrierefreiheit der Spiele zu stecken.
Wie gesagt, es gibt jetzt ein Spiel für die PlayStation, was letztens rauskam, was wirklich sehr gut nutzbar ist.
Viele, auch ich, hoffen, dass hier sich etwas bewegt. Und man sieht auch, es tut sich ein wenig etwas.
Viele Spiele sind inzwischen für sehbehinderte bzw. für hochgradig sehbehinderte und auch motorisch eingeschränkte Personen nutzbar. Aber wir Blinden sind da noch nicht so ganz angekommen.
Deshalb, wir hoffen, dass sich hier etwas bewegt. Aber ob sich da in der Zukunft wirklich tatsächlich irgendetwas ins Bessere umkehrt, das müssen wir schauen.
Warum es jetzt passiert, glaube ich liegt tatsächlich an diesen Screen-Readern, die jetzt voreingebaut sind.
Denn als sie es noch nicht waren, musste das Spiel sich selbst um einen kümmern. Und ich hoffe, weil das jetzt nicht so ist, weil diese Technik schon mal vorinstalliert ist, dass man da vielleicht mehr barrierefreie Spiele zumindest auf Konsolen erwarten darf. Und damit dann vielleicht auch auf dem Computer.
[ Computerspielsound als Überleitung]Katharina Müllebner: Stellen Sie sich vor: Sie laufen auf einer Allee einen geschotterten Weg entlang. Dabei begegnen Ihnen Zombies, Krähen oder Hände, die aus dem Boden kommen.
Das ist keine Szene aus einem neuen Zombiefilm, sondern der Inhalt des Spiels FEER.
Dieses Spiel haben das Spielentwicklerteam Iris Meyer und Hansjörg Mikesch für iOs und Android entwickelt.
Das Besondere: Es ist sowohl für sehbehinderte als auch für nicht sehbehinderte Personen spielbar.
Bei dem Spiel ist es das Gehör, auf das man sich verlassen muss. Denn im Nebel sind die Zombies und andere Hindernisse, denen es auszuweichen gilt, nur schwer zu sehen.
Für sehende Spielerinnen und Spieler wird der Bildschirm nämlich immer dunkler. Durch das Sammeln von Lichtern kann man den Bildschirm für eine gewisse Zeit hell halten.
Sie haben jetzt ein Spiel entwickelt, das sowohl für sehbehinderte als auch für nicht sehbehinderte Personen spielbar ist. Es heißt FEER. Wie kamen Sie zu der Idee?
Iris Meyer: Wir wollten gemeinsam ein Spiel zu machen und haben jetzt nicht so genau gewusst, was wir jetzt machen.
Und da war, um die Zeit, wo wir angefangen haben, über eine Spielidee nachzudenken, waren virtuelle Reality-Brillen und das Audio-Equipment dazu ganz en vogue.
Und wir haben gesagt, da machen wir etwas. Und haben uns dann Brillen gekauft und das ausprobiert, was es bereits am Markt schon gegeben hat. Bei diesen Virtual Realities ist uns dann aufgefallen, dass es eigentlich nach einer Zeit vollkommen egal ist, ob man da jetzt im virtuellen Raum 360 Grad sieht oder nicht.
Für uns hat das nach einer Zeit keinen Unterschied mehr gemacht. Was wir auch spannend gefunden haben, ist, dass der Ton sich geändert hat, wenn man sich gedreht hat. Und dann haben wir gesagt, das ist aber eigentlich superspannend.
Machen wir ein Spiel, wo Ton und Audio und Geräusche im Vordergrund stehen und wenn man die Augen schließt, tatsächlich eine Welt begehen kann.
Katharina Müllebner: Da unsere Zuhörerinnen und Zuhörer ja das Spiel nicht sehen können, wie würden Sie es beschreiben, was geht da so ab?
Hansjörg Mikesch: FEER ist ein Endless-Runner, das heißt, man läuft auf drei möglichen Spuren immer schneller. Es kommen einem Hindernisse in der Form von Zombies entgegen und man muss irgendwie Feen einsammeln, die sich mit den Zombies abwechseln.
Iris Meyer: Von der Steuerung her, man muss den Zombies ausweichen, die Feen, deren ihr Licht einsammeln und über die Hände drüber springen und unter den Raben durchrutschen. Und versuchen, möglich weit zu kommen, um einen Platz auf der Bestenliste zu ergattern.
Katharina Müllebner: Bei der Entwicklung des Spiels, waren da Menschen mit Sehbehinderung einbezogen und wenn ja, wie?
Hansjörg Mikesch: Ja, sie waren einbezogen. Also erstens haben wir ihnen die Idee vorgestellt, was sie davon halten, was sie da machen würden.
Dann haben wir sie getestet. Dann haben wir sozusagen zuerst einmal in unserem Freundeskreis getestet.
Später sind wir dann auf das Bundesblindeninstitut gegangen, haben dort mit Kindern getestet. Die waren ja völlig toll. Erinnere mich sehr gerne daran, war sehr lustig.
Und so kamen halt immer wieder Sachen raus, die man dann noch geändert und verbessert hat, damit das irgendwie so gut funktioniert, wie es jetzt funktioniert.
Katharina Müllebner: Um für Sie einen Eindruck von FEER zu vermitteln, haben wir es einmal für Sie gespielt.
Achten Sie darauf, wie wir versuchen, den Zombies nach links und rechts auszuweichen.
Die hellen Geräusche sind Lichter, die man sammeln muss, damit der Bildschirm nicht sofort dunkel wird. Am Ende, nun ja, hat uns leider ein Zombie erwischt. Aber hören Sie doch selbst.
Folgendes ist zu hören: hektisches Atmen, das Grunzen und Fauchen von Untoten. Man hört Zweige knacken, das Rascheln von Blättern. Ab und zu hört man das Krächzen eines Rabenschwarms. Immer wieder hört man auch eine kurze, helle Melodie. Gegen Ende der Aufnahme hört man ein Platschgeräusch und ein Fauchen.
Katharina Müllebner: FEER ist nicht das einzige Spiel des Entwicklerduos. Bald wird „Sonar Islands“ veröffentlicht, ein Spiel, bei dem man Inseln verteidigen muss.
Hansjörg Mikesch: Es ist ein Spiel, wo man nach der Einführung, nach dem Tutorial, wo man erklärt bekommt, wie man sich bewegt und wie man sich im Spiel verhält, kriegt man eine Insel.
Eine einzige erste Insel. Auf dieser gibt es dann Schatzkisten, die Gold produzieren, und Hindernisse, die man daraufstellen kann. Und diese Insel ist aber auch für alle anderen Spieler, es ist ein Multiplayer-Game, ist für alle anderen Spieler sichtbar. Und die können sie auch angreifen.
Also ein Ziel ist, dass man seine eigene Insel gut verteidigt. Um das nötige Budget aufzutreiben, muss man aber natürlch schauen, dass man von anderen Spielern wieder etwas Gold sozusagen klaut.
Und das kann man dann wieder auf seiner eigenen Insel investieren.
Wenn man dann gut ist, kriegt man eine nächste Insel dazu.
Und so geht das Spiel dann weiter.
[Computerspielsound als Überleitung]Katharina Müllebner: Von barrierearmen und barrierefreien Spielen profitieren nicht nur Gamerinnen und Gamer mit Behinderungen, sondern auch jene, die vielleicht nicht so oft spielen. Spiele mit leichteren Schwierigkeitsgraden, einer besseren Steuerung oder einem gut verständlichen Tutorial nutzen allen Menschen, die spielen wollen. Ein Spiel sollte möglichst viele Menschen ansprechen und leicht zugänglich sein. Mehr Barrierefreiheit bedeutet dabei nicht, dass das Spiel langweiliger oder zu einfach wird.
Auch könnte darüber hinaus Behinderung selbst in Computerspielwelten thematisiert werden. Warum nicht einmal ein Charakter mit einer Behinderung oder ein Kampfrollstuhl als Hilfsmittel?
Das war unsere Sendung zum Thema „Barrierefrei in Computerspielen“.
Alle Informationen zur Sendung sowie Links mit weiterführenden Informationen finden Sie auf unserer Internetseite www.barrierefrei-aufgerollt.at
Es verabschiedet sich Ihr Redaktionsteam: Katharina Müllebner, Markus Ladstätter, Martin Ladstätter.
[Fröhlicher Computersound zum Abschluss] [Musik mit Text: barrierefrei aufgerollt – kurz, kompakt und leicht verständlich.]Überleitungssounds:
„Success 01“ by rhodesmas (CC BY 3.0)
Success Resolution Video Game Fanfare Sound Effect.mp3 by FunWithSound (CC BY 3.0)