In dieser Sendung sprechen wir über das Thema Humor und Behinderung.
Wer kennt sie nicht, Blondinnenwitze, Witze über Politikerinnen und Politiker oder auch über die Bewohnerinnen und Bewohner anderer Bundesländer. Humor basiert meistens darauf, dass eine bestimmte Personengruppe durch den Kakao gezogen wird. Kaum jemand ist davon ausgenommen. Das gilt auch für Menschen mit Behinderungen.
Doch ist es in Ordnung über Menschen mit Behinderungen Witze zu machen? Gibt es dabei Grenzen? Kann Humor auch inklusiv sein?
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Unsere Interviewpartner
- Martin Mayrhofer, Kabarettist mit Sehbehinderung
- Phil Hubbe, deutscher Cartoonzeichner
Die Sendung im Radio hören
Diese Sendung wurde auf Radio ORANGE 94.0 am 2. September 2018 um 10:30 Uhr gesendet. Die Sendung kann auch auf o94.at live gehört werden. Am 16. September 2018 um 10:30 Uhr wurde sie auf Radio ORANGE 94.0 wiederholt.
Sendung zum Nachlesen und Nachhören
Sagt der Taube zum Blinden: „Ich kann keine Behindertenwitze mehr hören.“ entgegnet der Blinde: „Das sehe ich genauso.“
Katharina Müllebner: Herzlich Willkommen zur heutigen Sendung von barrierefrei aufgerollt. Am Mikrofon begrüßt Sie Katharina Müllebner.
Witze, Comedy und Karikaturen sorgen für Erheiterung in unserem Alltag. Oft basiert ihr Humor darauf, dass eine bestimmte Personengruppe durch den Kakao gezogen wird. Man kennt Blondinenwitze, Witze über Personen aus anderen Bundesländern, Witze über Politikerinnen und Politiker. Kaum jemand bleibt heutzutage von der spitzen Zunge der Komödiantinnen und Komödianten oder der Feder der Karikaturistinnen und Karikaturisten verschont. Auch Menschen mit Behinderungen sind, wie man am vorherigen Beispiel sehen kann, davon nicht ausgenommen. Doch ist es in Ordnung über Menschen mit Behinderungen Witze zu machen? Wo gibt es da Grenzen? Gibt es da überhaupt Grenzen und kann Humor auch inklusiv sein?
„Wie behindert dürfen Witze sein“ das ist der Titel unserer heutigen Sendung. Sie hören diese Sendung auf Radio ORANGE 94.0.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Cartoonist Phil Hubbe zeichnet seit den 2000er Jahren seine sogenannten „Behinderten Cartoons“.
Sie zeichnen Cartoons, die sie selbst als „Behinderte Cartoons“ bezeichnen. Was ist ein behinderter Cartoon? Und wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass Sie sich in ihrer Arbeit mit Menschen mit Behinderungen auseinandersetzen?
Phil Hubbe: Dieser Begriff Behinderte Cartoons habe ich mir überlegt, weil es eben wie gesagt das Thema Behinderung betrifft. Wie bin ich dazu gekommen, also mehr oder weniger auch aus der eigenen Sache. Ich bin seit 1988 und fast seit 1985. 1988 habe ich die Diagnose bekommen an Multiple Sklerose erkrankt. Also in dem Sinne der Betroffene. Und ich bin von Beruf Cartoonist, Karikaturist, und daraus hat sich dann natürlich ergeben, dass ich das Thema Behinderung natürlich dann auch irgendwie mal aufgreife und weil es ein Thema ist, das mich direkt betrifft und wo ich aus eigener Erfahrung dann auch, ja, Sachen verarbeiten kann und zeichnen kann. Ein anderer, ein Anstoß, den es dazu noch gab, war die Biografie von John Callahan, ein Amerikaner, der Behindertencartoons im New Yorker gezeichnet hat und das war für mich so ein Anreiz. Ich fand das gut, es hat mir gefallen und da haben dann Freunde, Kollegen gemeint, das könntest du doch auch machen? Und da habe ich dann mehr oder weniger dann das versucht und das war so ein Anstoß, mich damit zu beschäftigen.
Katharina Müllebner: Wo holen Sie sich die Inspiration für ihre Cartoons?
Phil Hubbe: Ja, das ist so eine Frage, woher. Also erst mal aus eigenem Erleben ein Großteil, logischerweise. Sachen, die ich selber erlebt habe oder die mich betroffen… die mir passiert sind. Dann wird mir ein ganz großer Teil eigentlich auch zugetragen von anderen Betroffenen auch, von anderen Behinderungen, anderen Beeinträchtigungen, die mir dann sagen, das muss ich auch mal umsetzen, das muss ich machen und zeichnen. Und dann ist natürlich ein anderer Teil, der der reinen Fantasie entspringt. Wo man ein bisschen mal sich was ausdenkt mehr oder weniger. Das sind so die drei Bereiche mehr oder weniger, wo ich dann meine Themen herhole.
Katharina Müllebner: In wie fern hat Ihre eigene Behinderung Ihre Cartoons beeinflusst?
Phil Hubbe: Naja, erst mal aus dem Grunde, dass ich eigene Erfahrungen, eigene Erlebnisse darin verarbeitet habe oder noch verarbeite. Da macht es sich bemerkbar. Und auf der anderen Seite ist, denke ich mal, mit der Zeichnerei bei mir das Gute, dass ich damit noch eine Arbeit habe, noch einen Job habe, noch eine Tätigkeit habe, während andere nach der Diagnose mehr oder weniger in ein Loch fallen, weil sie dann teilweise aus dem Leben rausgerissen werden, aus dem Berufsleben und hinterher nichts mehr präsentieren können und nichts mehr groß machen können. Habe ich in dem Sinne Riesenglück gehabt, dass ich aus meinem Hobby einen Beruf gemacht habe und ich kann in diesem Beruf auch noch meine Krankheit mit verarbeiten. Das ist eine Konstellation, was Besseres gibt es eigentlich nicht. Und so macht sich das für mich dann auch bemerkbar, glaube ich, dass es für mich auch eine gewisse Art teilweise, ja, sagen wir, so ein bisschen Therapie ist, wo ich dann meine Krankheit abarbeiten kann und meine, ja, meine Vorstellungen, meine Ängste oder was weiß ich, noch alles der Gleichen mit einbeziehen kann.
Katharina Müllebner: Wie würden Sie selbst Ihren Humor beschreiben?
Phil Hubbe: Ich habe einen relativ schwarzen Humor.Ich bin so in dem Sinne ein Verehrer von Monty Python, die in dem Sinne für mich dann Vorbild waren für eine Art und Weise des Humors und in dem Sinne gibt es für mich auch nicht unbedingt, wo ich sage eine Grenze, das mache ich nicht, es ist eine Grenze. Ist immer mehr oder weniger da, wo ich sage, davon habe ich keine Ahnung. Darüber kann ich nicht zeichnen. Also das ist schon mal eine Grundvoraussetzung von einem Thema, über das man berichtet oder zeichnet, sollte man schon eine gewisse Ahnung haben oder Wissen, bevor man da was macht dergleichen. Und ansonsten gibt es für mich keine große Schranke. Also es ist mehr subjektiv dann der Punkt, wo ich sage, nein, das finde ich geschmacklich nicht okay oder wie schon eben gesagt, davon habe ich keine Ahnung. Aber ansonsten versuche ich, möglichst alle Themen aufzugreifen und da irgendwie keine Grenze zu ziehen und zu sagen, das kann man nicht, das darf man nicht.
Katharina Müllebner: Das heißt, wenn ich Sie richtig verstanden habe, Grenzen, was Witze oder Cartoons über Menschen mit Behinderungen betrifft, sehen Sie eher keine?
Phil Hubbe: Ja, nicht so eine feste Grenze, wo ich sage, also hier aus, vorbei. Ja, es war für mich schon ein bisschen problematisch, die Thematik eben jetzt natürlich tödliche Krankheiten aufzugreifen wie Krebs oder ALS. Da war ich sehr vorsichtig bei der Sache und habe dann aber gemerkt, als mich Betroffene auch eingeladen haben oder ich dann auch mal so einen Witz versucht habe, dass der sehr gut ankam und dass die auch das Thema Humor, das ist natürlich nicht jedem sein Geschmack, das ist natürlich klar, aber trotzdem gibt es da einen Teil, für die der Humor wichtig ist. Und wenn ich dann eine Anfrage bekomme von einem, der ALS-betroffen ist und jetzt ein Buch mal rausbringen möchte über das Thema ALS, wo ich ihn dann mehr oder weniger noch zurückhalten muss und sage, das ist ein bisschen viel. Das ist zu viel. Aber da habe ich gemerkt, dass Humor für sie wichtig ist. Und in dem Sinne habe ich dann auch versucht, dieses Thema abzuarbeiten, wo ich ein bisschen Schwierigkeiten habe oder auch ein bisschen vorsichtig bin, weil das ist schon ein bisschen was anderes. Ähnlich verhält es sich mit psychischen Erkrankungen wie Depression und so. Ist nicht ganz so einfach, das umzusetzen. Aber zu sagen, darüber mache ich keine Witze, würde ich mir nicht erlauben, weil irgendwann… oder ich habe ja darüber die Thematik schon bearbeitet, aber es wird immer so Sachen geben, wo mir was einfällt und wo sich die Grenze ein bisschen verschiebt und in dem Sinne kann man eigentlich, sollte man ruhig versuchen, Humor umsetzen, wo es möglich ist und einfach zu sagen, das geht gar nicht, das würde ich jetzt nicht machen. Die Grenze weiß ich jetzt nicht, wo die wäre.
Katharina Müllebner: Worauf legen Sie da wert in den Cartoons? Was macht denn für Sie guten Humor in Cartoons in Bezug auf Menschen mit Behinderungen aus.
Phil Hubbe: Na, ich lege schon wert drauf, dass ich mich nicht meinetwegen über eine Behinderung lustig mache, witzig mache. Ich versuche, das schon irgendwie in einen Kontext zu stellen, dass meistens es so rauskommt, dass nicht der Behinderte, sondern vielleicht die andere Person, die auf dem Bild ist oder die mit ihm in dem Sinne zusammen auch ist oder auch der Betrachter das andersrum mitbekommt und dass der da meinetwegen der Belächelte ist oder zumindest der, der den Blödsinn macht, der ist, über den man lacht und nicht unbedingt der Behinderte und sich einfach auf Kosten seiner Beeinträchtigung oder meinetwegen seines Handicaps sich lustig zu machen. Das will ich auf keinen Fall. Wenn es geht, ist es okay, sogar noch, wenn es meinetwegen auch zum Nachdenken anregt. Ich merke es ja, wofür meine Zeichnungen genutzt werden von vielen Betroffenen, dass sie die eben verwenden, um auf die Probleme aufmerksam zu machen, auf Sachen, die für sie mit einer ähnlichen Behinderung und dergleichen versuchen, mit dem Thema Humor da ins Gespräch zu kommen und versuchen, dass damit dann, ja, zu beheben oder zumindest darauf aufmerksam zu machen. In der Hinsicht versuche ich schon, dass es einfach… Es sollte, wie gesagt, nicht einfach bloß ein flacher Witz sein. Das versuche ich zu vermeiden und versuche, das rauszuhalten. Dass da vielleicht ab und zu einer durchrutscht, kann auch passieren, aber das ist dann nicht meine Sache, die ich dann machen wollte, sagen wir es so.
Katharina Müllebner: Ist es für Sie schwierig, an Themen zu kommen, oder sagen Sie, es gibt so viele Themen, dass es schwierig ist sich zu entscheiden?
Phil Hubbe: Also Themen gibt es eigentlich immer wieder neue. Es war immer wieder eine Sache, das neu umzusetzen, weil vieles sich dann auch wiederholt und viele Probleme, die dann auftreten bei Beeinträchtigungen, die ich dann bei einer anderen Zeichnung schon verarbeitet habe und ich möchte mich nicht zu oft wiederholen. Da ist es schon ein Problem, manche Sachen neu anzubringen. Aber von der Sache her im Allgemeinen Themen kann ich eigentlich nicht klagen, weil ich eigentlich, wie ich ja vorhin schon erwähnte, von Leuten angesprochen werde, die eine andere Krankheit haben und andere Behinderungen, die dann sagen auf einmal, du hast unsere Krankheit noch nicht verarbeitet. Du musst da noch was machen. Und dann geben die mir Tipps und erklären mir dann, was das Problem ist, ob ich das nicht umsetzen könnte in einer Zeichnung und es ist…, von der Sache her habe ich eigentlich noch genügend Themen, weil es noch genügend Krankheiten gibt, wo ich noch nichts gemacht oder wo es noch was zu verarbeiten gibt, aber es ist immer die Sache, wie man das verarbeitet. Dann ist es nicht immer ganz so einfach und da gibt es dann auch schon Phasen, wo ich dann wirklich grüble und überlege, aber auf der anderen Seite gibt es dann wieder Phasen, wo mir dann reichlich Ideen zufallen und ich mich dann dransetzen muss um die umzusetzen.
Katharina Müllebner: Wie reagieren die Leute auf Ihre Cartoons? Gibt es da Unterschiede zwischen Leuten, die selbst eine Behinderung haben und Leuten die keine Behinderung haben?
Phil Hubbe: Also da gibt es wirklich ein ganz…, ja, Unterschiede zwischen Betroffenen und Nichtbetroffenen. Also die Kritik kommt mehr oder weniger hauptsächlich von Leuten, die nicht betroffen sind, die auch keinen Kontakt haben mit Betroffenen und auch zur Thematik keinen Bezug haben. Die dann immer gleich sagen, das darf man nicht, das macht man nicht. Von Betroffenen selber bekomme ich eher die Kritik in der Richtung, dass sich viele beschweren, ich habe ihre Krankheit, ihre Behinderung noch nicht aufgegriffen und noch nicht in einem Cartoon verarbeitet. Was dann mehr oder weniger eine Ermutigung ist für mich, dass ich mich mit dem Thema auch beschäftigen soll und wo ich dann merke, wie wichtig doch der Humor für die ist, die dann eben drauf bestehen, wir gehören auch dazu, wir wollen auch dabei sein. Es kommt von denen natürlich auch, bei einigen Zeichnungen auch Kritik, aber das ist ganz normal. Das würde mich eher wundern, wenn keine Kritik kommen würde und würde mich zum Nachdenken anregen. Ich möchte auch ein bisschen die Diskussion anregen und da ist Kritik eigentlich mehr zum Vorteil als wenn gar nichts passiert und alle bloß sagen, die Zeichnungen sind wunderschön und alles prima, klasse. Aber es teilt sich so ein bisschen auf, dass die wirklich negative Kritik an meinen Zeichnungen oder an dieser Art Humor mehr von Leuten kommt, die keinen Bezug zur Thematik haben und auch nicht wissen damit was anzufangen. Also es ist von den Betroffenen selber, die das wesentlich lockerer sehen und für die der Humor eben auch mit dazuzählt und für einen Großteil auch sehr wichtig ist.
Katharina Müllebner: Gibt es für Sie eigentlich einen Zusammenhang zwischen Humor und Inklusion?
Phil Hubbe: Ich denke schon. Also ich bin selber überrascht, wie oft ich jetzt eingeladen werde, muss bei Veranstaltungen über meine Arbeit erzählen und das läuft dann natürlich unter dem großen Begriff Inklusion, wo ich dann vor Lehrern über Inklusion erzählen soll. Ich kann nicht so viel über Inklusion erzählen. Ich habe zwar Workshops mit Behinderten gemacht, mit behinderten Kindern und habe mit denen gezeichnet, was man vielleicht unter dem Begriff Inklusion mitwerten könnte, aber ansonsten ist es eigentlich bloß der Humor, über den ich erzählen kann. Aber ich merke, dass dann mithilfe des Humors auch das Thema Inklusion anders angegangen wird und vielleicht es nicht so streng gesehen wird, sondern vielleicht es Möglichkeiten gibt, damit anders umzugehen. Und eine Sache, wo ich wirklich vielleicht mit dem Begriff Inklusion auch was gemacht habe, ist sogar eine Sache, die ich in Österreich gemacht habe. Ich hatte eine Ausstellung in Salzburg gehabt und da kam dann die Idee von einer Behindertenbeauftragten, ob man nicht vielleicht zusammen ein Malbuch machen könnte für Kinder im Vorschulalter und die Idee hat sich dann wirklich verwirklicht. Und da haben wir ein Malbuch rausgebracht für Kinder im Vorschulalter, wo ich dann Bilder malte mit Kindern, die im Rollstuhl sitzen und Kindern, die keine Beeinträchtigung hatten. Und durfte dann die Schulkinder auszeichnen, die Vorschulkinder und da war schön zu sehen oder war auch dann pressemäßig begleitet und dann wurde ein Bericht darüber gebracht und da stand dann eben auch, dass die Kinder, das es für die völlig nebensächlich war, ob die Kinder im Rollstuhl saßen auf dem Bild oder nicht, sondern entscheidend war, ob da ein Schneemann war oder ob da ein Hase im Hintergrund war. Also für die war das völlig nebensächlich auf den ersten Blick. Und so war das also eine Möglichkeit, über diese Sache die Kinder mit der Problematik in Berührung zu bringen.
Katharina Müllebner: Haben Sie einen Lieblingscartoon?
Phil Hubbe: Also mein Lieblingscartoon ist eigentlich einer meiner ersten Cartoons und das ist das Bild mit den Schiffen und MS Rainer, die am Hafen liegen und ich weiß nicht, ob Sie die Zeichnung kennen, aber es war eine meiner ersten und es war eine meiner liebsten auch. Und ist auch einer der liebsten von vielen anderen MS-Betroffenen, die mir dann immer schrieben und fragen, ob ich denn der MS-Rainer wäre. Und so habe ich es auch gemerkt, dass es, ja, doch eine sehr beliebte Zeichnung ist und auch bei mir ist es mehr oder weniger, ja sagen wir mal, mein Lieblingscartoon.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Jetzt haben Sie von Phil Hubbe einen Einblick in die Welt des bildhaften Humors bekommen. Jetzt geht es weiter mit dem Kabarettfach. Wir sprechen mit dem Kabarettisten Martin Mayrhofer. Martin Mayrhofer ist blind und arbeitet hauptberuflich in der Computerbranche. Als Hobby hat er das Kabarett für sich entdeckt.
Wie sind Sie zum Kabarett gekommen Herr Mayrhofer?
Martin Mayrhofer: Also zum Kabarett gekommen bin ich im Prinzip durch eine relativ lustige Geschichte. Ich habe da seinerzeit von Kollegen ein MP3 Schnipsel in die Finger bekommen von einem blinden Kabarettisten aus Deutschland von Robert Sandberg und das hat mir ziemlich gefallen und da habe ich mir gedacht, eigentlich könnte ich das auch mal machen. Das habe ich dann so oft noch ein paar Mal vor Kollegen gesagt bis die gemeint haben „Große Klappe aber nichts dahinter“ und dann habe ich so zu sagen irgendwie etwas machen müssen und dann habe ich halt einmal was gemacht. Ja, seitdem mache ich immer wieder einmal was, gar nicht so regelmäßig, aber immer wieder gerne und es schwankt auch immer wieder. Es ist einmal ein halbes Jahr gar nichts, dann sind wieder innerhalb von ein paar Monaten ein paar Auftritte und dann wieder weniger, aber immerhin, ich finde es schön, dass ich diesen Sprung ins kalte Wasser damals gewagt habe und es macht mir sehr viel Spaß. Und auch so vom Feedback her ist es schon so, dass man sehr viel Feedback bekommt, dass es einmal etwas ganz anderes ist, um sozusagen Sensibilisierung einmal anders zu machen, also quasi nicht mit dem sozusagen erhobenen Zeigefinger sondern eben, ja, mit einem Lächeln.
Katharina Müllebner: Können Sie ein bisschen darauf eingehen,worum es in Ihrem Kabarett geht?
Martin Mayrhofer: Also bei meinem derzeitigen Kabarett, es ist gerade so, von der Idee her ist gerade ein zweites in Arbeit, mein derzeitiges Kabarett erzählt halt hauptsächlich von Erlebnissen, Begegnungen, die ein Blinder mit sehenden Mitmenschen hat so im Alltag. Das können ganz unterschiedliche Situationen sein. Situationen, ja, vom Geschäft angefangen bis in öffentlichen Verkehrsmitteln und so weiter. Und beschreibt eben wirklich die Situationen wie, ja wie sich Sehende zumindest „botschert“ anstellen, wenn sie mit Blinden konfrontiert sind oder beziehungsweise einfach teilweise reagieren, wo man, ja, dann einfach drüber lachen muss, wie sie reagieren. Also ich habe zum Beispiel einmal, auch keine erfundene Geschichte, die Situation gehabt, dass ich auf die U-Bahn gewartet habe und die U-Bahn fährt ein und auf einmal geht es schwupps und ich werde von hinten hochgehoben und in die U-Bahn getragen. Ich meine, grundsätzlich ein toller Service, keine Frage, ein bisschen schlecht war dann, dass er mich nicht gleich noch auf einen Platz gesetzt hat. Ja, dann wäre der Service sozusagen wirklich perfekt gewesen, aber immerhin. Ich wurde in die U-Bahn getragen. Man darf dann halt nicht meckern. Ein paar Schritte habe ich mir gespart.
Katharina Müllebner: Jetzt wären wir alle natürlich gespannt eine kleine Kostprobe aus Ihrem Kabarett zu hören.
Martin Mayrhofer: Ja, im Prinzip war das ja jetzt schon ein kleiner Auszug. Also bleiben wir vielleicht, weil ich es vorher schon erwähnt habe von wegen Blindenhund. Aber eben eine Frage, die man als Blinder sehr oft gestellt bekommt. Warum haben Sie keinen Blindenhund? Und ich persönlich, ich will ja keinen Blindenhund. Einen Seehund hätte ich gern. Ist halt von der Haltung her ein bisschen schwierig, weil dann braucht man ein Aquarium und so weiter. Aber ansonsten wäre so ein Seehund sicher eine gute Idee.
Katharina Müllebner: Was sind denn Ihrer Meinung nach so Zutaten für einen guten Behindertenwitz?
Martin Mayrhofer: Wahrscheinlich eh grundsätzlich das, was einen guten Witz ausmacht. Ja, Unberechenbarkeit bis zu einem gewissen Grad. Also einfach, dass das Unerwartete am Schluss rausspringt. Und ansonsten, ja, ich denke einmal, der Humor des Witzes ist dann, wenn Leute lachen. Das heißt, er muss einfach ankommen und ja, also ich würde jetzt gar nicht so das dezidiert so unterscheiden zwischen Behinderten- und Nichtbehindertenwitz, ja. Ein guter Witz muss einfach, ja, wie gesagt, unerwartet sein, einen Kniff, einen Dreh haben und ja, eben die Lachmuskeln ansprechen.
Katharina Müllebner: Können auch Menschen, die keine Behinderung haben, Behindertenwitze erzählen?
Martin Mayrhofer:Also meiner Meinung nach ist das durchaus legitim, also ich finde, jeder hat ein Recht, dass man sich über ihn lustig macht. Und ich glaube, dass sozusagen der Vorteil, wenn jetzt da sozusagen Behinderte in Humorsendungen oder so vorkommen, glaube ich überwiegt, also ich glaube, dass sozusagen, wenn einer grundsätzlich positiv gegenüber Behinderten eingestellt ist, ja, dann wird jetzt ein Behindertenwitz das nicht ändern. Wenn einer grundsätzlich negativ eingestellt ist gegenüber Behinderten, ja, wird es…, wird man es wahrscheinlich auch nicht ändern, ja. Von dem her glaube ich, ist der Vorteil, dass sozusagen Behinderte in der Popkultur ankommen und in der Popkultur Verwendung finden sozusagen, würde ich sagen, überwiegt, dass sozusagen die Allgemeinheit mit Behinderten konfrontiert ist. Ob das jetzt eben zum Beispiel in irgendeiner Fernsehsendung oder was vorkommt.
Katharina Müllebner:Können auch Menschen, die keine Behinderung haben, Behindertenwitze erzählen?
Martin Mayrhofer: Ich denke schon. Ja, also ich glaube, dass das in Ordnung ist und eben, dass das, ja, wie gesagt, durchaus mit der künstlerischen Freiheit gedeckt ist und ich glaube auch, dass es durchaus gut ist. Ich verstehe natürlich auch, ja, das muss man jetzt schon auch sagen, ist jetzt auch ein bisschen ein Unterschied, ob ich das jetzt als Privatperson sehe. Ja, das hat ja auch dann teilweise vielleicht etwas damit zu tun, was ich persönlich als Humor und lustig empfinde. Dass das jetzt natürlich eventuell ein bisschen was anderes ist, wenn jetzt eine Selbsthilfegruppe über Humor über Behinderte spricht, da ist mir durchaus klar, dass man das jetzt als Hilfsorganisation vielleicht bis zu einem gewissen Grad anders sehen muss. Ja, das mag ja durchaus sein, dass es dann vielleicht auch einen gewissen Marketingeffekt hat, wenn man sozusagen dann auf diesen Zug aufspringt, was für die Hilfsorganisationen sicher wichtig ist. Und von dem her glaube ich, ist da ein Unterschied, ja, wie stehe ich sozusagen als Organisation, ich denke, man sollte da doch noch einen differenzierteren Blick auf das Ganze haben wie jetzt vielleicht als Privatperson. Ja, ich als Privatperson darf da vielleicht manche Sachen nicht so verkrampft sehen. Ja, aber ist trotzdem eben mein Zugang. Also ich glaube, dass das legitim ist, dass man auch über Behinderte Witze macht und auch über, noch schöner mit oder wenn es einmal über ist, ist es auch in Ordnung, über Behinderte lacht.
Katharina Müllebner: Gibt es Grenzen, was Witze oder Cartoons über Menschen mit Behinderungen betrifft? Wenn ja, wo sind diese Grenzen?
Martin Mayrhofer: Ja, also sagen wir mal so, wahrscheinlich wird für mich es ab dem Zeitpunkt aufhören. Also ab dem Zeitpunkt, wo man merkt oder mitkriegt, dass derjenige wirklich das negativ vermitteln will. Also das heißt, ich glaube, dass sozusagen, wenn der Vater des Gedankens ein guter ist, sprich, man möchte sozusagen sensibilisieren, auch vielleicht eben über schwarzen Humor oder so was ist, dann glaube ich, ist das legitim. Wenn es eben in die Richtung geht zu diffamieren, ja, dann würde ich sagen, ist die Grenze eindeutig überschritten. Aber das bezieht sich eigentlich jetzt nicht nur auf Behinderte. Das ist genauso auch, wenn, keine Ahnung, wenn ich über Volksgruppen oder so was Witze mache oder so, ja, es ist, wie gesagt, solange legitim, solange ich ein bisschen mit Klischees spiele, solange, ja vielleicht ein bisschen mit zwinkerndem Auge Unterschiede aufzeigen will oder Eigenheiten oder was auch immer. Aber ab dem Zeitpunkt, wo es dann, ja, um Diffamierung und so weiter geht, dann ist Schluss mit dem Spaß.
Katharina Müllebner: Wenn wir jetzt noch einmal auf ihr Kabarettprogramm im Speziellen zurückkommen. Wie reagieren die Leute darauf? Gibt es da Unterschiede zwischen den Personen, die eine Behinderung haben, und denen, die keine haben?
Martin Mayrhofer: Also grundsätzlich war ich am Anfang sozusagen, habe ich sogar ein bisschen Angst gehabt, ob sozusagen mein Kabarett überhaupt bei Nichtblinden funktioniert. Also dass es bei Blinden funktioniert, das habe ich eigentlich ziemlich genau gewusst, weil ich gewusst habe, da hat jeder im Prinzip selber die gleichen Erfahrungen. Und so am Anfang war schon so ein bisschen das, verstehen das die Sehenden überhaupt, was man da rüberbringen will? Muss ich doch sagen, bin ich positiv überrascht worden und funktioniert eben wirklich sehr, sehr gut. Und eben vom Feedback her muss ich echt sagen, war es so, dass eben viele gemeint haben, ja, dass das, ja, eben für sie die beste Sensibilisierungsbroschüre war und dass ihnen das viel sehr klar vermittelt hat, ja, was sonst vielleicht nicht so leicht geht oder zumindest, hoffe ich, nicht so lustig.
Katharina Müllebner: Was kann Humor bewirken? Beziehungsweise was soll er bewirken?
Martin Mayrhofer: Also auf jeden Fall soll Humor mal die Leute in dem Moment, wo sie sozusagen mal was Humoristisches erleben oder eben einen Witz erzählt bekommen, soll sie einmal grundsätzlich glücklich, happy machen, würde ich jetzt einmal sagen. Also ich glaube, das ist so die unmittelbare Reaktion, die Humor auslösen soll und natürlich, wenn der Humor sozusagen vordringt so ins Innerste und eben mal zum Nachdenken anregt und man drüber nachdenkt, wie hätte ich vielleicht in dieser Situation reagiert? Also ich habe jetzt noch keinen getroffen in meinem Programm, der gesagt hat, ich hätte dich auch in die U-Bahn getragen, aber vielleicht, wenn jetzt sozusagen durch mein Programm einer einen Blinden weniger in die U-Bahn trägt, dann hat es ja schon mal was gebracht, dass derjenige dann weiß, dass Blinde nicht in die U-Bahn getragen werden müssen, weil sie so auch reinkommen.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Das war unser Ausflug in die Welt der Karikatur und der Witze. Karikaturen oder Sketche sind mehr als bloße Unterhaltung. Sie können gesellschaftskritisch sein, können Brücken zwischen Menschen bauen. Und oft hilft eine humorige Herangehensweise einen besseren Zugang zu einem vermeintlich schwierigen Thema zu bekommen. Warum also nicht auch über Menschen mit Behinderungen lachen? Wäre das nicht Inklusion, wenn man sie wie alle anderen durch den Kakao ziehen dürfte, würde das nicht bedeuten, dass Menschen mit Behinderung ein ganz normaler Teil der Gesellschaft sind. Wir von barrierefrei aufgerollt sind für die Inklusion in die Welt der Satire und Karikatur. Aber auch hier muss es, wie bei allem, eine Inklusion auf Augenhöhe sein.
Alle Informationen zu dieser Sendung finden Sie auf www.barrierefrei-aufgerollt.at.
Kennen Sie selbst eine guten Behindertenwitz? Dann schreiben Sie uns, wie freuen uns etwas zu lachen zu haben.
Sie hörten diese Sendung auf Radio ORANGE 94.0.
Redaktion: Markus Ladstätter und Katharina Müllebner
[Musik barrierefrei aufgerollt] Musik mit Text: barrierefrei aufgerollt – kurz, kompakt und leicht verständlich