Sonnenschein und Freizeit – endlich wieder eine Gelegenheit, um einen Schanigarten, einen Gastgarten, ein Lokal oder einfach den Wirt ums Eck aufzusuchen. In der Sendung „Gastronomie – Komme ich barrierefrei hinein?“ haben wir uns gefragt, ob Menschen mit Behinderungen Wirthäuser, Gaststätten und Lokale in Wien barrierefrei nutzen können.
- Wie barrierefrei sind Gastronomiebetriebe in Wien?
- Sind Gastwirtinnen und Gastwirte offen für das Thema Barrierefreiheit?
- Wie willkommen fühlen sich Menschen mit Behinderungen in der Wiener Gastronomie?
Die Radiosendung zum Nachhören
Hier kannst Du die ganze Sendung anhören:
Hier findest Du die Sendung zum Nachlesen.
Unsere Interviewpartner
- Andreas Pöschek, häufiger Restaurantbesucher mit einer Behinderung
- Erika Plevnik, von ÖZIV – Bundesverband für Menschen mit Behinderungen
- Peter Dobcak, Vorstand der Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer Wien
Die Sendung im Radio hören
Diese Sendung wurde auf Radio ORANGE 94.0 am 5. August 2018 um 10:30 gesendet. Die Sendung kann auch auf o94.at live gehört werden. Am 19. August 2018 um 10:30 wurde sie auf Radio ORANGE 94.0 wiederholt.
Sendung zum Nachlesen und Nachhören
Katharina Müllebner: Herzlich Willkommen zur heutigen Sendung von barrierefrei aufgerollt von BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben. Am Mikrofon begrüßt Sie Katharina Müllebner.
Sonnenschein und Freizeit – endlich wieder eine Gelegenheit, um einen Schanigarten, einen Gastgarten, ein Lokal oder einfach den Wirt ums Eck aufzusuchen. Solche Einrichtungen sind fixe Bestandteile der Freizeitgestaltung, doch können Menschen mit Behinderungen sie auch barrierefrei nutzen? Laut Bundesbehindertengleichstellungsgesetz sind alle Unternehmen, die öffentliche Waren und Dienstleistungen anbieten, unabhängig der Branche oder der Größe des Unternehmens, zu Barrierefreiheit verpflichtet.
Wer als Rollstuhlfahrerin oder Rollstuhlfahrer in Wien unterwegs ist, weiß, dass noch lange nicht jede Lokalität barrierefrei nutzbar ist. Auch wenn der Eingang ebenerdig ist, kann es sein, dass es keine barrierefreie Toilette gibt, dass die Räumlichkeiten schlicht und einfach zu eng sind. Außerdem betrifft Barrierefreiheit nicht nur Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer.
„Gastronomie – Wie komme ich barrierefrei hinein?“, ist der Titel der Sendung. Sie hören die heutige Sendung auf Radio ORANGE 94.0.
[Überleitungsmusik]Andreas Pöschek ist viel unterwegs in ganz Europa, auf seinen Reisen besucht er auch immer wieder verschieden Lokale. Aufgrund seines Rollstuhls ist er auf Barrierefreiheit angewiesen. Deshalb hat er immer ein Auge auf die dementsprechenden Gegebenheiten in den Lokalen. Er berichtet uns über seine Erfahrungen.
Wie entscheiden Sie, in welches Lokal Sie gehen?
Andreas Pöschek: Unterschiedlich, je nachdem was für ein Anlass es ist, ob man einen bestimmten Hunger hat oder eben ob man feiern möchte, ob man was genießen, was essen möchte, ob man mit Freunden hingeht mit der Partnerin, es ist sehr sehr verschieden. Natürlich spielt auch die Barrierefreiheit eine Rolle, das versuch ich mitzuplanen.
Aber ich gehe auch oft spontan in ein Lokal und schaue mal wie es so ist. Ob man mit dem Rollstuhl auch zurechtkommt.
Ich muss aber dann schon im Vorhinein zum Teil auf meine Essgewohnheiten Rücksicht nehmen, ob ich dann aufs WC gehen kann, oder nicht gehen kann.
Katharina Müllebner: Was bedeutet Barrierefreiheit in der Gastronomie für Sie?
Andreas Pöschek: Barrierefreie Gastronomie bedeutet für mich, dass ich einen Aufenthalt in dem Lokal genauso genießen kann, wie ein anderer Gast auch.
Das heißt einerseits, dass ich am Tisch Platz nehmen kann, das ich bewirtet werde wie ein anderer Gast eben, aber auch, dass ich die Sanitäranlagen also die Toiletten aufsuchen kann. Das ist für mich persönlich Barrierefreiheit.
Es gibt natürlich Menschen, die andere Behinderungsformen haben und entsprechend auch zum Beispiel auch eine Speisekarte anders dargeboten notwendig haben als eine normal geschriebene Speisekarte. Also das ist immer sehr verschieden.
Katharina Müllebner: Wie sind denn allgemein Ihre Erfahrungen was die Barrierefreiheit in Lokalen betrifft?
Andreas Pöschek: Sehr verschieden. Es gibt einerseits alte Lokale, traditionsreiche Lokale, die einfach aufgrund ihrer baulichen Gegebenheit nicht barrierefrei sind, weil es alte Gebäude sind, alte Mauerwerke sind, wo es viele Treppen gibt.
Da gibt es aber dann die positiven Ausnahmen, die dann versuchen bei neuen Umbauten, diese Barrieren zu beseitigen und ebenso ermöglichen, dass man eben auch mit dem Rollstuhl diese Lokale barrierefrei nutzen kann.
Dann gibt es die ganz neuen Lokale, die vor allem auch in Neubauten sind oder in neurevitalisierten Bauwerken, die tutti completti barrierefrei sind.
Aber da gibt es wieder solche, die zwar in einem neuen Lokal sind, ebenerdig zugänglich sind, aber dann im Inneren nicht für Barrierefreiheit sorgen, sei es weil der Innenarchitekt oder die Innendesigner lauter Hochtische geplant hat, die Tische auf Podesten stehen, wo man dann vorm Tisch zwei Treppenabsätze hat oder weil eben einfach auf rollstuhlgerechte Toiletten und Nassräume vergessen wurden oder diese auch, was leider vorkommt, weil sie in so einem Bauteilabschnitt liegen, zwar vorhanden sind, aber zu den Zeiten, wenn das Lokal offen hat, nicht benutzbar sind, weil die eben nur zum Beispiel tagsüber zugänglich sind, aber am Abend nicht.
Katharina Müllebner: Was sind Probleme die Ihnen häufiger in Lokalen begegnen?
Andreas Pöschek: Häufig und was sehr ärgerlich ist, tritt hervor, dass es eben jetzt so eine Modeerscheinung ist, seit den letzten paar Jahren auf Hochtische zu setzen, also wo sitzende, gehende Gäste eben auf höheren Stühlen Platz nehmen und die Tische meistens dann in so einer Höhe von 1,30m sind, also nicht wirklich eine Bar aber auch nicht wirklich ein richtiger Sitzplatz.
Und man eigentlich dort ausgeschlossen ist an der Teilnahme im Lokal, weil auch wenn man dort oft angeboten bekommt einen Extratisch zu haben, man ist komplett separiert und ist irgendwo.
Was noch so ein Ding ist, womit man als Rollifahrer oft konfrontiert wird, wenn man in ein Lokal geht, das auch tipptopp barrierefrei ist und nach einer genüsslichen Speise, man dann den Weg zur Toilette aufsucht, die Toilette auch findet, diese öffnet und man das Gefühl hat, nicht in der Toilette sondern im Bier- oder Schokoladenlager gelandet zu sein.
Wo man Toiletten vorfindet, die bis zur Decke oben angeschlichtet mit Öl, Speiseöl sind.
Wo dann einerseits die Kellnerinnen und Kellner peinlich berührt sind, beziehungsweise auch meinen, ja das nutzt ja eh nie jemand, das ist unser Lager und dann innerhalb von einer Hauruck-Aktion das freischaufeln.
Und dann, wenn man eine halbe Stunde später abermals aufs Klo gehen möchte, die Prozedur abermals durchführen muss.
Katharina Müllebner: Haben Sie Erfahrungen mit Diskriminierungen gemacht, also, dass Sie das Gefühl hatten, Sie werden aufgrund ihrer Behinderung jetzt anders behandelt?
Andreas Pöschek: Das ist mir bis jetzt nur ein einziges Mal passiert, in einem Lokal im ersten Bezirk, wo ich mich in den Schanigarten gesetzt habe, die Speise bestellt habe und ich die Speise aber nicht dort zum Essen bekommen habe, sondern mir schön verpackt in einem Sackerl überreicht hat mit den Worten: Ich soll bitte gehen, der ganze Schanigarten wird gebraucht und das ist mein Essen und ich muss nichts zahlen.
Was ich eben mitbekommen habe, aus Erzählungen das ist zum Beispiel ein Kleinwuchsverein unterwegs war zusammen in einer Gruppe und in ein Lokal eingekehrt ist und dann die kleinwüchsigen Menschen, die dort eben Gäste waren, kleine Portionen alle bekommen haben mit der Begründung ja sie sind ja eh klein.
Das aber viele kleinwüchsige Menschen nur kürzere Gliedmaßen haben und ihr Bauch und Magenumfang derselbe ist wie von einem normalwüchsigen Menschen fand da keine Berücksichtigung beziehungsweise ein finanzieller Ausgleich.
Katharina Müllebner: Haben Sie das Gefühl, dass Gastronomiebetreiberinnen und Gastronomiebetreiber offen sind für Menschen mit Behinderungen?
Andreas Pöschek: Es hängt nicht unbedingt von der Lokalgröße ab. Es gibt sogar Würstelstände im Prater, die versuchen barrierefrei zu sein, und entsprechend niedere Tische anbieten für Rollstuhlfahrer.
Ein Würstelstand hat natürlich keine Toilette weder für Rollifahrer noch für gehende Gäste, aber der Besitzer hat das wahrgenommen, das Rollstuhlfahrer ein Problem haben mit den Hochtischen beziehungsweise mit der Theke und er hat daraufhin niedere einfach Stehtische abgeschnitten und diese so hingestellt.
Der Nebeneffekt ist der, dass nicht nur Rollifahrer jetzt einen praktischen Tisch haben, sondern eben auch Kinder dort ihre Würste essen können.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Wenn ich in Wien einen Einkaufsbummel mache, und dabei Lokal aufsuchen möchte, komme ich dann als Rollstuhlfahrer oder Rollstuhlfahrerin überhaupt barrierefrei hinein?
Der ÖZIV – Bundesverband für Menschen mit Behinderungen hat in den Jahren 2014-2016 eine Studie zur Stufenlosigkeit von Geschäftslokalen in den Wiener Einkaufsstraßen durchgeführt.
Erika Plevnik, Mitarbeiterin des ÖZIV – Bundesverband für Menschen mit Behinderungen und Leiterin des ÖZIV ACCESS weiß mehr über das Thema.
Frau Plevnik, bitte erklären Sie uns: Was ist ÖZIV ACCESS?
Erika Plevnik: ÖZIV ACCESS macht Beratungen zur baulicher und gestalterischer Barrierefreiheit und wir beraten von der Entwurfsplanung bis hin zur Umsetzung von Gebäuden zum Thema Barrierefreiheit, aber auch Bestandsgebäude.
Katharina Müllebner: Der ÖZIV hat ja 2016 eine Studie zu Stufenlosigkeit von Geschäftslokalen in den Wiener Einkaufsstraßen veröffentlicht. Können Sie uns etwas über diese Studie erzählen?
Erika Plevnik: Ja, wir haben 2014 mit dieser Studie begonnen, weil wir uns anschauen wollten, wie verändert sich die Lage zum Thema Barrierefreiheit, zu baulichen Barrierefreiheit, wenn die Übergangsbestimmungen im Behindertengleichstellungsgesetz abgelaufen sind.
Und das war ja mit 2016 der Fall und wir sind 2014 losgegangen, haben uns ein paar Einkaufsstraßen hergenommen und haben einfach begonnen, Stufen zu zählen. Weil es ja bis dato keine Daten zum Thema Barrierefreiheit gab oder derweil auch noch immer nicht gibt, meines Wissens nach, in dieser Form, wie wir das jetzt gemacht haben.
Genau und 2016, nachdem die Übergangsbestimmungen vom Behinderungsgleichstellungsgesetz abgelaufen sind, haben wir nochmal dieselben Einkaufsstraßen und dieselben Geschäftslokale gezählt.
Und wir sind draufgekommen, dass da ned sehr viel passiert ist. Statistisch gemessen haben wir eine Veränderung von rund 3 % beobachten können.
Das heißt, 3 % aller Geschäftslokale, die wir untersucht haben und das waren insgesamt über 1.700 Eingänge in Wien, sind stufenlos geworden, zusätzlich noch.
Katharina Müllebner: In unserer Sendung geht es ja um die Barrierefreiheit in Lokalen und Wirtshäusern und so weiter. Was hat jetzt die Studie in Bezug auf Barrierefreiheit in Gastronomiebetrieben ergeben?
Erika Plevnik: Ja, von diesen 1.700 Geschäftseingängen, die wir uns angeschaut haben, waren 285 der Gastronomie zuzuzählen. In Bezug auf die Gesamtveränderung, also diese 3 %, die besser geworden sind, haben wir in der Gastronomie festgestellt, dass es eine Veränderung von 5 % gegeben hat.
Das war auch sehr spannend und da haben wir genau hingeschaut, wo hat es denn diese Veränderung gegeben und die hat es hauptsächlich in der Systemgastronomie gegeben. Die Systemgastronomie, das sind halt diese Ketten, die wir kennen und im Gegensatz dazu zu Systemgastronomie, die anderen Lokale, das sind halt Kleinbetriebe, einfach auch Gasthäuser und Beisln, die von Familien betrieben werden oder von einzelnen Personen.
Katharina Müllebner: Wie sind Sie jetzt konkret vorgegangen als Sie das erhoben haben? Haben Sie geschaut, ob beim Eingang eine Stufe ist oder haben Sie auch gefragt, ob es Hintereingänge gibt, wie war das?
Erika Plevnik: Die Nebeneingänge haben wir nicht extra erfragt, aber wo wir Hinweise gesehen haben, dass es einen Nebeneingang gibt, dort haben wir hingeschaut.
Wir haben nur das gemessen oder aufgeschrieben, was wir gesehen haben. Also wir sind davon ausgegangen, wenn ich als Kunde oder irgendwo als Bürger auf den Straßen spazieren gehe und einkaufen will, dann frage ich nicht extra. Also wir haben ganz bewusst versucht, dass aus der Sicht des Kunden auch zu betrachten.
Sonst haben wir einfach nur geschaut, gibt es da Stufen oder gibt es da eine Rampe. Wenn es Stufe und Rampe gab, dann haben wir das als stufenlosen Eingang auch gemessen.
Wir haben uns auch angesehen, ob mobile Rampen ausgelegt sind, oder ob es einen Hinweis dazu gibt, aber da haben wir eigentlich nur ganz wenig gefunden. Und 2016 das war ja dann eigentlich ganz lustig, weil zu der Zeit wo wir die Messungen gemacht haben, gab es diese Verlosung von Rampen, ich glaub in der Mariahilfer Straße und da haben wir diese Rampen gesucht aber wir haben dann nur sechs gefunden und ja also diese Rampenlösungen waren auch nicht wirklich präsent.
Also statistisch gesehen waren sie da. Wir haben es auch gemessen, aber es war jetzt von der Auswertung her nicht relevant würde ich mal sagen.
Katharina Müllebner: Sie haben ja 2017 auch eine ähnliche Studie in anderen Bundesländern durchgeführt. Wenn man sich jetzt die Bundesländer im Vergleich anschaut zu Wien, was kann man dazu sagen?
Erika Plevnik: Also komplett unterschiedlich war das nicht, es war schon ähnlich, weil wir ja auch da nur Stufen gezählt haben, aber wir haben so zu sagen einen Bundesländervergleich oder Städtevergleich machen können.
Also wir haben uns nur einzelne Städte angeschaut, Einkaufsstraßen in einzelnen Städten angeschaut und was ich schon überraschend fand, dass Innsbruck besonders gut abgeschnitten hat.
Also in Wien hatten wir 2016 stufenlose Zugänge an den Geschäftslokalen, die wir gemessen hatten, von 44,5 % glaub ich und in Innsbruckwaren es 58 %, dicht gefolgt von St. Pölten, also die Einkaufsstraße in St. Pölten mit 57,6 % und dann kam schon Hallein mit 54 %. Am Schlechtesten abgeschnitten hat die Stadt Salzburg mit ihren Einkaufsstraßen, das war bei 39,2 % waren da stufenlos.
Innsbruck fand ich insofern spannend, weil wenn man an Innsbruck denkt, denkt man auch an Berge, an die geographische Lage und immer wenn man in Zusammenhang mit Stufenlosigkeit und Rampen spricht, dann denkt man sich, im Gebirge ist es besonders schwierig, das war dort nicht so, weil Innsbruck ja durchaus auch eine Ebene bietet in der Stadt und die haben halt besonders beim Bauen speziell bei Neubauten schauen die drauf, dass hier auch stufenlos gebaut wird.
Ganz offensichtlich besser als in Wien.
Katharina Müllebner: Haben Sie eigentlich auch Kontakt zu Gastronomiebetreiberinnen und -betreibern aufgenommen und gefragt ob sie ihren Betrieb barrierefrei machen wollen?
Erika Plevnik: Nein wir haben keinen Kontakt zu Gastronomen gehabt. Was wir gemacht haben, in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer in Kärnten, dass wir, bevor die Übergangsbestimmungen abgelaufen sind im Jahr 2015, wurden wir eingeladen zu Stammtischgesprächen und da haben wir die Leute eben aufgeklärt über die Übergangsbestimmungen und in dieser Form haben wir auch gehört, was die Anliegen der Gastronomen sind und wo die Probleme liegen.
Und ich persönlich denke, als Ergebnis von dieser Studie würde es für mich jetzt keinen, würde es für mich sinnvoller sein, mit der Wirtschaftskammer und mit den politischen Vertretern in Kontakt zu treten und gemeinsam zu schauen, wo kann man denn diese Gastronomen, die ja Kleinunternehmen sind, in der Regel, unterstützen barrierefrei zu werden, ganz einfach.
Und da denke ich ganz konkret auch an Förderungen gezielt Barrierefreiheit zu fördern. Weil die Barrierefreimachung, von der baulichen Seite hergesehen, kann ganz einfach oft teuer werden. Das führen die Unternehmen auch immer wieder ins Treffen.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: In Österreich gibt es an die 55.000 Betriebe, die in dem Bereich des Gastgewerbes fallen. Dazu zählen Gastronomiebetriebe, Hotels und andere Beherbergungsbetriebe. Allein in Wien gibt es ungefähr 7.000 Gastronomiebetriebe, davon sind 2.500 Kaffeehäuser. Ein Experte für diesen Bereich ist Peter Dobcak. Er ist Vorstand der Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer Wien.
Herr Dobcak, wie schätzen Sie es denn ein, wie steht es denn um die Barrierefreiheit in der Gastronomie?
Peter Dobcak: Also die Barrierefreiheit in der Gastronomie ist jedenfalls noch ausbauwürdig, das heißt, viele Restaurants versuchen, oder Gastronomiebetriebe muss man ja sagen, versuchen, der Barrierefreiheit zu entsprechen, doch dadurch, dass wir eine sehr individuelle bauliche Entwicklung haben, weil wir doch eine sehr, sehr alte Stadt sind, sind viele Lokale auch in Altbauten drinnen und da ist dann manchmal eine Herausforderung dementsprechend auch die Einrichtungen so zu schaffen, dass sie auch wirklich eine absolute Barrierefreiheit ergeben.
Katharina Müllebner: Was sind diese Herausforderungen genau?
Peter Dobcak: Das vielleicht die Türen nicht auf der Höhe der Straße sind, sondern nur über Treppen erreichbar, dass die Toiletten nur über Wendeltreppen in den Keller erreichbar sind oder über schmale Treppen, um die zwei gängigsten in diese Richtung zu nennen.
Katharina Müllebner: Sind die Gastronomen generell offen für das Thema Barrierefreiheit?
Peter Dobcak: Sie sind schon offen, haben natürlich immer wieder, und das muss man fairerweise sagen, einen Blick auf ihre Geldbörse, dass bedeutet, soweit es ihnen wirtschaftlich möglich ist, machen sie das auch zu einem guten Teil und es betrifft ja auch Dinge wie zum Beispiel die richtige Speisekartenerstellung in Brailleschrift und andere Sachen.
Barrierefreiheit, das wissen Sie ja besser als ich, beschränkt sich ja nicht nur auf Immobilität, sondern auf viele, viele andere Dinge auch.
Katharina Müllebner: Was beinhaltet Barrierefreiheit aus Ihrer Sicht noch?
Peter Dobcak: Wenn Gäste mit Sehbehinderung kommen, dass die auch dementsprechend ins Lokal finden beziehungsweise auch die Speisekarte auch dementsprechend lesen können.
Menschen mit Beeinträchtigung des Hörvermögens, das ist zum Beispiel beim Speisekartenlesen noch am einfachsten, wahrscheinlich nicht? Dass auch das Personal in diese Richtung geschult ist.
Katharina Müllebner: Gibt es da auch Unsicherheiten bei den Gastronomen, dass sie zum Beispiel sich verunsichert fühlen von den Anforderungen, die es da gibt in diesem Bereich?
Peter Dobcak: Es herrscht Verunsicherung insofern, dass wir in Wien, oder eigentlich in Österreich, dass Gastronomiebetriebe unter die sogenannte Betriebsgenehmigungspflicht fallen.
Das heißt, wir brauchen eine sogenannte Betriebsanlagengenehmigung und jegliche bauliche Veränderung ist in Abstimmung mit der Behörde durchzuführen. Und hier sind Genehmigungsverfahren zu durchlaufen.
Und jetzt widerspricht sich das manchmal, wenn zum Beispiel ein Gastronom sagen möchte, okay, ich möchte eine Rampe zum Beispiel bauen beim Eingang, ja dann ist zu überlegen, ob das überhaupt möglich ist, weil wir haben eine vorgeschriebene Restgehsteigbreite von zwei Metern, das also es sich hier auch ausgeht, beziehungsweise, aber das ist auch eine Aufklärungsarbeit, die wir erledigt haben, ob es genügt, beim Eingang zum Beispiel eine Glocke zu montieren, oder ob hier noch andere Maßnahmen notwendig sind, damit man den Menschen, die es brauchen, auch einen selbstständigen Zugang zum Lokal gewähren können.
Katharina Müllebner: Bei Neugastronomen, die zu ihnen kommen, ist es da Standard, dass sie da die Barrierefreiheit in der Beratung erwähnen?
Peter Dobcak: Also bei neuen Lokalen jedenfalls, da weisen wir darauf hin und da ist es ja schon von der Behörde, die also das abnimmt, vom Gewerbereferat ist das ja auch dann schon Vorgabe, dass also hier auch selbstverständlich die Lokale barrierefrei sein müssen.
Es ist so, dass wir auf Anfrage Informationen seitens der Wirtschaftskammer zur Verfügung stellen. Das ist vor allem interessant für jene, die zum Beispiel in Altbauten sind und sagen okay, ich möchte das jetzt in Angriff nehmen und mein Lokal auf Barrierefrei umstellen so gut es geht.
Katharina Müllebner: Wenn Sie die Entwicklungen in den letzten Jahren im Gastronomiegewerbe vergleichen, sehen Sie da Veränderungen?
Peter Dobcak: Nachdem das Behindertengleichstellungsgesetz ja schon seit vielen Jahren geschrieben ist und in Kraft ist und auch die Übergangsfrist jetzt abgelaufen ist, ist es selbstverständlich ein Thema für die Gastronomen hier, dem auch zu entsprechen und da haben wir auch immer Anfragen und daran sehen wir, dass also schon eine Veränderung in diese Richtung vor sich geht.
Katharina Müllebner: Angenommen ich bin jetzt ein Gastwirt und möchte meinen Betrieb barrierefrei machen, kann ich da Förderungen bekommen?
Peter Dobcak: Es gibt von unserem Förderreferat, wird hier Beratung zur Verfügung gestellt und das kommt dann auf die Situation an, wie alt das Lokal noch ist, wie der bauliche Zustand ist, was alles zu ändern ist. Aber was es jedenfalls gibt sind zinsgeförderte Kredite, die man hierfür in Anspruch nehmen kann.
Katharina Müllebner: Gibt es ausreichende Förderungen in diesem Bereich?
Peter Dobcak: Ausbaufähig ist das immer. Das darf ich sagen, wobei wenn ein Gastronom sein Lokal umbauen möchte, dann ist darauf zu achten, wie ich zuerst schon erwähnt habe, dass es sich hierbei um eine Betriebsanlagengenehmigung handelt und das ist oftmals die größte Herausforderung.
Denn eine Betriebsanlagengenehmigung erfolgt mittels Bescheid, dann darf er den Betrieb betreiben.
Im Gesetz steht aber drinnen, wenn er diese Betriebsanlage ändert, zum Beispiel eben durch einen Ausbau, was Barrierefreiheit betrifft, dann ist die Behörde aufgefordert, dem Gastronomen vorzuschreiben, dass er den gesamten Betrieb auf den letzten technischen Stand bringt.
Das bedeutet er sagt zum Beispiel, er macht die Toilettentüren breiter, damit man auch mit einem Rollstuhl rein kann, so fängt es an, aber aufhören tut es mit einer neuen Lüftung in der Küche.
Hier gilt es auch noch Korrekturen vorzunehmen was das Gesetz betrifft, dass man sagen kann, okay, ich habe jetzt das Projekt Barrierefreiheit und mein restlicher Betrieb, zum Beispiel eben die Küche, ist nicht davon betroffen und davor schrecken viele zurück.
[Überleitungsmusik]Katharina Müllebner: Aufgrund mangelnder Barrierefreiheit nicht in ein Lokal gehen zu können ist nicht nur sehr ärgerlich, sondern stellt auch einen gesellschaftlichen Ausschluss und eine Diskriminierung dar.
Wenn ich in einem Lokal diskriminiert werde, wo kann ich mir da Hilfe suchen? Zu diesem Thema gibt auch unsere Sendung „Diskriminierung – Wie komme ich zu meinem Recht?“ Aufschluss.
Das war „Gastronomie – Komme ich barrierefrei hinein?“ aus der BIZEPS-Sendereihe „barrierefrei aufgerollt“.
Sie hörten diese Sendung auf Radio ORANGE 94.0.
Alle Informationen zu dieser Sendung finden Sie auf unserer Internetseite www.barrierefrei-aufgerollt.at.
Für die Gestaltung dieser Sendung verantwortlich waren: Katharina Müllebner, Markus Ladstätter und Martin Ladstätter
[Musik barrierefrei aufgerollt] Musik mit Text: barrierefrei aufgerollt – kurz, kompakt und leicht verständlich